Europa hat gewählt. Wirklich wahr? Die EU hat gewählt, und die EU ist nicht Europa. Weniger als die Hälfte der 380 Millionen EU-Wahlberechtigten haben sich überhaupt zur Wahlurne bemüht. Und haben ganz rechts wie in Frankreich oder ganz links wie in Griechenland gewählt. Obwohl die etablierten Parteien, die das wirtschaftliche Desaster in der Eurozone zu verantworten haben, tief in die Trickkiste der Kampfbegriffe fassten.
Da wäre mal der Aufkleber «Europagegner». Völlig absurd, denn wer könnte gegen Europa sein, also fordern, Europa gehöre abgeschafft, solle im Mittelmeer ersäuft werden oder sich einen anderen Platz auf der Weltkugel suchen. Aber sitzt der erst mal, kann man ihn zu «EU-Gegner» abschwächen, denn der andere Begriff hallt darin nach. Dicht gefolgt vom demagogischen Meisterstück «Populist», gerne auch verschärft zu «Rechtspopulist». Dieses Wort vereinigt in sich alles, was es für psychologische Kriegsführung braucht. Es hat keinen Begriffskern, lässt sich nur vage als opportunistische, die Volksgunst gewinnende Wischiwaschipolitik beschreiben.
Und dann kommt die Methode, die seit Le Bons Massenpsychologie jedem Demagogen vertraut ist. Sag es, wiederhol es, wiederhol es nochmal, und dann wiederhol es unermüdlich. Bis sich der Begriff etabliert hat, nicht mehr hinterfragbar geworden, als Reflex ins Bewusstsein eingesickert ist. Dann kann man darauf aufbauen. EU-Gegner sind Europagegner, sind Rechtspopulisten, wahlweise auch Linkspopulisten, also eigentlich nicht wählbar. Viel hat’s aber nicht genutzt.