Doch die Hoffnung erwies sich als trügerisch. Nicht nur die Grossmächte modernisieren weiterhin ihre Waffen, sondern auch viele Entwicklungsländer sind in den Strudel des Wettrüstens geraten.
Diese Woche ist die Vollversammlung der Vereinten Nationen auf Initiative von Generalsekretär Ban Ki-Moon zu einer Sondersitzung zusammengetreten. „Die multilaterale Abrüstungsmaschinerie, insbesondere die Genfer Abrüstungskonferenz, versagt schon zu lange“, erklärte Ban. „Die Welt erwartet Fortschritte. Setzen wir dieser langen Stagnation ein Ende!“
Stagnation seit 1996
Es gehe nicht länger an – so der UNO-Generalsekretär -, dass „ein oder zwei Staaten die Abrüstungskonferenz als Geisel nehmen“. Ban zielte auf Pakistan, das die Genfer Abrüstungskonferenz seit Jahren mit seinen Widerstand gegen einen Produktionsstopp für waffenfähiges Spaltmaterial (Fissile Cutoff Treaty) blockiert. Der pakistanische Delegationsleiter Raza Bashir Tarar schlug sofort zurück. Er beschuldigte die alteingesessenen Atommächte, die weitere Erzeugung von hoch angereichertem Uran und Plutonium nur deshalb verbieten zu wollen, weil sie bereits enorme Bestände besitzen.
Der Genfer Abrüstungskonferenz gehören 65 Staaten von militärischer Relevanz an. Alle Beschlüsse müssen im Konsens gefällt werden. Diese Regel verleiht jedem Mitglied ein Vetorecht, von dem Indien und Pakistan gern Gebrauch machen. Hinter ihnen verstecken sich gleichgesinnte Länder wie der Iran. Die Folge ist, dass die Konferenz seit dem Teststoppabkommen von 1996 keinen Erfolg mehr vorzuweisen hat. Nicht einmal ein Arbeitsprogramm hat sie zustande gebracht.
Die laufende Sitzungsperiode wird nach dem Rotationsprinzip von Nordkorea präsidiert. Der nordkoreanische Botschafter bei den UN, Sin Son Ho, hat am Mittwoch die USA auf der Generalversammlung beschuldigt, ein neues Wettrüsten anzuheizen. „Wenn die stärkste Atommacht die Weiterverbreitung von Atomwaffen verhindern möchte, so soll sie mit gutem Beispiel vorangehen und einen Vertrag über die Abschaffung aller Atomwaffen aushandeln“, meinte Sin.
Spaltmaterial ohne Verwendung
Die USA drohen jetzt damit, den „Fissile Cutoff Treaty“ ausserhalb der handlungsunfähigen Abrüstungskonferenz fertig zu stellen. Daraufhin haben die anderen an der Konferenz beteiligten Staaten deutlich gemacht, dass sie an solchen Verhandlungen weder teilnehmen noch deren Ergebnisse akzeptieren würden. Es stimmt, dass es den offiziellen Atomwaffenmächten bei ihrem Drängen auf ein Verbot der weiteren Herstellung von hoch angereichertem Spaltmaterial darum geht, den nuklearen Schwellenländern den Bau von Atombomben zu erschweren. Die USA und Russland hocken auf grossen Mengen Uran und Plutonium, die von ausgemusterten Atomsprengköpfen stammen. Ein Teil des Stoffs wird zu Brennstäben für Kernkraftwerke abgereichert.
In Erfüllung ihrer START-I-Verträge haben Washington und Moskau bisher rund 15.600 Atomsprengköpfe von strategischer Reichweite verschrottet. Weitere 1300 atomare Gefechtsköpfe sollen gemäss START-II bis 2020 ausgemustert werden. Dann bleiben jedem der beiden Mächte noch immer 1550 Stück übrig - neben Unmengen von waffenfähigem Spaltmaterial ohne Verwendung.
Die Schweiz als erfolgreiche Waffenschmiede
Pakistan, Nordkorea und der Iran besitzen dagegen noch zu wenig hoch angereichtes Uran, um ihre Nuklearprogramme – seien sie zivil oder militärisch – umzusetzen. Der pakistanische UN-Botschafter erklärte am Mittwoch: „Man kann von keinem Land verlangen, dass es seine grundlegenden Sicherheitsinteressen für ein Instrument opfert, das andere Länder nichts kostet.“
So drehen sich die Verhandlungen im Kreise. Derweil werden immer mehr Drittweltstaaten vom Rüstungswahn erfasst. Die Waffenschmieden waren noch selten so gut ausgelastet. Am Donnerstag veröffentlichte die Schweiz ihre Ergebnisse der Ausfuhr von Kriegsmaterial. Danach stieg der Wert dieser Exporte in den ersten sechs Monaten des Jahres auf 327 Millionen Franken gegenüber 296 Millionen Franken in der gleichen Periode 2010. Grösster Kunde waren die Vereinigten Arabischen Emirate, die für 115,6 Millionen Franken einkauften. Unter den weiteren Abnehmern der Schweizer Rüstungsbetriebe befinden sich Saudi-Arabien, einige Scheichtümer, Israel, Indien und Pakistan.