Die Grünen hätten nach dem letzten Wahlergebnis einen Bundesratsanspruch: Die wahlarithmetisch gerechteste Sitzverteilung wäre zwei SVP und je ein Vertreter für FDP, CVP, SP, GPS, GLP. So hätte man erwarten dürfen, dass sich GPS und GLP auf zwei aussichtsreiche Kandidaturen einigten, um mindestens eine durchzubringen. Doch nichts dergleichen.
Nach langer Funkstille überraschte GPS-Präsidentin Rytz mit ihrer Bundesratskandidatur, ungewöhnlicherweise noch vor der diesbezüglichen grünen Fraktionssitzung, was nahelegt, dass keine Abwägung der verschiedenen strategischen Möglichkeiten stattgefunden hat. Und ohne Konsultation der GLP – so kann man nicht mit Partnern umgehen, die man ins Boot holen will.
Dazu kommt die Ankündigung, sie werde die Wahl nur bei Abwahl von Bundesrat Cassis annehmen, nicht aber bei Abwahl Sommarugas. Somit zielt die Kandidatur nicht nur auf die wahlarithmetisch gerechtfertigte grüne Vertretung, sondern auch auf eine wahlarithmetisch nicht zu rechtfertigende linke Übervertretung mit Erhalt des SP-Besitzstandes.
Die Kandidatur von Regula Rytz ist ziemlich aussichtslos, weil aus den genannten Gründen die Unterstützung von CVP und wohl auch GLP fehlt. Im Endeffekt handelt es sich um eine Selbsttorpedierung von aussichtsreichen grünen Bundesratsmöglichkeiten zwecks Erhaltung des SP-Besitzstandes. Aus Sicht von Regula Rytz als ehemaliger VPOD-Sekretärin und Fraktionschef Glättli, verheiratet mit einer SP-Spitzenpolitikerin, ist das valabel, beide haben einen sehr linken Standpunkt: Man ist gern grün, weil man unter anderem damit mehr Staatsintervention begründen kann, und ob SP oder Grüne macht keinen Unterschied. Aus solcher Sicht macht das Manöver Sinn. Aber man könnte als Grüner auch skeptisch sein gegen Staatsinterventionen und diese trotzdem befürworten, soweit es sie braucht, ein Standpunkt der früher in der GPS und jetzt noch in der GLP vorhanden ist. Für eine effektive grüne Politik müssten die zwei Richtungen zusammenspannen.
Denn was am Schluss für die Grünen zählte, wären nicht irgendwelche lobenswerte gesinnungsethische Intentionen mit voraussehbarem Scheitern und Schmollen, sondern ein Resultat, welches man am ehesten mit abgesprochenen Konsenskandidaturen hätte erreichen können.
So riskieren die Grünen einmal mehr, zu Wasserträgern der SP degradiert zu werden. Schade um die verpasste Chance. Man könnte dann nachfühlen, wenn sich einige Grüne verschiedener Richtung verschaukelt fühlten. Ich würde jedenfalls dazugehören.