Schwarzafrikaner machten in Libyen die grosse Mehrheit der schätzungsweise 1,5 Millionen illegalen Arbeitskräfte aus. Diejenigen, die jetzt als Flüchtlinge in Tunesien oder Ägypten eintreffen, erzählen übereinstimmende Erlebnisse.
Gewalt auch gegen politische Flüchtlinge
Sie wurden von Libyern gejagt, verprügelt und ihrer Habe beraubt, nur weil sie dunkle Hautfarbe haben. Dem UNHCR liegt auch die Aussage eines 12jährigen Mädchens aus dem Südsudan vor, das berichtete, vergewaltigt worden zu sein.
„Libyer griffen uns plötzlich auf offener Strasse an“, erzählte Joseph, ein Nigerianer, der in Tripolis für eine Baufirma arbeitete, „plötzlich behandelte man uns als Feinde.“ In der libyschen Hauptstadt treibt nach Aussage von Flüchtlingen eine Bande namens „Asma Boys“ ihr Unwesen. Besonders schwer haben es Äthiopier und Eritreer. Sie lebten bisher als politische Flüchtlinge in Libyen und können nicht in ihre Heimat zurückkehren.
Die „New York Times“ berichtet aus Tripolis, dass dort Polizisten und andere Uniformierte den Schwarzafrikanern neben ihrem Geld auch die Handys oder die Telefonchips abnehmen. Angeblich, um sie am Filmen von Demonstrationen zu hindern. In dem Artikel zitiert wird auch ein 34jähriger Nigerianer mit ausgerenkten Arm: „In den Spitälern wird mich niemand behandeln. Sie wollen einfach keine Schwarzen.“
Die französische Zeitung „Libération“ druckte am Donnerstag ähnliche Aussagen von Libyen-Flüchtlingen. Einen Malier, der in Tripolis in einem Supermarkt malochte, waren auf der Flucht bis auf den Gegenwert von zwölf Euro alle Ersparnisse von zwei Jahren Arbeit geraubt worden. Er ist einer von vielen. Allein am Mittwoch überschritten 746 Malier die Grenze zwischen Libyen und Tunesien.
Ordinärer Rassismus
Diese Pogromstimmung in Libyen wurde anfänglich mit der Wut der Einheimischen auf „schwarze Söldner“ des Gaddafi-Regimes erklärt. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass es sich eher um ordinären Rassismus handelt. Die vom „Volkszorn“ Verfolgten können fast allesamt beweisen, dass sie in Libyen einer zivilen Beschäftigung nachgingen. Nach Angaben den UNHCR haben bewaffnete Gruppen vielen Fremdarbeitern ihre Dokumente abgenommen und sie vernichtet.
„Bewaffnete Libyer gehen in den von den Rebellen kontrollierten Regionen Benghasi, Al Bayda und Brega von Haus zu Haus, um die Schwarzafrikaner zu vertreiben“, berichtete eine Gruppe von Fremdarbeitern aus Tschad den Vertretern des UNHCR.
„Die in Libyen befindlichen Fremdarbeiter aus Ländern südlich der Sahara befinden sich in einer tragischen Lage“, erklärte Flüchtlings-Hochkommissar Antonio Guterres in Genf. Er appellierte an alle Parteien, „die Verwundbarkeit der Flüchtlinge und der Migranten aus Afrika südlich der Sahara anzuerkennen und Massnahmen zu ergreifen, die ihren Schutz gewährleisten“.