Mit grosser Detailkenntnis und punktgenauen Fragen beharkten die beiden US-Senatoren, der Demokrat Carl Levin und der Republikaner John McCain, die gelegentlich ins Stottern geratende Führungsriege der Credit Suisse. Diese konterte mit aufgesetztem Musterschülergehabe.
Die alte Leier
CEO Brady Dougan räumte Fehler in der Vergangenheit ein, eine «kleine Anzahl, vielleicht 15 Mitarbeiter der CS» hätten US-Personen bei der Steuerhinterziehung geholfen. Das sei ohne Kenntnis der Vorgesetzten erfolgt und spätestens 2008 eingestellt worden. Sein juristischer Oberaufseher sekundierte, dass die CS keine abspringenden UBS-Kunden übernommen habe und fügte tapfer hinzu: «Wenn wir Fehler machen, übernehmen wir die Verantwortung. Wir haben den Weckruf gehört und die Lektion gelernt.»
Die CS-Riege blieb allerdings die Antwort schuldig, als Senator Levin nachbohrte, welche Sanktionen denn beispielsweise gegen Linienvorgesetzte ergriffen worden seien, die erwiesenermassen Reisespesen abnickten, die bei US-Aufenthalten von CS-Mitarbeitern entstanden, die dort illegal Kunden betreuten.Also die alte Leier: einige wenige Kundenberater hätten entgegen klaren Weisungen über die Stränge geschlagen, das sei bedauerlich, aber ohne Kenntnis der Führung erfolgt und inzwischen abgestellt.
Demontierter Dougan
Der Boss der CS versuchte, mit der Verteidigungslinie zu punkten, dass die CS gerne bereit sei, viel mehr Informationen über US-Kunden zu liefern (was die sicher gerne hören). Aber der US-Senat habe die Zusatzvereinbarung zum Doppelbesteuerungsabkommen noch nicht ratifiziert, also sei das leider nicht möglich. Ausserdem stehe dem das Schweizer Bankgeheimnis entgegen.
Angesichts der Tatsache, dass die USA bislang von eingestandenen mehr als 22'000 US-Kunden bei der CS bislang lediglich Informationen über 328 Kontoverbindungen erhalten haben, trieb Levin Dougan mit der Frage in die Ecke, ob er denn dann wenigstens von der Schweizer Regierung verlangt habe, weitere Informationen ausliefern zu dürfen. Nach einigem Drehen und winden behauptete Dougan dann tapfer: Ja, das habe er. Immerhin unter Eid.
Senator McCain landete auch einen hübschen Treffer, als er fragte, wie es die CS erkläre, dass wiederholte interne Untersuchungen kein Fehlverhalten von CS-Mitarbeitern mit US-Kundenkontakt feststellten, während kurz danach mehrere Kundenberater von der US-Staatsanwaltschaft angeklagt wurden. «Das war ein Fehler», musste der Chief Legal Counsel Romeo Cerutti einräumen.
Attacke gegen das eigene Justizministerium
Im zweiten Teil des Hearings ritten die beiden Senatoren eine muntere Attacke gegen die beiden vorgeladenen Vertreter des Department of Justice (DoJ). Sie warfen ihnen Untätigkeit vor. Seit dem Fall UBS sei es lediglich bei der Bank Wegelin gelungen, ein Strafverfahren zum Abschluss zu bringen, bei allen anderen 14 Banken, gegen die seit 2011 Untersuchungen laufen, sei man keinen Schritt weitergekommen.
Als der stellvertretende Generalstaatsanwalt James Cole einwandte, dass das eben schwierig und frustrierend sein, weil viele dieser Banken keine Niederlassung in den USA hätten und sich hinter Schweizer Gesetzen versteckten, zerlegte ihn Levin zu Kleinholz: Gerade Wegelin habe ja keine Niederlassung gehabt, dennoch habe man ein Schuldeingeständnis erzielt, während die Credit Suisse sehr aktiv in den USA tätig ist, und man habe faktisch bislang nichts erreicht.
Dann zitierte Levin die Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf, die nach der Klageerhebung gegen Wegelin gesagt habe, dass sie das überraschte, weil es eine Abmachung mit den US-Behörden gäbe, dass während den Verhandlungen über eine Globallösung keine weiteren Anklagen gebe. Auf Levins Frage, ob das stimme, antwortete Cole: «Nein, das gab es nicht, und mit der Anklage gegen Wegelin machten wir das wohl auch klar.»
«Namen, Namen, Namen»
Zum Abschluss des Hearings machte Levin nochmals klar, welche zukünftige Marschrichtung er durchsetzen will. Es gehe darum, alle Namen der Zehntausenden von US-Steuerhinterziehern mit Schweizer Konten zu erhalten. «You have to fear it out from the banks», Ihr müsst den Banken genügend Furcht einjagen, forderte er von den beiden Justizvertretern, «Ihr müsste endlich alle Eure Karten ausspielen, sonst glaubt man nicht, dass Ihr ein gutes Blatt habt.»
Das Justizministerium habe den richtigen Weg verlassen, der im Fall UBS immerhin zur Auslieferung von rund 4700 Kundennamen geführt habe, und durch entsprechende Angst zu Zehntausenden von Selbstanzeigen, kritisierte Levin.Und dann wurde der reinflussreiche Senator ganz konkret. Wenn gegen eine ausländische Bank, die auch in den USA geschäftet, Zwangsmassnahmen wie eine Vorladung oder der Befehl zur Lieferung von Informationen erlassen werde, dann könne die sich doch nicht hinter Schweizer Gesetzen verstecken.
Durch die Weigerung, einer gerichtlichen US-Aufforderung nachzukommen, riskiere sie den Verlust ihrer Banklizenz in den USA, ein Anruf bei der zuständigen Behörde genüge. Und mit der Zahlung von gewaltigen Bussen sei es auch nicht getan, schloss Levin. Uncle Sam wolle die Namen, alle Namen haben von US-Bürgern, die ihren Steuerpflichten nicht nachgekommen sind. Und nicht erst ab 2009, sondern ab 2001. Das nennt man den Tarif durchgeben.