Im zweiten Wahlgang der Regional- und Kommunalwahlen kam die Ohrfeige für die griechische Regierungspartei. Wie geht es nun weiter in Griechenland?
Die in Griechenland regierende Nea Dimokratia (ND) hatte am Sonntag (15.10.) bei den Stichwahlen für Kommunal- und Regionalverwaltungen einen schlechten Tag. Die von ihr unterstützten Kandidaten verloren in den grössten Städten des Landes, Athen und Thessaloniki. Besonders schmerzhaft war die Niederlage in Athen, wo Kostas Bakojannis, ein Neffe des Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis, gegen den von der sozialdemokratischen PASOK unterstützten Charis Doukas verlor.
Wahlabstinez und Zusammenarbeit von SYRIZA und PASOK
Das schlechte Abschneiden der ND wurde teilweise auf das Krisenmanagement der Regierung bei Überschwemmungen und Waldbränden zurückgeführt. Von den bisher dreizehn von den Konservativen kontrollierten Regionen verloren sie fünf an die Opposition. In der Region Thessalien erzielte ein von PASOK und der Radikalen Linken (SYRIZA) unterstützter Kandidat einen klaren Sieg.
Die Wahlen waren jedoch von einer hohen Enthaltung geprägt, mit einer Beteiligung von nur etwas mehr als 35 Prozent bei den Regionalwahlen und knapp 42 Prozent bei den Kommunalwahlen. Nur 22 von 332 Gemeinden wählten Frauen zu Bürgermeisterinnen.
Beobachter vermuten, dass in Zukunft eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den linken Parteien PASOK und SYRIZA möglich ist, möglicherweise sogar eine Oppositionsfront. Das schlechte persönliche Verhältnis zwischen dem bisherigen SYRIZA-Vorsitzenden und ehemaligen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und PASOK-Chef Nikos Androulakis hatte das bisher verhindert.
Neuer SYRIZA-Chef aus Amerika
Bemerkenswert am neuen SYRIZA-Chef sind Herkunft und Wahl. Es handelt sich um einen 35-jährigen, reichen amerikanisch-griechischen Investment Banker mit einer Karriere an der Wall Street. Von ihm sind Schriftstücke überliefert, in denen er Lohnkürzungen und Entlassungen forderte. Wie das zur radikalen Linken in Griechenland passt, ist unklar. Auch ein Programm scheint er noch nicht zu haben.
Auch die Umstände seiner Wahl sind bemerkenswert. Mehr als 60’000 grösstenteils neu eingetragene Mitglieder stimmten für ihn. Die erfahrenen Politiker und altgedienten Parteimitglieder hatten das Nachsehen bei diesem für Manipulationen dieser Art anfälligen innerparteilichen Wahlsystem. Sicher ist, dass er die Notwendigkeiten in der griechischen Politik möglicherweise anders beurteilt als gestandene Politiker oder Durchschnittswähler. Der offen homosexuell lebende Kasselakis wird vermutlich versuchen, die LGBT-Agenda in Griechenland einzubringen, anstatt sich um die realen Probleme des Landes zu kümmern. Er hat schon angekündigt, dass er mit Hilfe einer Leihmutter zwei Kinder haben möchte. Nun muss er aber erst eine zweiwöchige Schnellbleiche in der Armee absolvieren, da er den obligatorischen Militärdienst verpasst hat. Ein weiterer Nachteil für den neuen Parteichef besteht darin, dass er nicht im Parlament vertreten ist.
Wo ist die Opposition?
So wird es vermutlich trotz Ohrfeige bei den Regionalwahlen in Hellas weitergehen wie bisher: Die ND regiert praktisch ungestört und ohne Opposition. Die Medien sind auf Regierungslinie, die Menschenrechte und die Unabhängigkeit der Justiz werden pragmatisch gesehen – Griechenland liegt in dieser Hinsicht in Ratings weit hinter zum Beispiel Ungarn und Polen – und die Opposition äusserte und äussert sich praktisch nicht zu Themen wie fehlgeleitete Pandemiepolitik, Inflation und Verarmung des Mittelstandes, Arbeitskräftemangel infolge Geburtenrückgang und Auswanderung, fehlgeleitetes Krisenmanagement bei Waldbränden und Überschwemmungen sowie eine perverse Energiewende-Umsetzung, die auf Windräder setzt, die das Landschaftsbild verschandeln und Wälder zerstört. Zusätzlich scheinen auch unter dem Deckmantel der Digitalisierung der Datenschutz und die Privatsphäre zu erodieren.
Es ist der couragierte Chef der im Parlament vertretenen «Unabhängigen Griechen» Kyriakos Velopoulos, der inoffiziell die Rolle des Oppositionsführers spielt. Velopoulos interveniert im Parlament, stellt Fragen, formuliert Anträge – wie das ein Oppositionsführer tun sollte. Wenig davon ist erfolgreich, weil die anderen Oppositionsparteien entweder im Tiefschlaf versunken scheinen oder andere Sorgen haben, als der Regierung auf die Finger zu schauen.
Regierungsprogramm für die zweite Amtszeit
In seiner zweiten Amtszeit als Premierminister setzt Kyriakos Mitsotakis denn auch verstärkt darauf, Zentrumswähler und rechte Wähler gleichermassen anzusprechen. Sein Regierungsprogramm konzentriert sich auf Primärüberschüsse, Investitionen, Steigerung der Exporte und Senkung der Arbeitslosenquote. Gleichzeitig sollen Löhne und Gehälter erhöht, die Gesundheits- und Bildungssektoren durch Privatisierungen gestärkt und die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung sowie die Energiewende vorangetrieben werden. Mitsotakis verspricht auch aussenpolitische Stabilität und die Umsetzung bereits vereinbarter Rüstungsprogramme. Dem Arbeitskräftemangel und dem Bevölkerungsschwund will er entgegentreten, indem er nicht weniger als 300’000 Asylsuchende in den Arbeitsprozess integriert.
Mitsotakis kann es sich leisten, der zersplitterten Opposition wenig Beachtung zu schenken und vor populistischen Exzessen zu warnen. Mitsotakis dürften daher weniger Sorgen durch die Opposition als vielmehr durch mächtige Oligarchen bereitet werden, die zunehmend wirtschaftliche und mediale Macht an sich ziehen. Dies könnte zu Konflikten und Kritik führen und stellt eine grössere Bedrohung dar als die Oppositionsparteien im Parlament.