Die Ampeln bei den Wiener Atomverhandlungen mit Iran stünden jetzt mehr auf Grün als auf Rot. Solch optimistische Einschätzung war der Kern eines Interviews, das die iranische Tageszeitung «Hamshahri» mit Heshmatollah Falahat-Pisheh geführt hat, dem ehemaligen Vorsitzenden des Ausschusses für Aussen- und Sicherheitspolitik im Majlis – dem iranischen Parlament. Anlass für das Interview und Grund für den demonstrierten Optimismus war eine Meldung aus Südkorea gewesen, dass der stellvertretende Aussenminister nach Wien geflogen sei, um sich mit den dort tagenden Atom-Unterhändlern zu treffen.
Der konservative Abgeordnete zeigte sich zuversichtlich, dass mit der Hinzuziehung Seouls als weiterem Gesprächspartner ein wichtiger Schritt in Richtung der Aufhebung der Iran-Sanktionen gemacht werden könne, selbst wenn Südkorea nun sicher nicht den bisherigen Rahmen der sogenannten «5 plus 1»-Verhandlungen erweitern werde. Ohne Zustimmung Teherans und auch Washingtons sei der Auftritt des südkoreanischen Vizeministers aber nicht denkbar und deswegen gebe es Grund zur Annahme, dass die bisher eher ergebnislos verlaufenen Verhandlungen jetzt wichtige Fortschritte in der Frage der Sanktionen machen könnten.
Trotz seines konservativen Hintergrundes sind eher ausgefallene Ideen bei Falahat-Pisheh nicht neu. So schlug er im Herbst 2018 – nach dem Rückzug der USA aus dem Atomabkommen und der erneuten Verhängung der Iran-Sanktionen durch den damaligen US-Präsidenten Donald Trump – vor, Iran solle nun Trump-Gegner in den USA unterstützen, denn «Trump – das ist nicht Amerika».
Ein Vorschlag, den man offenbar selbst in Iran nicht ernst nahm, an den die heutige Situation aber erinnert. Denn die Sanktionen betreffen (und treffen) ja nicht nur Iran, sondern auch andere Staaten. Im vorliegenden Fall Südkorea: Unter dem weltweiten Druck der USA sind Drittstaaten gehalten, iranische Guthaben bei örtlichen Banken oder der jeweiligen Regierung einzufrieren und erst mit Zustimmung der USA freizugeben.
Weltweite Spuren
In Südkorea sind auf diese Weise mindestens sieben Milliarden Dollar eingefroren – hauptsächlich offenbar Geld aus iranischen Ölverkäufen an Südkorea. Eine Tatsache, die die einst sehr guten und engen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Teheran und Seoul in zunehmendem Masse belastet. So sind Importe südkoreanischer Haushaltsgeräte inzwischen untersagt, nachdem diese im Iran jahrelang Marktführer waren. Die Importsperre soll offenbar iranische Hersteller schützen und der bilaterale Handel ist drastisch zurückgegangen. Und selbst die Zahl iranischer Studenten, die in Südkorea immatrikuliert sind, ist gesunken, seit die dortige Regierung deren Bankkonten gesperrt und Stipendien aufgehoben hat.
Niemand wird ernsthaft glauben, dass der Besuch des südkoreanischen Aussenministers bei den Atomverhandlungen in Wien unmittelbar etwas an diesen und ähnlichen Problemen und Schwierigkeiten wird ändern können, aber nach der Theorie Falahat-Pishehs ist es doch ein grosser Schritt vorwärts, dass der Iran und die USA einverstanden waren mit dem Ministerbesuch in Wien. Und es bedarf aber auch nicht sonderlich grosser Vorstellungskraft zu sehen, dass der «Fall Südkorea» nur einer von vielen ist. Denn die globale Anwendung der US-Sanktionsbestimmungen haben weltweit ihre Spuren hinterlassen und die lokale Wirtschaft in zahlreichen Staaten und deren bilateralen Handel mit dem Iran getroffen. Und das selbst in Staaten, die – weil sie 2015 Unterzeichner des Atomabkommens waren – seit fast neun Monaten in Wien versuchen, dieses Abkommen zu retten und die internationalen Beziehungen mit dem Iran wenigstens einigermassen wiederherzustellen.