Am 27. Juli beginnt in London die Olympiade. Das weiss der Volksmund. Doch nicht nur er. Die Aargauer Zeitung schrieb kürzlich: „Diese Sportler werden den Kanton Solothurn an der Olympiade vertreten“. Oder DRS3: „Zur Olympiade soll es in London ein umfassendes Kulturprogramm geben“.
Der Duden hat längst kapituliert. Die Sprache lebt, und der Duden folgt dem, was sich in der Alltagssprache eingegraben hat.
So heisst es denn im Duden: „Olympiade, alle vier Jahre stattfindende sportliche Veranstaltung mit Wettkämpfen von Teilnehmenden aus aller Welt.“
Wie kann man also jemanden tadeln, der sich auf den Duden berufen kann? Oder wie kann man die Deutschen kritisieren, sie, die den Begriff "Olympiade" als Marke im Olympiaschutzgesetz geschützt haben?
Aber: Auch wenn Millionen „Olympiade“ sagen, auch wenn der Duden den Ausdruck geadelt hat: falsch ist er trotzdem. Wie heisst es doch: Auch wenn Hunderttausende eine Dummheit sagen, bleibt es eine Dummheit.
Eine Dummheit ist es nicht gerade, aber korrekt eben auch nicht. Wir haben es in der Primarschule gelernt. Die Olympiade ist der Zeitraum von vier Jahren zwischen den Olympischen Spielen.
Längst verwenden die grossen Medien nur noch den Ausdruck "Olympische Spiele" - oder: kürzer und treffend: "Olympia". Weder die NZZ, noch der Tages-Anzeiger, noch der Spiegel, noch die FAZ, noch unsere Tagesschau sagen "Olympiade". So schreibt die NZZ: „Die kroatische Hochspringerin Blanka Vlasic muss wegen Verletzungsproblemen auf Olympia verzichten“. Oder die SF-Tagesschau: "Bundesrat Maurer will Olympia 2022 in die Schweiz bringen".
Im Bordmagazin der Fluggesellschaft "Swiss" heisst es allerdings noch immer: "Der öffentliche Nahverkehr wurde auf die Olympiade hin auf modernstem Niveau ausgebaut".
„Olympia“ ist eine altgriechische Kultstatt auf dem Peloponnes. Dort fanden jeweils die Olympischen Spiele statt, zum ersten Mal 776 vor Christus.
Die Engländer, die jetzt zu den Spielen empfangen, haben das Problem nicht. Sie sprechen von „Olympics“ oder „Olympic Games“.
Dass wir "Olympiade" verkehrt verwenden, hat Tradition. Der Ausdruck wird offenbar seit mindestens 2‘400 Jahren falsch gebraucht. Herodot, der griechische Historiker und Völkerkundler machte im 5. Jahrhundert vor Christus seine Griechen darauf aufmerksam: "Olympiade" heisst der vierjährige Zeitraum, der sportliche Wettbewerb aber heisst "Olympische Spiele".
(hh)