«And the Oscar goes to...» Fünf bekannte Männer sind für das goldene Männchen des besten Haupatdarstellers nominiert. Zwei von ihnen spielen als Nichtjuden jüdische Personen. Christian Bale («Batman begins») gibt in der Krimi-Komödie «American Hustle» in einer hervorragenden Performance den Trickbetrüger Irving Rosenfeld, der gleichzeitig das FBI und die Mafia über den Tisch zieht und gerade noch heil davon kommt. Und Leonardo DiCaprio («The Great Gatsby»), der trotz grossartiger Leistungen noch nie den «Oscar» gewann, spielt in Martin Scorseses Finanzkrimi «The Wolf of Wall Street» Aufstieg und Fall von Jordan Belfort.
Eine Auswahl
Es gab und gibt immer wieder nichtjüdische Filmstars, die jüdische Rollen verkörperten, auch ohne Charlton Heston als «Ben Hur» und als «Moses» zu zählen. Hier folgt eine mit Sicherheit unvollständige Auswahl aus den letzten Jahrzehnten.
Charlie Chaplin spielte 1940 im Anti-Hitler-Film «Der grosse Diktator» hinreissend die Doppelrolle des wahnwitzigen Diktators Adenold Hynkel und eines ihm zum Verwechseln ähnlich sehenden armen jüdischen Coiffeurs. Die irisch-britische Greer Garson spielte 1943 die polnisch-jüdische, später zweifache Nobelpreis-Wissenschafterin Marie Curie und wurde für einen «Oscar» nominiert. Anthony Perkins gab 1962 Kafkas Josef K. in Orson Welles' «Der Prozess», Louis de Funès den Rabbi Jacob. Die Französin Dominique Sanda und eine Reihe wunderbarer, meist italienischer Stars adelten 1970 Vittorio de Sicas (und Arthur Cohns) Film «Die Gärten der Finzi-Contini», der während der Judenverfolgungen in Italien spielt. Ein Jahr später gewann der Film alle wichtigen Auszeichnungen, auch den «Oscar». 2008 spielte Tom Cruise überraschend komisch den bärtigen, glatzköpfigen Hollywood-Produzenten Les Grossman (wohl eine Karikatur von Harvey Weinstein). Noch immer ist Vangelis' «Oscar»-gekrönte Melodie aus «Chariots of Fire» von 1981 ein Ohrwurm. In diesem Film verkörperte Ben Cross den jüdischen Cambridge-Studenten Harold Abrahams, der 1924 eine olympische Goldmedaille im 100-Meter-Sprint gewinnt.
Romy Schneider spielte 1973 die Jüdin Anna Kupfer in «Le Train» mit Jean-Louis Trintignant, und 1980 grossartig in diversen Rollen mit Michel Piccoli, der den Juden Max Baumeister verkörperte, im Widersands-Film «Die Spaziergängerin von Sans-Souci». Isabella Rossellini, eine Tochter von Ingrid Bergman und Roberto Rossellini, war 1998 in «Left Luggage» eine wunderbare chassisdisch-orthodoxe Familienmutter in Antwerpen. Im gleichen Film gab Laura Fraser die junge Chaja Silberschmidt und Marianne Sägebrecht sowie der kürzlich verstorbene Maximilian Schhell deren Eltern. Es war nicht das einzige Mal, dass der schweizerisch-österreichische Oscarpreisträger einen Juden spielte. Er gab 1981 den Professor David Malter in «The Chosen» nach Chaim Potoks Roman, zusammen mit Rod Steiger als Reb Saunders. Unvergessen bleibt Rod Steiger auch als verbitterter Holocaust-Überlebender in «Der Pfandleiher» (1964). Kurz vor seinem frühen Tod verkörperte der wunderbare Ulrich Mühe den Profesor Adolf Grünbaum, der aus dem Konzentrationslager genolt wird, um Hitler in Dani Levys sonst eher merkwürdigem Film «Mein Führer» Sprechuntrrricht zu erteilen.
Bereits 1946 war Hildegard Knef eine KZ-Überlebende in Berlin in Wolfgang Saudtes «Die Mörder sind unter uns». Im gleichen Jahr gewann Leopold Lindtbergs «Die letzte Chance» den «Golden Globe» als bester ausländischer Film, und 1961 verfilmte Markus Imhoof Alfred Häsler Buch «Das Boot ist voll» mit Tina Engel als Flüchtlingsfrau. Im gleichen Jahr wurde Leon Uris' Roman «Mila 18» über den Warschauaer Ghetto-Aufstand mit Hank Azana als Mordechai Anielewicz verfilmt.
Barbara Sukova glänzte als «Hannah Arendt» (2012) und «Rosa Luxemburg» (1986). Lange vor ihr brillierte die wunderschöne brünette Elizabeth Taylor 1952 in «Ivanhoe» als mediznkundige Jüdin Rebecca, sieben Jahre, bevor sie nach dem Unfalltod ihres jüdischen Ehemanns Mike Todd zum Judentum übertrat. Die ebenso wunderschöne blonde Catherine Deneuve versteckte in «Le Dernier Métro», der während der deutschen Besatzung von Paris spielt, ihren deutsch-jüdischen Ehemann Lucas Steiner (Heinz Bennent) im Keller ihres Theaters und leistet Résistance durch Kultur. «Das Tagebuch der Anne Frank» inspiriert bis heute Film- und Fernsehprojekte. 1959 spielte Millie Perkins das jüdische Mädchen. 1980 war es Melissa Gilbert. Ihre Eltern stellten damals Joan Plowright und - wiederum - Maximilian Schell dar. Die grosse Vanessa Redgrave, die in Israel wegen Israel-Kritik nicht gern gesehen wird, spielte 1980 eine grosse Rolle nach einem Drehbuch von Arthur Miller in «Playing for Time» als die Sängerin und Pianistin Fania Fenelon, die in Auschwitz nur überleben konnte, weil sie dem Frauenorchester zugeteilt wurde.
Den Nazis ein Schnippchen zu schlagen war ein wichtiges Filmthema. 1942 drehte der grossartig doppelbödige Ernst Lubitsch «To be or not to be», die Geschichte einer jüdischen Theatertruppe in Warschau, der dies umwerfend gelingt. Carole Lombard, Frau von Clark Gable, gab darin die Diva Maria Tura. 1960 spielte der junge Italo-Amerikaner Sal Mineo neben Paul Newman in Otto Premingers «Exodus» unvergesslich den jugendlichen Überlebenden Dov Landau, der sich nur noch rächen will. Ben Kingsley war 1993 der Buchhalter Itzhak Stern, der die lebensrettende «Schindlers Liste» erstellte.
Jüngste Filme und ein Ausblick
Auch jüngst gab es Filme, in denen sich Juden gegen die Nazis auflehnten. Der beste James-Bond-Darsteller seit Sean Connery, Daniel Craig, spielte 2008 in «Defiance» Tuvia Bielski, der als Anführer mit seinen Brüdern in den weissrussischen Wäldern kämpfte und dort 1500 Juden versteckte und rettete. Jamie Bell und George MacKay spielten zwei der Brüder (ein weiterer war Liev Schreiber). Die Geschichte ist wahr und wurde durch das Buch «Defiance. The Bielski Partisans» von Nechama Tec bekannt. Craig gehörte bereits 2005 als Steve zu Steven Spielbergs Star-Team in «Munich», der die Rache für den Anschlag auf die israelischen Olympia-Athleten in München thematisierte. In Quentin Tarantinos «Inglorious Basterds» (2009) sammelte Brad Pitt als Leutnant eines jüdisch-amerikanischen Teams im Kampf gegen Nazis deren Scalps und half ein Attentat auf Hitler und die Nazi-Führung zu planen. 2011 begab sich Sean Penn als sonst zurückgezogen in Irland lebender ehemaliger Rockstar in «This must be the place» quer durch die USA auf einen Feldzug, um sich anstelle des eben verstorbenen Vaters, eines Auschwitz-Überlebenden, an dessen Nazi-Peiniger zu rächen.
Nächste Woche, am 13. März, kommt «The Book Thief» (Die Bücherdiebin) in die Schweizer Kinos. Der Film spielt während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland und ist mit internationalen Stars von Oscarpreisträger Geoffrey Rush bis Heike Makatsch besetzt. Die Geschichte handelt vom Mädchen Liesel (die Kanadierin Sophie Nélisse), das lesen lernen muss. Hilfe erhält sie auch vom entkräfteten jüdischen Flüchtling Max, den ihre Pflegeeltern im Keller vor den Nazis verstecken und der vom 24jährigen Amerikaner Ben Schnetzer gespielt wird. Um diese Rolle glaubwürdig zu spielen, musste Schnetzer in wenigen Wochen drastisch an Gewicht verlieren.