Noch nie hat Amerika um den Tod einer Richterin oder eines Richters so getrauert. Tausende versammeln sich vor dem obersten amerikanischen Gericht, dem Supreme Court, zünden Kerzen an und legen Blumen nieder.
Ruth Bader Ginsburg, genannt R.B.G., die älteste Bundesrichterin, die vorgestern starb, war mehr als eine Richterin. Sie war eine Galionsfigur des liberalen Amerika, eine Kämpferin für Frauenrechte und für ein weltoffenes Land.
Den meisten Republikanern war R.B.G. ein Dorn im Auge. Doch sogar Donald Trump nannte die Verstorbene jetzt eine „Titanin“ des Rechts, die nicht nur Generationen von Juristen, sondern alle Amerikaner inspiriert habe. Sie sei eine „einmalige Frau“ gewesen, die ein „einmaliges Leben“ gelebt habe, sagte er. Im Weissen Haus und im ganzen Land wurden Fahnen auf Halbmast gesetzt. Auch vor dem Geburtshaus der jetzt Verstorbenen in Brooklyn versammelten sich Trauernde.
Die Republikaner hoffen nun, Ruth Ginsburg mit einer konservativen Person ersetzen zu können. Dann könnte der Supreme Court liberale gesellschaftspolitische Errungenschaften rückgängig machen und das Land endgültig in die Arme stockkonservativer, teils weltfremder Kräfte treiben. Ginsburg hatte auf dem Sterbebett ihrer Nichte erklärt, ihr sehnlichster Wunsch sei, dass sie nicht ersetzt werde, bevor ein neuer Präsident sein Amt antrete.
„My Most Fervent Wish Is That I Will Not Be Replaced Until a New President Is Installed“
Trump deutete jedoch schon an, er werde den vakanten Posten rasch besetzen. Beobachter sind sich uneinig, wie und ob der Tod von Ruth Ginsburg die Wahlen beeinflussen wird. Wird Trump davon profitieren, wenn er die konservative Mehrheit im obersten Gericht rasch mit einem ihm genehmen Richter oder einer ihm genehmen Richterin zementieren wird? Oder würde ihm das schaden?
(J21)