Die Botschaft wird in den asiatischen Hauptstädten, insbesondere in Peking, aber auch in den europäischen Regierungszentren wohl verstanden. Die im letzten Jahr angekündigte Hinwendung Amerikas zu Asien wird Tatsache.
Vor knapp einem Jahr definierte Präsident Obama neue aussenpolitische Ziele. Er unterstrich damals, zum Missfallen Chinas, dass sich die USA wieder verstärkt auf Asien konzentrieren wollten. Wie bereits der Zweite Weltkrieg gezeigt hat, ist Amerika eine pazifische Macht. Die Errichtung eines kleineren Stützpunktes für die Marines an der Nordküste Australiens ist vom militärischen Gewicht her zwar vorerst eher symbolisch, doch weitergehende Ambitionen entgingen niemandem in der Region.
Kommt der Besuch in Myanmar zu früh?
Dann entsandte Obama vor einem Jahr Aussenministerin Hillary Clinton nach Myanmar. Das war damals eine Sensation, nur wenig über ein Jahr nach Beginn einer zögerlichen Öffnung nach einer 50-jährigen Militärdiktatur. Es war ein diplomatischer Paukenschlag.
Jetzt, nur ein Jahr danach, folgt die Visite des ersten amerikanischen Präsidenten im ehemaligen südostasiatischen Paria-Staat. Ob Obamas Gespräche mit Thein Sein - Ex-General und seit zwei Jahren Präsident in Zivil - den politischen und wirtschaftlichen Reformprozess vorantreiben werden, bleibt vorerst eine offene Frage. Kritiker, vor allem in Amerika und von Menschenrechtsorganisationen, wenden zum Beispiel ein, der Besuch komme zu früh und sei eine Belohnung für noch nicht eingehaltene Versprechen. Viele politische Flüchtlinge sitzen noch immer im Gefängnis. Zudem gibt es akute, schwerwiegende menschenrechtliche Probleme.
Hetzen gegen muslimische Minderheit
Die rechtlose Minderheit von einer Million muslimischer Rohyngias im burmesischen Grenzstaat Rakhine ist schutzlos der buddhistischen Bevölkerungsmehrheit ausgeliefert. Buddhistische Mönche in Rakhine, aber auch in der Hafenstadt Yangon oder der Wirtschaftsmetropole Mandalay hetzen in Flugblättern und im Internet mit hasserfüllten Tiraden zum Kampf gegen die muslimische Minderheit. Dabei stossen sie bei der buddhistischen Bevölkerungsmehrheit auf ein positives Echo.
Natürlich spricht Präsident Obama in offenen Worten über dieses in Burma extrem delikate Thema mit Oppositionsführerin und Demokratie-Ikone Aung San Su Kyi. Von Friedensnobelpreisträger zu Friedensnobelpreisträgerin sozusagen. Wie immer bisher hütet sich Su Kyi vor allzu klaren Worten. Klartext zur Causa Rohyngia wäre für sie politischer Selbstmord. Das Volk würde ein Eintreten für die Rohyngias nicht verzeihen. Als Generalsekretärin der Nationalen Liga für Demokratie will Su Kyi schliesslich die allgemeinen Wahlen von 2015 gewinnen, um der Demokratie endgültig zum Durchbruch zu verhelfen.
Friedlicher Wettbewerb oder Konfrontation?
US-Präsident Obama wird aber nicht nur in Burma deutliche Zeichen setzen. Auch am jährlichen Gipfeltreffen der zehn Staaten der Assoziation Südostasiatischer Staaten (ASEAN) plus China in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh wird er ein gewichtiges Wort mitreden. Beim Treffen Obamas mit den Führern Vietnams und Chinas treten Konturen der künftigen strategischen Richtung Amerikas in der asiatischen Region deutlich ans Licht.
Das Thema ist nicht ganz ohne Brisanz. Vietnam und China leben als Nachbarn in einem äusserst labilen Gleichgewicht. Der letzte Krieg - wegen des Einfalls Vietnams in Kambodscha und der Vertreibung der Roten Khmers - liegt kaum dreissig Jahre zurück, und aktuell stellen beide Länder im Südchinesischen Meer Besitzansprüche auf mehrere Inselgruppen. Die USA andererseits sind mit dem alten Erzfeind Vietnam nun eng befreumdet und suchen zur aufstrebenden Grossmacht China ein neues Verhältnis - friedlicher Wettbewerb oder Konfrontation ist die Frage.
Die USA als Gegengewicht zu China
Schliesslich wird Präsident Obama auch in Thailand Station machen. Nicht von ungefähr. Seit gut fünfzig Jahren ist das Königreich der verlässlichste und treueste Partner der USA in Südostasien. Die Bangkok-Visite - wie Obamas ganze Südostasien-Reise - ist ein klares diplomatisches Signal für die internationale Gemeinschaft. Europa könnte endlich daraus lernen, dass sich das Schwergewicht der Welt endgültig vom atlantischen in den asiatisch-pazifischen Raum verschoben hat.
Peking wiederum muss zur Kenntnis nehmen, dass die Amerikaner in Südostasien und darüber hinaus bis nach Indien wieder eine wichtigere Rolle spielen werden. Hinter vorgehaltener Hand sprechen es asiatische Diplomaten offen aus: Die USA als Gegengewicht zu China und künftig vielleicht einmal Indien sind hochwillkommen.