Gemessen an bestimmten Kriterien kann man die offizielle Schweiz seit Ausbruch des Ukraine-Krieges als das Russland-freundlichste und damit Putin-freundlichste Land Westeuropas einstufen.
Ausser bei der Aufnahme von Kriegsemigranten liegt die Schweiz überall am Schwanz der westlichen Unterstützer der vom verbrecherischen Putin-Regime brutal überfallenen Ukraine, die um ihr Überleben kämpft. Dies gilt im Grossen wie im Kleinen, wie die folgenden Beispiele belegen, welche ebenso mangelnde Unterstützung zeigen als auch direkt Putin-freundliche Initiativen.
Cassis «Vermittlung»
Schon auf den Bürgenstock hatte die Schweiz ursprünglich Russland mit eingeladen, obschon damals wie heute klar ist, dass Putin keine Verhandlungen, sondern die bedingungslose Kapitulation der Ukraine will. Seither hat sich die offizielle Schweiz, sowohl in der Uno, als auch durch Aussenminister Cassis direkt immer wieder im Sinne geäussert, dass Kiew Konzessionen gegenüber Russland machen müsse. In der Uno mit der Unterstützung eines «Friedensplans» von Brasilien und China – zur Erinnerung: «No limits Partnerschaft» China-Russland –, der den Frontverlauf festfrieren will und keinen Verweis auf die Uno-Charta und damit das Kriegsverbrechen der russischen Aggression vorsieht. Ein Vorschlag, der nicht nur von der Ukraine, sondern auch von ihren westlichen Verbündeten strikt abgelehnt wird.
Will sich Aussenminister Cassis hier unnütz international in Szene setzen? Jedenfalls haben solche Stellungnahmen nichts mit Vermittlung zu tun, sondern sie sind Parteinahme für einen Aggressor.
Feigheit, als «Neutralität» verkleidet
Hier (https://www.journal21.ch/artikel/mehr-hilfe-der-schweiz-dringend-notwendig) ist ausführlich dargelegt, was die Ukraine dringend benötigt und was die Schweiz tun könnte, wenn sie nur den Mut und den Willen aufbringen würde, es zu tun. Es handelt sich erstens um ausrangiertes oder und/oder an Drittländer verkauftes Kriegsmaterial und zweitens um massive Finanzhilfe via schweizerische Reserven im Internationalen Währungsfonfs IMF, aus denen geschöpft werden könnte, ohne das Bundesbudget zu belasten.
Da die Schweiz weder der EU noch der Nato angehört, welche beide auch als Organisationen der Ukraine bedeutende Unterstützung in Form von Kriegsmaterial und Finanzen gewähren, fällt Inselhelvetien im Vergleich mit allen unseren Partnerländern stark ab. Da hilft auch humanitäre Hilfe nichts, die zudem auf Kosten von schweizerischer Entwicklungszusammenarbeit im Globalen Süden geht.
Keine Schutzwesten für die ukrainische Zivilbevölkerung
Der immer wiederkehrende Reim des Bundesrates und aus allen, auch linken politischen Ecken des Parlamentes, die Schweiz «sei halt neutral», ist tatsächlich schlecht verhüllte Feigheit, da, wenn überhaupt, schweizerische Neutralität auf der Uno-Charta basiert, welche Hilfe für Aggressionsopfer erlaubt, und nicht auf den veralteten Normen der Haager Abkommen, welche auf Kriegsführung im 19. Jahrhundert aufbauten.
Im Kleinen lieferte der Ständerat kürzlich ein Beispiel dieser feigen Mentalität, welche vor jedem Engagement zu Gunsten der Ukraine zurückschreckt. Eine Mehrheit, eingeschlossen ein prominenter SP-Vertreter aus Zürich, votierte gegen die Lieferung von Schutzwesten an die ukrainische Bevölkerung primär mit dem Totschlagargument der Neutralität. Leider half die Bundesverwaltung dabei kräftig, mit einem Verweis auf eine internationale Vereinbarung (Wassenaar-Abkommen), die bei genauer Lesung keinerlei Hindernis darstellt für solche, primär für die Zivilbevölkerung vorgesehenen Schutzvorrichtungen.
Geschäftemacherei als «Neutralität» verkleidet
Wohl den Gipfel verlogener Neutralitätsargumente erklomm neulich wiederum der Ständerat mit einem Abstimmungsresultat, welches die Vertretung russischer Firmen durch schweizerische Anwälte zulassen will. Dies in direktem Widerspruch zur Praxis und Rechtssprechung (EuGH) in der EU, welche solche Tätigkeit in den Boykott russischer Firmen ausdrücklich einschliesst. Ein eindrückliches Beispiel, wie schnell schweizerische Gschäftlimacherei gleich zur Stelle ist, wenn vergleichbare ausländische Konkurrenz wegfällt.
Im Ständerat sind bekanntlich Anwälte übervertreten, nicht nur in den Reihen der SVP, welche sich nicht scheuen, offen als Putinversteher aufzutreten.