Ob Griechenland den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble kommenden Donnerstag mit faulen Oliven und ranzigem Fetakäse empfängt oder auch dort Ferienstimmung herrscht, ist eigentlich egal. Ob die nächsten Hilfsgelder am Stück, in Tranchen oder gar nicht ausbezahlt werden, ebenfalls. Machen wir einmal Kassensturz in der Eurozone anhand von drei fundamentalen Indikatoren. An ihnen lässt sich Erfolg oder Misserfolg messen. Auf dem wichtigsten Gebiet, das Regierende stellvertretend für ihre Völker zu beherrschen haben. Nämlich das persönliche Wohlergehen jedes Einzelnen.
Die Wirtschaftsentwicklung
Das Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP), also der Summe aller Güter und Dienstleistungen eines Landes, ist der wichtigste Indikator für die Prosperität eines Landes. Eine brummende Wirtschaft schlägt sich in Zahlen von mehr als 3 Prozent Zunahme nieder. Selbst der Musterknabe Deutschland (alle Zahlen vergleichen das erste Quartal 2013 mit dem Vorjahresquartal) hat einen Rückgang von 0,3 Prozent zu verzeichnen, dicht gefolgt von Frankreich mit – 0,4 Prozent. Das sind aber noch gute Nachrichten, wenn man es mit Italien (- 2,4 %), Spanien (- 2,0 %), Portugal (- 4,0 %), Zypern (- 4,3 %) oder Griechenland (- 5,6 %) vergleicht.
Die Arbeitslosen
Der Skandal, dass einer ganzen Generation, nämlich Jugendlichen im Alter von 18 bis 25 Jahren, die Gegenwart und die Zukunft gestohlen wird, bei Arbeitslosenzahlen, die in Spanien oder Griechenland 50 Prozent schon weit hinter sich gelassen haben, wurde bereits ausführlich beschrieben. Aber auch die gesamte Arbeitslosigkeit ist erschreckend. Auch hier liegt Deutschland mit 5,3 Prozent am wenigsten im negativen Bereich. Frankreich hat bereits doppelt so viele (10,9 %), Italien auch (12,2 %), Zypern nimmt gerade Anlauf zur Steigerung (16,3 %), Portugal verzeichnet 17,6 Prozent, Spanien (26,9 %) und Griechenland (26,8 %) liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Bei diesen Zahlen muss man noch berücksichtigen, dass kaum wo sonst dermassen viel getrickst und schöngerechnet wird, mit Beschäftigungsmassnahmen, Fortbildungskursen oder der Nichtzählung von allen, die bereits aufgegeben haben, im offiziellen Arbeitsmarkt Lohn und Brot zu suchen.
Die Zukunftszahlen
Welches Vertrauen in die Zukunft eines Staates existiert, lässt sich am besten an der Rendite einer Staatsanleihe messen. Möglichst langfristig, also auf 10 Jahre. Umso höher das Vertrauen eines Investors ist, dass er bei Fälligkeit sein Geld wieder zurückkriegt, umso niedriger ist der Zinssatz, oder allgemeiner formuliert die Rendite. Absurd wird die Rendite, wenn sie unter der Inflationsrate liegt, der Gläubiger also Geld damit verliert, dass er Geld verleiht.
Das ist in Deutschland der Fall, wo diese Rendite zurzeit bei 1,63 Prozent liegt (Inflation 1,83 %). Bei einer Inflation von 0,93 Prozent verdient ein Franzose an einem französischen Staatsschuldpapier ein wenig (Rendite 2,22 %). Und dann geht es steil bergauf. Italien (4,46 %), Spanien (4,81 %), Portugal (6,62 %) und Spitzenreiter Griechenland (10,79 %). Zypern fehlt, da seine Staatspapiere zurzeit nicht frei gehandelt werden. Gleichzeitig muss bei all diesen Zahlen berücksichtigt werden, dass die Notenbank des Euro, die EZB, schon länger ihre Bereitschaft erklärt hat, im Fall der Fälle Staatsschuldpapiere «unbegrenzt» aufzukaufen. Das verzerrt natürlich die Risikoprämie, da sie nicht auf dem Markt entsteht.
Zur Abrundung
Man kann also von einer Rezession, hoher Arbeitslosigkeit in der gesamten Eurozone und düsteren Zukunftsaussichten sprechen. Wenn man noch eine nicht rückzahlbare Staatsverschuldung, gewaltige Lücken im Unterhalt der Infrastruktur, was ja eine der vornehmsten staatlichen Aufgaben ist, ein nach wie vor unreguliertes, unkontrolliertes und brandgefährliches Bankenwesen dazunimmt, die Delegation von zentralen Entscheidungen in EU-Dunkelkammern, die sich jeder demokratischen Kontrolle entziehen, dann ist jeder Anlass für Heulen und Zähneklappern gegeben.
Fehlt noch ein Aspekt? Ach ja, beim Zahlmeister Europas, Deutschland, sind im September Wahlen. Im Vorfeld wird die Regierung des Teufels tun, irgendwelche Entscheidungen, vor allem schmerzlicher Art, zu treffen, die sich doch auch auf einen Termin nach den Wahlen verschieben lassen. Nach der guten alten Devise: Spielt doch auch keine grosse Rolle.
Aber es ist Sommer
Dennoch wirken alle diese Zahlen höchstens wie eine erfrischende Dusche bei angenehmer Hitze. Ohne aber belebend zu sein, sie lösen Langeweile, einen Gähnreflex unter dem Sonnenschirm aus. Vermögen wichtigere Entscheidungen, ob man es heute Abend bei einem kühlen Sommersalat bewenden lassen will oder doch den Grill anheizen, nicht gross zu stören. Die Ferienplanung, soll man es mit Griechenland dennoch wagen, empfiehlt sich Zypern überhaupt noch, wie steht’s mit Italien, gibt’s in Spanien oder Portugal dennoch kühles Bier und gewohnte Speisen, ist längst abgeschlossen.
Also geniessen wir doch den Sommer, was soll’s. Schliesslich können wir uns auch auf einen heissen Herbst freuen, wenn man Meteorologie mit Ökonomie verwechseln möchte.