Wie immer Ende März wird gegen die Zeitumstellung gewettert. Laut einer eben veröffentlichten Forsa-Umfrage wollen 73 Prozent der befragten Deutschen die Sommerzeit abschaffen. Sie bringe Depressionen, Schlafstörungen und Konzentrationsprobleme. Genannt werden auch Müdigkeit, Gereiztheit und Beschwerden.
Ist da nicht viel Einbildung im Spiel? Und Stimmungsmache?
Einige Politiker sind längst auf den Zug aufgesprungen. 1982 startete Christoph Blocher einen Vorstoss zur Abschaffung der Sommerzeit. Die Initiative kam nicht einmal zustande. Die biologische Uhr werde „komplett durcheinandergebracht“, behauptet SVP-Nationalrätin Yvette Estermann. Schülerinnen und Schüler würden wegen der Zeitumstellung Prüfungen vermasseln.
Wenn Schüler wegen dieser einen Stunde an diesem einen Montag nach Einführung der Sommerzeit die Prüfung vermasseln, sind sie wohl derart unvorbereitet, dass sie auch sonst die Prüfung vermasseln würden.
Das Hauptargument, das gegen die Zeitumstellung vorgebracht wird: Die Sommerzeit schadet nur und bringt wirtschaftlich nichts. Doch das stimmt nicht.
Es ist seltsam: Wir fliegen schnell nach London oder Helsinki; den einstündigen Zeitunterschied stecken wir problemlos weg. Wir jetten in der Welt umher, Ferien da, Geschäfte dort – der Jetlag ist kein Thema. Doch die Sommerzeit ist ein Thema und wird angeprangert.
Oder: Wir feiern, wir gehen eine, zwei, drei Stunden später ins Bett als sonst. Die Müdigkeit am Morgen nehmen wir hin. Wenn wir aber am kommenden Sonntag eine Stunde weniger lang schlafen, ist das plötzlich ein Problem. Doch man kann auch ohne Zeitumstellung unausgeschlafen und gereizt sein.
Schon immer wurden auch die Kühe in den Kampf gegen die Sommerzeit geschickt. Sie seien unruhig, gestresst und würden weniger Milch geben. Ihre innere Uhr, ihr Biorhythmus gerate aus dem Takt.
Die Diskussion um die Sommerzeit wird vor allem von den Gegnern der Zeitumstellung angeführt.
Der Zeitenwechsel bringe keine Stromeinsparungen, wie dies angestrebt war. Vielleicht stimmt das. Doch die Sommerzeit hat andere Vorteile.
Der normale Schweizer steht zwischen 06.00 und 07.00 Uhr auf. Ohne Sommerzeit hat er da schon anderthalb Stunden Sonnenlicht verpasst. Wenn er abends um 22.30 Uhr oder 23.00 Uhr ins Bett geht, ist er – ohne Sommerzeit – schon anderthalb Stunden im Dunkeln. Also: Die Sommerzeit bringt uns pro Tag eine bis zwei Stunden mehr Sonne, mehr Helligkeit.
Gerade das Sonnenlicht ist es, das dem Menschen Energie und Lebensfreude bringt – und Vitamine bildet. In Ländern, in denen die Sonne lange scheint, sind die Menschen weniger depressiv.
Und: Gibt es auf den Strassen bei Helligkeit nicht weniger Unfälle als bei Dunkelheit? Und weniger Gewalt?
Es mag Menschen geben, denen sagen schöne Sommerabende wenig. Sie sitzen verkrampft und lebensunlustig vor dem Fernseher – ob nun die Sonne scheint oder nicht.
Doch andere geniessen diese wunderbaren langen und milden Abende. Sie sitzen draussen, trinken ein Glas Wein, ein kühles Bier, plaudern mit Freunden und freuen sich des Lebens. Sommerzeit ist zusätzliche Lebensqualität. Endlich, für einige Monate, können auch wir nördlich der Alpen die lauen Lüfte geniessen.
Dazu kommt: die Sommerzeit bringt wirtschaftliche Vorteile: die Bars und Restaurants verdienen mehr Geld, wenn die Gäste länger im Freien bleiben. Die Sommerzeit bringe ihm 15 Prozent mehr Umsatz, sagt uns ein bekannter Zürcher Wirt. Auch Badeanstalten, Openair-Festivals und Sportveranstaltungen profitieren.
Und die armen Kühe, die armen Schweine und Rinder? Ob denn seine Tiere unter der Sommerzeit leiden würden, fragen wir im Zürcher Unterland einen mittelgrossen Bauern, der über 500 Tiere hält. „So ein Quatsch“, sagt er. „Ich habe Wichtigeres zu tun, als mich mit solch dummen Fragen abzugeben.“