-"Das ist der teuerste Künstler der Welt", flüsterte es gut hörbar neben mir
-‚"Wie bitte?"
-‚"Seine Werke erzielen die höchsten Preise."
-‚"In Europa?"
-"Auch in Amerika. Das hat man dort gerade festgestellt."
Wer da so flüsterte, sind zwei Fotografen. Unentwegs drücken sie auf den Auslöser.
Gerhard Richter war zur Eröffnung seiner neuesten Ausstellung ‚Streifen und Glas’ nach Winterthur gekommen. Er ging kurz durch die Räume bevor er sich den Fragen der Journalisten stellte.
Dabei erklärte er, dass Spass ein wichtiges Element seines Schaffens ist. Immer wieder sprach er von einem "spielerischen Schaffensprozess". Es war Richter deutlich anzusehen, dass er lieber schuf als redete, und dass er wünschte man würde sich eher mit den Resultaten seines Schaffens beschäftigen als mit dessen Urheber.
Bei der Frage nach seinem Vermächtnis reagiert der 82-jährige Künstler konsterniert: Das entscheide er, wenn er aufhöre. Doch so weit sei er noch lange nicht. Blitze schossen dabei aus den lebhaften Blauaugen.
‚Beeinflusst es ihn, der zurzeit höchst dotierte Künstler zu sein?’ Verlegenes Lächeln, Schulterzucken. ‚Nein, doch eine schöne Anerkennung ist es doch.’
Richter, der in Oberlausitz in der DDR aufgewachsen war, ist 1961 in den Westen geflohen. Dort arbeitete er als Kunsterzieher und wurde 1971 Professor für Malerei an der Düsseldorfer Kunstakademie. Auch Josef Beuys lehrte dort.
Gerhard Richter ist kein Künstler, der an seinem Stil oder seinem Material zu erkennen ist. Wie Picasso hat er Schaffensperioden, die scheinbar voneinander abgegrenzt sind. Das Kunstmuseum Winterthur zeigte dies 1999 in einer Retrospektive. Die jetzige Ausstellung ist den neuen Arbeiten gewidmet:
Drei Räume bestückt mit grossen Glasskulpturen: sie demonstrieren seine Faszination für Eiskristalle und wurden speziell für diese Ausstellung geschaffen. Dann die bereits bekannten grossformatigen Streifenbilder (Inkjet auf Papier). Betrachtet man sie, beginn es vor den Augen zu flimmern. Das Spiel mit der Irritation sei denn auch typisch für Richter, sagt Dieter Schwarz, der Direktor des Kunstmuseums Winterthur.
Und schliesslich die stark farbigen Bilder von Lackfarben auf Plexiglas unter Glas. Farben, die sich umtanzen und vermischen. Sie erinnern an die Schöpfung während ihres dynamischen Entstehungsprozesses.
Richter führte Regie beim Aufhängen und Aufstellen seiner Werke . Dieter Schwarz: «Richter hat die drei Räume in seinem Atelier nachgebaut und lang überlegt, wie man die Werke optimal und prononciert präsentieren kann».
Als eine Art Einführung zur Ausstellung sind im Erdgeschoss des Museums museumseigene Richter- Zeichnungen, Aquarelle und Malereien in Ölfarben auf Papier oder auf Fotografien zu sehen, die bis in die 50-er Jahre zurückreichen. Gerhard Richter hat diese ‚kleine Retrospektive’ noch durch ein Geschenk von Zeichnungen aus der neuesten Zeit ergänzt.
Die Museen reissen sich um Richters Werke. Ab Mai wird er auch bei Beyeler in Riehen zu sehen sein.
Gerhard Richter ‚Streifen und Glas bis zum 21.April im Kunstmuseum Winterthur
‚Die Arbeiten auf Papier’ bis zum 27. Juli 2014