Die Armee der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) spielt eine wichtige Rolle im Krieg in Jemen. Seit dem März 2015 kämpft dort eine von Saudi-Arabien geführte Koalition gegen schiitische Huthis und Verbündete des früheren Präsidenten.
Die „Emirati Defence Forces“ stehen unter dem Oberbefehl des Emirs von Abu Dhabi, Khalifa Ben Zayed al Nahyan, der auch als Präsident der Föderation der Arabischen Emirate wirkt. Da Scheikh Khalifa kürzlich einen Schlaganfall erlitt, führt sein Halbbruder Muhammed, der den Titel eines Kronprinzen trägt, effektiv die Geschäfte. Er ist Stellvertretender Oberkommandant der Armee und Oberhaupt der Exekutive.
Muhammed ist ein in Sandhurst ausgebildeter Offizier und gilt als ein grosser Freund allen Militärwesens. Teile seiner Armee und Söldnertruppen kämpfen in Jemen aufseiten der Saudis und führen auch Luftangriffe durch. Die Truppen der Emirate haben den Flughafen und den Hafen von Aden von den Huthis befreit. Mukallah weit im Osten Jemens wurde den Kämpfern der „Qaeda auf der Arabischen Halbinsel“ (AQAP) entrissen. Diese hatten sich dort während der Wirren im Jemen eingenistet. Die AQAP-Kämpfer haben sich jetzt in die Wüste zurückgezogen.
Plan B
Die Truppen der Emirate besetzen heute die Häfen und Flughäfen von Aden und von Mukallah. Im Raum Marib hatten die Verbände der Emirate empfindliche Verluste erlitten, als sie dort im September 2015 von Huthi-Raketen beschossen wurden. 46 Soldaten kamen ums Leben und erhielten in Abu Dhabi ein Staatsbegräbnis.
Seit geraumer Zeit ist bekannt, dass es in den Emiraten einen möglichen Plan B für Jemen gibt. Er war für den Fall entworfen worden, dass Plan A, der von Saudi-Arabien initiiert wurde, misslingen sollte. Plan B konzentriert sich auf den südlichen Teil Jemens mit Aden im Zentrum. Er sieht einen Zustand vor, wie er bestand, als Aden eine englische Kolonie war. Damals war der südliche Teil Jemens von einem Kranz halbautonomer, vertraglich an Grossbritannien gebundener Fürstentümer umgeben.
Vollständige Trennung oder Föderation?
Plan B geht davon aus, dass die südjemenitische Bevölkerung – wahrscheinlich die überwältigende Mehrheit – für eine Trennung des Südens vom jemenitischen Norden eintritt. Die Vorstellungen, wie und wie weit sich die beiden Landesteile trennen sollen, gehen allerdings auseinander. Sollen der Süden und der Norden vollständig unabhängig werden, oder sollen beide Landesteile eine Föderation bilden? Auch die künftige Grenzziehung ist umstritten. Die Grenzen sind wichtig, weil die meisten der jemenitischen Erdöl- und Erdgasvorkommen in der südlichen Wüste liegen. Würden sie künftig dem südlichen oder dem nördlichen Staatsgebilde gehören?
Plan B würde einen jemenitischen Süden schaffen mit Zentren in Aden und in Mukallah. Mit andern Küstengebieten sollte eine Kooperation eingegangen werden. Die Emirate sind ähnlich aufgebaut. Der Norden würde sich selbst überlassen, wie er es zu britischen Zeiten auch war.
Investitionen in Somaliland und Puntland
Die Emirate, selbst an der Meerenge von Hormuz gelegen, zeigen ihr Interesse an der benachbarten Meeresstrasse, die durch die Enge von Bab al-Mandeb ins Rote Meer und weiter an den Suezkanal führt, indem sie grosse Projekte für Handelshäfen und für Marinebasen auf der Gegenseite der Enge an der somalischen Küste realisieren. Sie haben einen Vertrag über einen künftigen Grosshafen und eine Marinebasis in Berbera, Somaliland, abgeschlossen. Im Gegenzug haben sie Somaliland, neben finanziellen Zusagen, versprochen, sie wollten für seine künftige Unabhängigkeit und internationale Anerkennung eintreten.
Somaliland ist ein Teil im Norden Somalias, einst britische Kolonie, der sich von Somalia lostrennen möchte und de facto auch getrennt existiert. Das Gebiet wird allerdings weder von der Uno noch einem einzigen Staat anerkannt. Zwischen Somaliland im Norden und dem gescheiterten Staat Somalia mit der Hauptstadt Mogadischu im Süden, liegt Puntland, ebenfalls ein relativ ruhiger und sicherer Teil Somalias, der sich wie Somaliland von Somalia abtrennen möchte, jedoch als autonomes Gebiet, nicht wie Somaliland als unabhängiger Staat. Puntland ist von Somaliland durch eine „neutrale Zone“ getrennt, die verhindern soll, dass die beiden sich um den Verlauf ihrer gemeinsamen Grenze streiten.
Stützpunkte in Eritrea
An der Meerenge liegt auch die Republik von Djbouti, Sitz einer grossen Militärbasis der USA und französischer Militäreinrichtungen wie der Fremdenlegion. Auch China baut dort seine erste ausländische Marinebasis. Militärs von weiteren vier Staaten, darunter auch Japan, sind ebenfalls vertreten. Im Norden liegt Eritrea. Dort, in Assab, haben die Emirate ebenfalls einen Marine- und Militärstützpunkt angelegt, was Äthiopien, einem alten und bitteren Gegner von Eritrea, missfällt.
In Aden hat die Präsenz der Emiraten-Truppen mehrmals zu Zusammenstössen mit Pro-Hadi-Truppen geführt. Doch diese wurden bisher immer wieder beigelegt. Schliesslich stehen die Emirate und die Truppen von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi auf der gleichen Seite. Hadi wird von Saudi-Arabien unterstützt. Sie alle kämpfen gegen die Huthis und gegen jene Teile der jemenitischen Armee, die sich mit Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh verbündet haben.
Streit zwischen den Saudis und den Emiraten
Doch dieser Plan A, der seit dem 26. März 2015 angewendet wird, stürzte das Land ins Chaos und in eine Hungersnot. Sein Ziel, den geflüchteten Präsidenten Hadi wieder als gesamtjemenitischen Präsidenten einzusetzen, ist bisher gescheitert.
Doch der von den Emiraten offenbar initiierte Plan B missfällt den Saudis. Ihre offene Grenze zu einem „wilden“ Nordjemen der Huthis bliebe bestehen, und die Iraner könnten sich brüsten, ihren Freunden, den Huthis, zu einem Sieg verholfen zu haben. Eine Niederlage in Jemen wäre auch für das Prestige von König Salman und seines Lieblingssohns, Mohammed, des zweiten Thronfolgers, fatal. Möglicherweise hätte eine Niederlage in Jemen Folgen für die Machtposition des Königs und seines beinahe allmächtigen Lieblingssohns, der in seiner Rolle als Verteidigungsminister für den Jemenkrieg zuständig und verantwortlich ist. Auch Präsident Hadi als der Schützling Riads steht hinter Plan A.
Streit zwischen den Emiraten und Präsident Hadi
Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Spannung zwischen den Saudis und Präsident Hadi einerseits und den Emiraten andererseits zunehmen. Hadi wurde im Februar die Landung auf „seinem“ Flughafen in Aden verweigert. Sein Flugzeug erhielt keine Landeerlaubnis und musste nach der Insel Sokotra ausweichen. Er war verärgert und beschwerte sich beim Emir von Abu Dhabi, dessen Truppen den Flughafen von Aden beherrschen und kontrollieren.
Hadi setzte den Kommandanten des Flughafens ab und befahl dem Chef seiner Leibwache, Mahran al Qabari, den Flughafen zu stürmen. Es kam zu Gefechten zwischen der Leibwache und Truppen der Vereinigten Arabischen Emirate. Riad griff versöhnend ein. Doch in der Folge gab es auch einen scharfen Wortwechsel zwischen Hadi und Mohammed bin Zayid, dem Kronprinzen und De-facto-Regenten von Abu Dhabi. Präsident Hadi bemerkte, die Emirate verhielten sich „in meiner Hauptstadt Aden wie eine Besetzungsmacht“. Der Kronprinz betonte seinerseits, dass die Emirate für Hadi kämpfen und viele Tote zu beklagen hätten. Der Präsident und der Kronprinz brachen nach zehn Minuten verärgert ihr Gespräch ab.
Neuer Zwischenfall
Präsident Hadi hält sich normalerweise in Riad auf. Doch Aden gilt als seine provisorische Hauptstadt, bis er in die jemenitische Hauptstadt Sanaa zurückkehren kann. Aden ist jedoch zu unsicher, um als permanente Residenz des exilierten Staatschefs zu dienen. Umso wichtiger ist für ihn der Zugang nach Aden über den Flughafen. Dieser steht jedoch weiterhin unter Kontrolle der Emirate, weil er für den Nachschub für die Emirate-Truppen in Südjemen von grösster Bedeutung sei.
Im vergangenen Monat kam es zu einem weiteren Zwischenfall am Flughafen von Aden. Auch dem Flugzeug von Hadis Leibwache wurde die Landung verboten. Daraufhin entliess Hadi den Gouverneur von Aden, Aydarus al-Zubaidi und den Staatsminister seiner Regierung, Hani Ali Bin Braik. Beide sind Südjemeniten, die sowohl der Unabhängigkeitsbewegung wie auch den Emiraten nahestehen.
Ruf nach Unabhängigkeit des Südens
Nach der Entlassung am 4. Mai kam es zu Demonstrationen in Aden gegen die Absetzung der beiden Politiker. Die Demonstranten forderten Aydarus al-Zubairi auf, selbst die Macht in Aden zu übernehmen und die Unabhängigkeit der südlichen Hauptstadt auszurufen.
Man kann erwarten, das Riad einmal mehr versuchen wird, versöhnend einzugreifen. Doch man hat auch zu gewärtigen, dass die Emirate ihre Versuche, auf beiden Seiten der Meerenge Einfluss zu gewinnen und Stützpunkte aufzubauen, fortsetzen werden.