Das offizielle Ergebnis liegt noch nicht vor, doch das Wahlgericht hat ihn de facto bereits zum Sieger erklärt. Juan Orlando Hernández habe einen uneinholbaren Vorsprung, sagte der Vorsitzende der Wahlbehörde nach Auszählung von zwei Dritteln der Stimmen. Der Kandidat des rechtsgerichteten Partido Nacional erhielt am vergangenen Sonntag laut amtlichen Angaben 34 Prozent der Stimmen, auf Xiomara Castro, die für die linke Sammelbewegung Libre (Libertad y Refundacíon) antrat, entfielen 29 Prozent. In Honduras wird die Präsidentschaftswahl auch dann im ersten Wahlgang entschieden, wenn keiner der Bewerber das absolute Mehr erreicht: Wer am meisten Stimmen erhält, hat gewonnen.
Die Linke spricht von Wahlbetrug
Castro und ihre Anhänger – allen voran ihr durch einen Staatsstreich gestürzter Ehemann Manuel Zelaya – zweifeln jedoch den Erfolg von Hernández an. Sie sprechen von massivem Wahlbetrug und drohen, „nötigenfalls die Wählerstimmen auf der Strasse zu verteidigen“. Beobachter der Europäischen Union erklärten hingegen, der Urnengang sei – abgesehen von kleineren Unregelmässigkeiten – friedlich, fair und transparent verlaufen.
Aufgrund der Wahlumfragen hegte die Linke berechtigte Hoffnungen, dass ihre Kandidatin im Januar 2014 das konservative Staatsoberhaupt Porfirio Lobo ablösen und damit Zelaya an die Schalthebel der Macht zurückkehren werde. Zelaya, der ursprünglich der Liberalen Partei angehörte, als Präsident dann aber eine von sozialistischen Ideen geprägte Politik verfolgte, wurde im Juni 2009 vom Militär aus dem Amt geputscht und ins Exil verjagt. Wenige Monate später kehrte er überraschend nach Honduras zurück und gründete die Partei Libre, die jetzt bei den Wahlen die stärkste Herausforderin des Partido Nacional war.
Nur ein halbes Comeback für Zelaya
Da die Verfassung ihm eine abermalige Kandidatur für das höchste Staatsamt verbot, schickte der Ex-Präsident seine Ehefrau Xiomara Castro ins Rennen. Sie galt zunächst als Favoritin, büsste im Wahlkampf jedoch stetig Terrain ein gegenüber Hernández und blieb am Wahltag schliesslich deutlich hinter ihm zurück.
Ganz verloren hat Zelaya dennoch nicht. Er und seine Partei müssen sich zwar mit der Oppositionsrolle zufrieden geben. Sie werden aber künftig im Parlament über ein nicht zu unterschätzendes politisches Gewicht verfügen, da Hernández dort im Unterschied zu seinem scheidenden Vorgänger Lobo nicht mehr auf eine absolute Mehrheit zählen kann und folglich nicht um gewisse Zugeständnisse herum kommen wird.
Militär gegen Drogenbanden
Eine zumindest minimale Kompromissbereitschaft drängt sich allein schon deshalb auf, weil ohne sie die gewaltigen Probleme des Landes nicht einmal ansatzweise zu bewältigen sind. Honduras leidet wie kaum ein anderer Staat unter Gewaltexzessen. Drogenbosse und andere Drahtzieher des organisierten Verbrechens terrorisieren das Land. Mit 85,5 Morden pro 100 000 Einwohner weist es weltweit die höchste Rate an gewaltsamen Todesfällen auf.
Herández hat im Wahlkampf hoch und heilig versprochen, die Kriminalität mit aller Härte zu bekämpfen. 5000 Militärpolizisten, so kündigte der 45-jährige Rechtsanwalt und ehemalige Parlamentspräsident an, würden künftig für Ruhe und Ordnung sorgen.
Ob sich auf diese Weise tatsächlich die Hoffnung der Bevölkerung auf ein Leben mit mehr Sicherheit erfüllen lässt, ist fraglich. Erfahrungen in anderen lateinamerikanischen Staaten zeigen, dass es weit umfassenderer Reformen bedarf, um den Teufelskreis von Gewalt und Angst zu durchbrechen. Damit Korruption, Kriminalität und Drogenhandel nicht laufend zunehmen, müssten auch die staatlichen Institutionen gestärkt werden. Durch den Putsch von 2009 ist die Demokratie geschwächt worden, und es wird nicht einfach sein, das damals verlorene Vertrauen der Bürger zurück zu gewinnen.
Mit Arbeit gegen Armut
Wie jeder Anwärter auf das höchste Staatsamt in Lateinamerika gelobte Hernández auch, sich mehr als jeder andere Präsident vor ihm um die Armen zu kümmern. In Honduras müssen heute etwa drei Viertel der 8,5 Millionen Einwohner mit dem absoluten Existenzminimum oder noch weniger auskommen, schlimmer ist es in Lateinamerika nur noch um Haiti bestellt. Viele Familien leben mehr schlecht als recht von der Landwirtschaft, hauptsächlich vom Kaffeeanbau und dem Fang von Krustentieren.
Die Arbeitslosigkeit ist hoch (zuverlässige Daten sind nicht erhältlich) und trifft die jüngere Generation besonders hart. Weil sie keine andere Perspektive sahen, haben sich Jugendliche massenweise in Banden zusammengeschlossen. Diese so genannten „Maras“ terrorisieren teilweise ganze Stadtviertel und werden ihrerseits von der Polizei mit gnadenloser Härte verfolgt.
Hernández hat versprochen, alles daran zu setzen, damit in seinem Land zusätzliche Beschäftigung entsteht und damit die Arbeitslosenrate sinkt. Wie er das konkret bewerkstelligen will, hat er nicht verraten.