Auch am kommenden 1. August werden die holprigsten Reden wieder schöner sein als der Gesang. Der Text der Nationalhymne war schon immer naiv. 1840 geschrieben, ist er inzwischen auch restlos veraltet. Wir jubeln nicht mehr über Nationalstaaten. Christliche Verzückungen überlassen wir poppigen Fundamentalisten. Mit der fromm ahnenden Seele im Morgenrot, Abendglühn, Nebelflor und Sturm tun wir uns schwer. Warum sollen wir dem Allmächtigen kindlich vertrauen und nicht im starken Glauben? Der Schweizerpsalm war bereits 1981 als offizielle Landeshymne ungeeignet. Sie wird denn auch mehr pflichtschuldig gesummt als froh oder gar inbrünstig gesungen. Und im Vergleich mit der Hymne liest sich die Präambel der Bundesverfassung modern, auch mit der Betonung der Eigenverantwortlichkeit. Alle Bemühungen, das Nationallied zu erneuern, sind gescheitert. Gewachsen ist das Unbehagen. Nun unternimmt die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft breit abgestützt einen weiteren Versuch. Im besten Fall entsteht eine öffentliche Diskussion. Aber kein Sanierungsvorschlag wird den Durchbruch schaffen. Denn für einen neuen eidgenössischen Gesang braucht es eine neue Zeit. Sie müsste sein wie die alte: mit Sonderbund, Verfassungskampf, Auswanderungswelle, 65-Stunden-Woche und Rösti und Milchkaffee zum Zmorge und Znacht. Landeshymnen entstehen aus dem Aufbruch aus der Not. Davon ist im Sternenheer und Wolkenmeer nichts zu sehen. (Alex Bänninger)