Wer als Tourist zwei, drei Wochen auf dem Peloponnes herumreist, kann auf die Frage, ob bei der griechische Finanz- und Wirtschaftskrise das Schlimmste überstanden ist, keine verlässliche Antwort geben. Die Stimmung ist nicht optimistisch, aber auch nicht tief verzweifelt. Nacktes Elend bekommt man kaum zu sehen. Infrastrukturen wie etwa die Autostrassen sind überraschend modern und grosszügig – wohl nicht zuletzt dank EU-Subventionen.
Als Tourist findet man aber Musse, sich etwas tiefer in bestimmte Kapitel der griechischen Geschichte einzulesen. Anregend sind zum Beispiel Lektüre-Erfahrungen mit dem berühmten Bericht des antiken Historikers Thukydides über den Peloponnesischen Krieg zwischen Athen und Sparta, der von 431 bis 404 v. Chr. wütete, also nicht weniger als 27 Jahre. Er beendete die Blüte von Athens klassischem Zeitalter und seiner Demokratie. Aber auch die Geschichte der griechischen Diktaturen-Regime im 20. Jahrhundert und des grausamen Bürgerkrieges nach dem Zweiten Weltkrieg sind geeignet, die aktuelle Krise in milderem Lichte zu sehen.
Trotz den aktuellen wirtschaftlichen Härten scheinen derart zerstörerische Machtkämpfe, Selbstzerfleischungen und Unterwerfungen unter fremde Eroberer, wie sie sich in der griechischen Geschichte noch und noch abspielten, heutzutage kaum mehr denkbar – vor allem dank der Einbindung in die EU-Gemeinschaft. Der hellsichtige Thukydides, der die Gräuel im peloponnesischen Krieg selber miterlebt hat, würde die jetzige griechische Wirtschaftskrise gewiss als vergleichsweise erträgliches Übel einstufen.