Im Weltsicherheitsrat hat Libanon im Namen von 123 Staaten einen Resolutionsentwurf eingebracht, der den Bau israelischer Siedlungen in den besetzten Gebieten als Verletzung des Völkerrechts verurteilt. Im September wollen die Palästinenser einseitig einen eigenen Staat ausrufen und diesen von der Generalversammlung der UNO absegnen lassen.
Der im Weltsicherheitsrat eingebrachte Resolutionsentwurf verurteilt die seit dem Sechstagekrieg von 1967 in den von Israel besetzten Gebieten gebauten Siedlungen als „illegal“. Diese Siedlungen seien eine „grosse Hürde für einen gerechten, dauerhaften und umfassenden Frieden“. Der palästinensische UNO-Botschafter Riyad Mansour gibt sich zuversichtlich, dass 14 der insgesamt 15 Ratsmitglieder für diese Resolution stimmen werden – also auch Frankreich, Grossbritannien und Deutschland.
Unbequeme Lage Obamas
Der Vertreter Palästinas bei der UNO in Genf, Ibrahim Khraish, meinte in einem Gespräch mit Journal21, die USA seien noch unentschlossen. Die Palästinenser seien bei den laufenden Verhandlungen aber zu einigen Textänderungen bereit, sagte er. Khraishi rechnet mit einer Entscheidung um den 10. Februar herum. Brasilien hat dann den Vorsitz im Weltsicherheitsrat. Am 5. Februar wird das „Nahostquartett“ (UNO, EU, USA, Russland) in München zusammentreten, um eine gemeinsame Haltung zu finden.
Die USA werden versuchen, den Resolutionsentwurf vom Tisch zu wischen. Präsident Barack Obama hat dem israelischen Premier Benyamin Netanyahu versprochen, jeden israelkritischen Vorstoss im Sicherheitsrat abzuwehren. Obama ist damit aber in eine unbequeme Lage geraten. Er riskiert einen weiteren Verlust an Glaubwürdigkeit, weil er den Ausbau der israelischen Siedlung in den besetzten Gebieten mehrmals selber als völkerrechtswidrig bezeichnet hat. Der Präsident möchte auch das erste Veto seiner Amtszeit im Weltsicherheitsrat vermeiden.
Die israelische Regierung schert sich gewöhnlich wenig um Beschlüsse der UNO. Sie ist aber zunehmend wegen einer „Entlegalisierung“ des jüdischen Staates beunruhigt, die sie in der abnehmenden Unterstützung ihrer Politik durch die Staatengemeinschaft zu erkennen meint.
Veto des Sicherheitsrates?
Rechtlich stehen die USA und Israel auf dünnem Eis. Die Palästinenser berufen sich auf die IV. Genfer Konvention von 1949 zum Schutz der Zivilbevölkerung in besetzten Gebieten. Diese auch von Israel unterzeichnete Konvention verbietet einer Besatzungsmacht, Teile ihrer eigenen Bevölkerung in besetzten Gebieten anzusiedeln. Israel behauptet, diese Bestimmungen seien hinsichtlich Palästinas nicht anwendbar, weil es dort nie international anerkannte Grenzen gegeben habe. Kein Staat schloss sich dieser Auslegung an.
Palästina hat derzeit bei der UNO nur Beobachterstatus. In jüngster Zeit haben aber ein Dutzend einflussreicher Länder wie Brasilien, Argentinien und Chile Palästina als souveränen Staat anerkannt. Auf der UNO-Generalversammlung würden die Entwicklungsländer, die Gruppe der blockfreien Staaten und die Organisation der Islamischen Konferenz wahrscheinlich die für die Aufnahme eines neuen Staates erforderliche Zweidrittelmehrheit zusammenbekommen. Die entscheidende Hürde ist aber der Sicherheitsrat. Dessen fünf ständige Mitglieder, darunter die USA, können den Beschluss durch ihr Veto umstossen.
An den von Israel in den besetzten Gebieten geschaffenen Tatsachen würde eine formelle Anerkennung Palästinas kaum etwas ändern. Die Palästinenser betrachten die Unterstützung ihrer Forderungen durch die UNO aber als einen symbolischen Akt, der die auf dem internationalen Parkett geschwächte israelische Regierung unter Druck setzen soll.