Seit Jahrzehnten wird auf Borneo der Regenwald abgeholzt. Dagegen hat sich Bruno Manser engagiert, der im Mai 2000 in Malaysia spurlos verschwand. Gegen den Bruno Manser Fonds klagen nun Angehörige jener Kreise, die an der Naturzerstörung verdienen. Darum geht es in dem kommenden Tribunal in Basel.
Kaspar Müller beschäftigt sich seit 1986 mit der Schnittstelle zwischen Finanzmarkt, Nachhaltigkeit und Ethik. Zuletzt erschienen von ihm im Journal21 kritische Auseinandersetzungen mit der «Bankenretttung» und mit dem Finanzplatz Schweiz. Müller war Präsident der Ethos Stiftung in Genf und Präsident von responsAbility Investments AG in Zürich.
Als Freund und Erbenvertreter beschäftigt er sich seit vielen Jahren mit dem Engagement von Bruno Manser. Journal21 befragte ihn in Bezug auf das öffentliche Tribunal, das am Dienstag, den 15. August, in Basel stattfindet:
Journal21: Anlass des Tribunals ist eine Klage wegen einer angeblichen Persönlichkeitsverletzung. Wie ist das zu verstehen?
Bei der Zivilklage handelt es sich um rechtliche Schritte, welche Jamilah Taib Murray, Tochter des Gouverneurs von Sarawak im Nordwesten von Borneo, ihr Ehemann und zwei ihrer Firmen gegen den Bruno Manser Fonds, BMF, eingeleitet haben. Sie verlangen unter anderem die Löschung von 249 Stellen, bei denen es um Korruption, Geldwäsche und Abholzung in Sarawak geht.
J21: Was steckt dahinter?
Die Kläger machen die Verletzung von Persönlichkeitsrechten geltend. Hinter dieser Klage stehen aber nach meiner Beurteilung auch wirtschaftliche Interessen: Die Abholzung des Regenwaldes soll weitergehen können, und der Bruno Manser Fonds wird dabei als Störenfried betrachtet.
Die Verhandlung findet am 16. August in Basel statt. Das Zivilgericht hat dazu jedoch keine Zeugin und keinen Zeugen geladen.
J21: Organisieren Sie deshalb das Regenwald-Tribunal, und was ist das genau?
Ja. Das Basler Regenwald Tribunal ist eine wichtige symbolische Veranstaltung. Gäste aus Sarawak sowie weitere Expertinnen und Experten sind geladen, um als Zeugen vor einem inszenierten Tribunal auszusagen. Wir sind der Meinung, dass es viele wichtige Stimmen gibt, die auch gehört werden sollten.
Als Inspirationsquelle diente das Kongo-Tribunal des Schweizer Regisseurs Milo Rau. Mit dem Tribunal in der Form des politischen Theaters wollen wir mit der Kraft der Kunst den Indigenen, also den direkt Betroffenen, eine Plattform bieten, über ihre Anliegen und das ihnen widerfahrene Unrecht zu berichten.
J21: War es für die Kläger einfach, in Basel, der Stadt Bruno Mansers, Anwälte zu finden, die ihre Klage vor Gericht vertreten?
Das müssen Sie die Kläger fragen.
J21: Bruno Manser gilt als verschollen. Sie sind sein Nachlassverwalter. Gibt es neue Erkenntnisse?
Nein, bis heute gibt es keine gesicherten Informationen dazu, was ihm zugestossen ist. Was auch immer geschehen ist, sein Wirken und seine Anliegen leben weiter.
J21: Welche Aufgaben hat der Bruno Manser Fonds?
Der Bruno Manser Fonds (BMF) ist das Vermächtnis von Bruno Manser. Der Fonds setzt sich weiterhin für den Erhalt des Regenwalds in Sarawak ein. Neben der Verhinderung der direkten Abholzung mittels Strassenblockaden und rechtlichen Einsprachen gegen unrechtmässig vergebene Abholzungslizenzen unterstützt der BMF die Penan bei der Einforderung ihrer traditionellen Landrechte. Die Bewahrung der Kultur der Penan sowie die wirtschaftliche Unterstützung der Penan, die in enormer Armut leben müssen, gehört ebenso dazu.
J21: Tragen auch wir in der Schweiz eine Verantwortung?
Die Abholzung in Sarawak für Tropenholz und Palmölplantagen wurzelt letztlich auch in der Nachfrage der Konsumentinnen und Konsumenten bei uns. Deshalb klärt der BMF über die Folgen von Tropenholznutzung und Palmölkonsum auf und fordert ein Umdenken. Sind beispielsweise Produkte, die Palmöl enthalten, bei uns in der Schweiz nicht mehr gefragt, verringert sich in Sarawak der Bedarf, weitere Regenwaldflächen für den Anbau von Ölpalmen zu zerstörten.
J21: Gibt es Möglichkeiten für Schweizer, sich für die Erhaltung des Regenwaldes zu engagieren?
Natürlich: Politisch gilt es beispielsweise bei allen Freihandelsabkommen genau hinzusehen, ob im Kleingedruckten der Regenwald nicht mit Hilfe von Investorenklagen wirtschaftlichen Interessen geopfert wird. Als Anleger können wir Unternehmen meiden, welche von illegaler oder nicht nachhaltiger Abholzung profitieren. Die engagierte Arbeit des BMF zeigt, dass es sich lohnt, genau hinzuschauen und sich aktiv einzusetzen. Das hat schon zu vielen Erfolgen geführt.
Das Basler Regenwald-Tribunal, Dienstag, den 15. August 2023, 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr, Scala Basel, Freie Strasse 89, Basel.
Sprache: Englisch mit Simultanübersetzung auf Deutsch und Französisch
Eintritt: CHF 120.- inkl. Mittagessen (CHF 40.– für Personen in Ausbildung)