Die Regierungsbildung in Österreich ist gescheitert. Nachdem sich die Neos aus den Verhandlungen ausgeklinkt hatten, brach auch die ÖVP den Versuch einer Koalition mit der SPÖ ab. SPÖ-Vizeklubchef Philip Kucher, SPÖ-Parteivorsitzender Andreas Babler und SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch traten am 4. Januar 2025 in Wien vor die Presse, um dies bekanntzugeben.
Kanzler Karl Nehammer gab nach dem endgültigen Scheitern der Verhandlungen bekannt, er werde als Kanzler und als ÖVP-Chef zurücktreten. Seine Partei hatte in den Wahlen vom September nur den zweiten Platz hinter der rechtspopulistischen FPÖ von Herbert Kickl erreicht, war aber trotzdem von Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit der Bildung einer Regierung beauftragt worden, da keine Partei bereit war, eine Koalition mit Kickl einzugehen.
Am Freitag hatten die liberalen Neos sich aus den Verhandlungen mit ÖVP und SPÖ zurückgezogen, weil sie angeblich bei diesen möglichen Koalitionspartnern nicht genügend Bereitschaft zu tiefgreifenden Reformen angetroffen hatten.
Die verbliebenen ÖVP und SPÖ hätten im österreichischen Nationalrat lediglich über eine Mehrheit von einer Stimme verfügt, wären also auf eine sehr stabile Koalition angewiesen gewesen. Eine solche zeichnete sich jedoch nicht ab, da beide Partner in sich selbst in vielem uneins sind.
SPÖ und ÖVP konnten denn auch in verschiedenen Bereichen nicht zueinanderfinden. Die SPÖ forderte unter anderem, dass der defizitäre Staatshaushalt auf den Schultern der Reichen saniert werden müsse. Die ÖVP war strikt gegen zusätzliche Steuern. «Eine Einigung ist in wesentlichen Kernmaterien nicht möglich», hiess es aus der Partei.
Dem österreichischen «Standard» zufolge sind die Koalitionsverhandlungen letztlich an Fragen der Budgetsanierung gescheitert. Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer habe dem SPÖ-Team beschieden, keinen weiteren inhaltlichen Verhandlungsspielraum mehr aus seiner Partei zu bekommen.
Was nun auf den Verhandlungsabbruch der ÖVP folgt, ist nicht klar. Sollte es zu Neuwahlen kommen, könnte die rechtspopulistische FPÖ auf einen fulminanten Sieg hoffen. Jüngste Umfragen signalisierten ein weiteres grosses Stimmenplus im Vergleich zur Nationalratswahl. Danach könnte die FPÖ ihr Ergebnis von 29 Prozent noch einmal deutlich auf rund 35 Prozent steigern.