Das Fremdwort, ein sperriger Begriff, könnte unter anderen Umständen als heisser Kandidat für das Unwort des Jahres gehandelt werden.
Natürlich hat die Pandemie das Wort an die Oberfläche der Gesellschaft gespült. Wer oder was relevant, also von Wichtigkeit und Bedeutung ist für das staatliche oder kantonale System, fürs Unternehmen oder die Organisation oder den Dienstleistungsbetrieb, das interessiert und berührt viele. Wem Relevanz zugestanden wird, der kann Ansprüche stellen, der darf nicht untergehen, dem muss geholfen werden. Und diese (finanzielle) Hilfe ist für viele überlebensnotwenig geworden.
Dass dem Pflegepersonal Systemrelevanz zusteht, ist schnell ins Bewusstsein der Gesellschaft eingedrungen und muss nicht lange begründet werden. Während sich Bänker ganz selbstverständlich für wichtig und systemerhaltend halten, haben Beizer schon mehr Mühe, den Status von Entschädigungsberechtigten zu erlangen. Schlecht ergeht es vielen Kulturschaffenden. Vor allem und ausgerechnet den schwächsten unter ihnen, den Selbständigen, den ohne Kollektiv, ohne Sicherung arbeitenden Künstlern. Wem Kultur zur unentbehrlichen geistigen Nahrung geworden ist, dem wird man nicht erklären müssen, weshalb Kulturschaffende systemrelevant sind und also jetzt genauso wie Beizer, Bänker, Unternehmer oder Krankenschwestern unterstützt werden müssen.
Die Kantonsregierungen tun sich schwer mit der Anerkennung von Systemrelevanz für diese Gesellschaftsgruppe. Und selbst wenn man den Kulturbegriff weit spannt, wird man beträchtliche Teile der Gesellschaft finden, die Kultur ganz allgemein für zu wenig wichtig halten, um sie zu unterstützen. Gut zu wissen, dass zumindest im Bundesrat in dieser Hinsicht gerade ein Umdenken stattfindet. Neuerdings sollen auch selbständige Künstler Ansprüche auf finanzielle Hilfe stellen können, was ihre Systemrelevanz, die eigentlich keiner Beweisführung bedürfte, doch für alle sichtbar ausweist.