Die Waldbrände im Westen Sardiniens haben bisher zwanzigtausend Hektar Wald und Landwirtschaftsgebiet zerstört. 22 Löschflugzeuge (7 Canadair und 15 Helikopter) versuchen, die Flammen einzudämmen. Das Feuer war am letzten Samstag ausgebrochen.
Betroffen ist eine der schönsten Regionen der Insel, das Gebiet nördlich von Oristano: Cuglieri, Scano Montiferro, Sennariolo, Santo Lussurgio und Suni. 1500 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Auch Dutzende Touristen sind geflohen.
Die wirtschaftlichen Schäden sind enorm. Ziegen, Schafe, Esel und Kühe kamen in den Flammen ums Leben. Es wird laut Angaben der Behörden zehn Jahre dauern, bis sich der Boden erholt hat und die bisherige landwirtschaftliche Tätigkeit wieder möglich ist. Christian Solinas, der Regionalpräsident, spricht von einer „beispiellosen Katastrophe“.
„Piccoli piromani“
Ursache des Feuers ist die seit Wochen anhaltende Dürre. Angefacht wurden die Flammen durch den Scirocco-Wind. Und laut Polizeiangaben sind, wie fast immer in solchen Fällen in Italien, auch Brandstifter am Werk, „kleine Pyromanen“, wie die Polizei sagt.
Tausende Korkeichen und zehntausende Olivenbäume sind verbrannt. Viele von ihnen sind mehrere hundert Jahre alt. In der Gegend wird eines der besten Olivenöle Italiens produziert. Das prominenteste Opfer der Flammen ist der „tausendjährige Olivenbaum“ von Cuglieri.
Der „Olivastro di Tanca Manna“, wie er auch genannt wird, war über 16 Meter hoch und hatte einen Umfang von zehn Metern. Botaniker sprechen von einem „seltenen Beispiel botanischer Archäologie“.
Noch ist nicht alles verloren. Botaniker der Universität Cagliari, die das Skelett des Baumes begutachteten, hoffen, dass die Wurzeln noch teilweise intakt sind. „Jetzt dürfen die Wurzeln auf keinen Fall zertrampelt werden“, erklärt der sardische Botaniker Gianluigi Bacchetta. Bewohner der Region haben eine Art Schutzzone errichtet und lassen niemanden an den Baum heran.
Schulklassen sangen Lieder
Der „Patriarch“ wird in der Gegend fast schon wie ein Gott verehrt; er gilt als Symbol der Widerstandsfähigkeit, des Lebens. Viele Leute waren gekommen und wollten Blumen niederlegen. Schulklassen kamen und sangen Lieder.
Als die Botaniker den Baum inspizierten, loderte im Innern des Stammes noch immer eine Glut. Als Erstes wurde diese gelöscht. Der umliegende Boden wurde bewässert, um die Botentemperatur zu senken und die Wurzeln zu schützen.
Bacchetta hofft, dass der Baum in den nächsten Wochen wieder ausschlägt, da der linke Teil vom Feuer verschont blieb. Doch er wird nie mehr so aussehen wie bisher. „Die Struktur, die ihn zu einem Monument machte, ist verloren“, sagt er. „Er wird viel kleiner aussehen, aber vielleicht wird er noch leben. Erwarten sie nicht, dass sie den riesigen Stamm und das breitgefächerte Laub wieder sehen werden.“
In den sozialen Medien tobt bereits eine Polemik darüber, wer für das Desaster verantwortlich ist. Umweltschützer sehen den von „uns Menschen erzeugten Klimawandel“ und den „Raubbau an der Natur“ als Ursache. Eine Marta Ecca schreibt auf Twitter: „Verflucht seid ihr, die ihr weiterhin ein Land ohne Frieden quält. Ihr, die ihr keinen Respekt vor irgendetwas habt. Es ist unerträglich.“
Italien erlebt den vierten aufeinanderfolgenden Sommer mit teils extremer Hitze. Ab und zu werden Temperaturen von 45 Grad gemessen.
Sardinien ist bekannt für uralte Olivenbäume, und der Ulivo von Cuglieri ist nicht der älteste. Im Nordosten der Insel, in der Region Gallura, befindet sich der „L’ulivo di Luras“. Er soll gar zwischen 3000 und 4000 Jahre alt sein.