‚Bewegte Stille’, ‚Ekstase der Farbe’ sind Beschreibungen, die Besuchern beim Betrachten dieser Werke einfallen. Werke, die Josef Albers, Student und Lehrer am Bauhaus 1920 bis 1933, und danach Lehrer am ‚Black Mountain College’ in South Carolina in den späten Dreissiger- und Vierzigerjahren schuf. In ,Kinetics’ und ‚Adobes’, verarbeitete er Eindrücke seiner mexikanischen Reisen. In ‚Homages to the Square’, entstanden in den Siebzigern, belegt Albers sein Vermögen, die räumliche Wirkung der Farbe bis an ihr Maximum zu steigern.
Ein handwerklicher Hintergrund
Josef Albers wurde 1888 im Ruhrgebiet geboren. Sein Vater war Malermeister, fertigte Kulissen und betrieb Glasmalerei. Seine handwerklichen Tugenden, seine Genauigkeit und Disziplin sowie seine technische Fertigkeiten waren immer auch zentral im Schaffen seines Sohnes, der festhielt, dass bei der Produktion eines Werkes immer von den physischen Eigenschaften seiner Komponenten auszugehen sei.
So liebte Albers Papier als schneid-und faltbares Material, schätzte seine Feinheit, sowie seine Kombination von Rigidität und Flexibilität. Er verwendete es wegen der Vielfalt seiner haptischen Eigenschaften und sprach von der ‚Poesie des Papiers’, seiner Variabilität zwischen der Schwere eines Holzblockes und der Leichtigkeit einer Feder.
Auf dieses Medium trug er seine Farben auf, immer ungemischt, direkt aus der Tube. In verschiedenen Techniken, sodass aus der Verschiedenheit der Papieroberflächen sowie der Dichte des Farbauftrags immer neue Farbsensationen entstanden, auch in den Beziehungen der einzelnen Farben zueinander.
Josef Albers: "Farbe ist das Medium, das die Vielschichtigkeit, ja Unauslotbarkeit der Wirklichkeit bildlich in besonderer Klarheit erfahrbar werden lässt. Farbe hat eine schwankende Identität, ist in ihrer Erscheinung zutiefst unzuverlässig, verändert ihr Gesicht von Augenblick zu Augenblick, dass das unserer Wahrnehmung unmittelbar Gegebene eigentlich unangreifbar und geheimnisvoll ist. Je tiefer wir in die Erforschung der Farbe eindringen, umso klarer steht uns ihr grundsätzlich scheinhafter Charakter vor Augen. Deshalb ist die Farbe der universale Ausdrucksträger, der alles zu sagen fähig ist."
Albers Werke entstanden als Studien in der Erforschung der Farbe, ergaben aber Bilder von sinnlicher Ausstrahlung und emotionaler Tiefe.
Die künstlerischen Wurzeln von Albers sind in der abstrakten Kunst Europas zu finden, in den Werken Kasimir Malewitchs und Piet Mondrians. Auch wurde er beeinflusst durch seine Mitlehrer am Bauhaus wie Wassily Kandisky, Oskar Schlemmer. Doch seine Nachfolger sind die amerikanischen Künstler der Minimal und Conceptual Art wie Frank Stella, Donald Judd (der auch Bilder von Albers besass) und Sol LeWitt. Ihre Gemeinsamkeit sind der Verzicht innerbildliche Komposition, die Geschlossenheit der Farberscheinung und Betonung der Materialität der Farbe.
Lehrer der US-amerikanischen Modernen
Albers' Credo als Lehrer und Künstler, das er auch an Schüler wie Robert Rauschenberg weitergab, war ‚Lernen durch Erfahrung, durch inneres Wachsen, denn er war überzeugt, dass Kunst aus persönlichen Erfahrungen entsteht, aus einem Lernen, das sich aufgemacht hat, die Phänomene aus einem eigenen Blickwinkel heraus zu analysieren.
Dieses Lernziel formulierte er 1933 bei seiner Ankunft am Black Mountain College so: ‚To make opens the eyes’, Das Sehen dauerhaft zu konzentrieren, um die ständigen Wandlungen des Sichtbaren in feinsten Nuancen aufzuspüren.
Die zu erforschenden Balancen und Proportionen waren für ihn auch Lehren für die Lebenspraxis.
Albers: ‚Ich glaube, dass die Kunst in Parallele zum Leben steht. Farbe verhält sich in meinen Augen wie ein Mensch auf zwei unterschiedliche Weisen: Einmal als Selbstverwirklichung, und dann in der Verwirklichung der Beziehung zu anderen. In meinen Gemälden habe ich versucht zwei Pole miteinander zu verbinden: Unabhängigkeit und Gemeinschaftlichkeit’.