Ob Sarkozys Ziele jetzt - mit der Bestätigung des bisherigen Premierministers Fillon - klarer geworden sind, ist umstritten. Der Schlussakt wird in achtzehn Monaten mit den Präsidentenwahlen gegeben. Sarkozy hat aber noch nicht erklärt, ob er Kandidat für seine eigene Nachfolge sein will.
Die Regierungsumbildung wurde von ihm nach den Regionalwahlen vom März in Aussicht gestellt, nachdem die Regierungspartei UMP eine demütigende Niederlage erlitten hatte. Im Juni fixierte er als Datum dann den Monat Oktober, zur Abrundung der neuen Rentenreform. Die Massenproteste und Streiks gegen diese Reform liessen eine sozialpolitische Korrektur als empfehlenswert erscheinen, weshalb Sarkozy den populären Umweltschutzminister Borloo vom zentristischen Parti Radical als möglichen künftigen Regierungschef ins Spiel brachte. Dieser bereitete sich freudig darauf vor, während der gefügige Fillon endlich gegen Sarkozy aufzumucken und die Kandidatur Borloos zu torpedieren begann.
Ende der "Öffnung"
Fillon tat dies mit so viel Geschick, dass sein Verbleib im Amt nun als Niederlage von Sarkozy gewertet wird. Der Präsident hätte schliesslich Borloo nur gegen den Widerstand - und vom langen Theater tief zerstrittene - UMP durchsetzen können. Die Aussicht, in Matignon ein "soziales Gewissen" sitzen zu haben, das er 2007 noch selbst verkörpern wollte, aber in den Augen der Öffentlichkeit zusehends verloren hatte, wurde für den Präsidenten immer unerträglicher. Die UMP hatte Borloo als unberechenbar eingestuft und sich mehrheitlich hinter Fillon gestellt, der in Umfragen immer deutlich über Sarkozy lag und liegt.
Die von Sarkozy 2007 nach seinem Wahlsieg praktizierte "Öffnung" nach links mit einigen bekannten zentristischen Ministern und dem früheren sozialistischen Minister Kouchner im Aussenministerium hatte sich überlebt, bevor dies den Beteiligten klar wurde. Sarkozy teilt die Macht nicht, was Voraussetzung einer Öffnung gewesen wäre. Kouchner, als "French Doctor" einst einer der populärsten Politiker im In- und Ausland, bekam dies zu spüren. Von den Sozialisten wurde er verstossen, von Sarkozy nicht ernstgenommen. Seine Verliebtheit in sich selbst - keine gute Voraussetzung für einen guten Diplomaten - haben ihm jetzt Amt und Ansehen gekostet.
Borloo hat spät die Konsequenzen gezogen. Gedemütigt, aber weiterhin beliebt, hat er, nachdem ihm erst das Premierministeramt, dann ein Superministerium verweigert worden war, seinen Abschied erklärt. Er sucht jetzt unter den kleinen zentristischen Gruppen Unterstützung für eine noch nicht klare Kampagne für 2012.
Rechtsrutsch für 2012
Die Rückzugsstellung für Sarkozy wurde somit - halb gewollt, halb aufgezwungen - der unausweichliche Schulterschluss mit seinen Rivalen in der eigenen Partei und damit ein klarer Rechtsrutsch der Regierung. Fillon wurde möglicherweise - höchst fragwürdig - endlich mehr Freiraum zugestanden (bisher war Sarkozy Präsident und Premierminister zugleich und Fillon sein "Mitarbeiter"), der frühere Premierminister Juppé wurde - auf eigenes Anbiedern auch - aus seinem Exil in Bordeaux zurückgeholt (und zwar gleich als stellvertretender Regierungschef), während Copé, bisher "nur" Fraktionschef, Generalsekretär der UMP wurde.
Die Öffentlichkeit hat, aus ersten Reaktionen zu schliessen, etwas anderes erwartet als dieses Manöver eines Partei- statt Staatspräsidenten, der vor allem seine innerparteilichen Gegner neutralisieren will. Ansehen kann Sarkozy damit nicht gewinnen. Aber zunächst hängt alles davon ab, ob er 2012 wieder Kandidat ist. Ein Mann wie Copé hat vorsichtigerweise bereits erklärt, dass er erst 2017 Präsident werden wolle.