Theresa May wollte ihn nach der krachenden Niederlage ihres ursprünglichen Brexit-Deals im britischen Unterhaus binnen dreier Tage hervorzaubern. Dem Bundesrat wird von mehreren Seiten dringend empfohlen, ihn nach den mehrheitlich ablehnenden Reaktionen auf den Entwurf des Rahmenabkommens mit der EU auszuhandeln: den Plan B. Auch wenn es nicht um die EU geht, ruhen in vielen Fällen die Hoffnungen auf ihm. Ein Projekt bleibt stecken, eine Finanzierung scheitert, eine Strategie stösst auf Ablehnung – keine Bange, die Lösung heisst Plan B.
Einen Plan B macht man eigentlich dann, wenn man das Auftreten derart grosser Schwierigkeiten für möglich hält, dass ein bestimmtes Vorhaben gefährdet wäre. Für solche Fälle plant man von vornherein einen Ausweg, eine Alternative, welche in ausführungsreifem Zustand in Reserve gehalten wird. Plan B ist die schlechtere Lösung, denn sonst hätte man ihm Plan A ja nicht vorgezogen. Die Alternative ist jene zweitbeste Variante, die man im Notfall hervorholen kann. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst hat letzthin im «Spiegel»-Interview über seinen mehrmonatigen Aufenthalt in der Raumstation ISS gesprochen. Zur Frage, ob er dort oben auch Angst gehabt habe, meinte er: «Mir hilft es zu wissen, dass es einen Plan B gibt – und wenn der nicht funktioniert, idealerweise auch noch einen Plan C und einen Plan D.» (DER SPIEGEL, Heft 4/19.1.2019)
Die Politik tickt zwar ganz anders als die Technik, macht aber bei letzterer offenkundig nicht ungern sprachliche Anleihen, um von deren Nimbus des Rationalen, Überprüfbaren und Verlässlichen etwas abzubekommen. So hat die politische Sprache den mit dem Buchstaben B gekennzeichneten Plänen einen regelrechten Boom beschert. Oft dient der Ausdruck «Plan B» lediglich als rhetorisches Druckmittel in zugespitzten Auseinandersetzungen. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn Regierungen behaupten, es gebe keinen Plan B, sprich: die von ihr vorgelegte Lösung sei prinzipiell die einzig mögliche. Umgekehrt wird Regierenden gern vorgehalten, sie hätten es versäumt, rechtzeitig einen Plan B auszuarbeiten. Wird aber, was sowohl beim Brexit wie beim Rahmenabkommen eingetreten ist, bei überbordenden Problemen vereint nach einem solchen gerufen, so entsteht vor allem der Eindruck von Hilflosigkeit: Man hat sich verrannt und erwartet nun das Heil von einem rasch aus dem Hut gezauberten Plan B.
Nicht selten aber unterstellt in der politischen Arena das Rufen nach dem Plan B, es existiere eine von der Regierung unterschlagene beste Lösung, die nun endlich aufs Tapet kommen müsse. So gesehen wäre der Plan B die Überbietung des untauglichen ersten Versuchs, womöglich gar der Befreiungsschlag. – Die mit den Buchstaben A und B signalisierten Wertigkeiten geraten ins Schwimmen.
Man sieht: Anders als in der Technik ist der Begriff «Plan B» in der Politik ziemlich beliebig verwendbar. Was so rational klingt, ist oft pure Vernebelung mit taktischen Zielen.