Über ein Dutzend hochkarätige Referenten – von Bundesrat Berset bis zu Daniel Vasella – analysierten am Europa Forum Lucerne den neuen «Global Race» und kamen zum erstaunlich übereinstimmenden Schluss, dass die Krise zum Anfang des 21. Jahrhunderts am Abklingen sei und wir wieder prosperierenderen Zeiten entgegengehen.
Basisstärken und Visionen
Journal21 wollte es genauer wissen und hat bei einigen ReferentInnen nachgefragt. Barbara Kux, Verwaltungsrätin bei führenden Weltfirmen, Beraterin bei der europäischen Kommission für Klimaschutz durch Dekarbonisierung und Dozentin für Management und Strategie an der Universität St. Gallen, spricht einerseits von bedeutenden geopolitischen Risiken wie Brexit, Trump und Nordkorea, nicht zu unterschätzen seien Cyberattacken gegen Firmen und ganze Länder. Anderseits verfüge die Schweiz über eine Reihe von Basisstärken: Sie ortet sie in unserem hohen Ausbildungsstand, den neuen Technologien wie 3-D-Druck, autonomem Fahren, im Gesundheitswesen mit Big Data, in unserer weltoffenen Ausrichtung. Von Bedeutung sei jetzt, wie wir uns in all diesen Wachstumsbereichen global positionieren werden. «Wichtig ist vor allem, dass wir Visionen haben – darin sind wir oft nicht so gut, weil Visionen gross sind und wir eher in kleinen Schritten denken.»
Identität und Abschottung
Mehr psychologische Gründe und entsprechende Abwehrhaltungen identifiziert der frühere Banker und heute CEO der Vontobel-Gruppe Zeno Staub. Eine globale Verunsicherung hat viele ErdenbürgerInnen erfasst, was zu einer gewissen Identitätskrise führe. Statt Öffnung machen sich Abschottung und Rückzug bemerkbar: «America first» und Brexit sind Anzeichen dafür. «Man versucht, unsere Welt wieder greifbarer, fassbarer und einfacher zu machen. Leider haben wir heute in der Politik Leute, die dieses Wählerpotential aus nationalistischen Gründen bewirtschaften und wir können alle nur hoffen, dass sich das nicht in weiteres Unglück entwickelt.»
Trump nicht zum Nennwert nehmen …
Wie gefährlich ist US-Präsident Trump für die Entwicklung der Weltwirtschaft? Im Gespräch mit Martin Naville, CEO der «Swiss-American Chamber of Commerce» – sie hat 2000 Mitglieder in der Schweiz und den USA – kommt die Frage auf, ob es gute Wirtschaftsbeziehungen zu den USA «trotz Trump» geben wird. Davon ist Naville überzeugt: «Man sollte Trump nicht ganz zu seinem Nennwert nehmen. Wenn wir alles, was er sagt, als bare Münze nehmen, könnten wir verzweifeln. Er ist kein Dogmatiker, er will für seine Person und für Amerika erfolgreich sein. Viele Schweizer Firmen sind in Amerika gut verankert und daher sehr stark, so dass ich für uns eher positive Chancen sehe. Die Administration um Trump ist keineswegs wirtschaftsfeindlich – abgesehen von einigen Irren und Wirren sehe ich es eher positiv.» Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass die USA ein äusserst binnenwirtschaftliches Land ist, ausländische Firmen haben es generell schwer, in diesen Markt einzudringen – und da sei die Schweiz im Verhältnis zu ihrer relativen Grösse, nach wie vor sehr gut platziert. «Mit asiatischem Sport verglichen, müssen wir also eher Judo spielen und nicht Sumo.»
Schweiz profitiert von Erholungsphase
Wie sieht der «Global Race» aus Sicht eines Konjunkturforschers aus? Wir befragen dazu Jan-Egbert Sturm, Professor für Angewandte Wirtschaftsforschung und Direktor der Konjunkturforschungsstelle KOF an der ETH Zürich: «In der Konjunkturforschung, die sich eher mit dem Morgen als dem Übermorgen beschäftigt, geht man zurzeit vom halbvollen und nicht vom halbleeren Glas aus. Das heisst: Die Schweiz ist für die digitalen Herausforderungen gut aufgestellt. Die USA, Europa und der asiatische Raum sind zurzeit in einer wirtschaftlichen Erholungsphase. Davon profitiert auch die Schweiz.»
Oder wie es Christof Wicki, Direktor des Europa Forum Luzern am Schluss der Tagung auf den Punkt bringt: «Sonnenschein mit leichter Bewölkung.»