Der Präsident prahlt mit „seinem“ Afghanistan-Abkommen, das Ende Februar in Doha geschlossen wurde. Es braucht viel Mut, um zu glauben, die radikalislamischen Terroristen wären zu einer fairen Regelung bereit.
Nach der ausländischen „Besatzung“ hätten die Taliban die „religiöse Pflicht“, eine „islamische Regierung“ zu etablieren. So hiess es jüngst auf der offiziellen Website der Taliban, die von der gewöhnlich gut informierten „Voice of America“ (VOA) zitiert wird. Es könne in Afghanistan „keinen anderen Machthaber“ geben ausser dem „legalen Emir“, heisst es weiter. Das wäre Taliban-Chef Mullah Haibatullah Akhundzada.
Zwar versuchte ein Taliban-Sprecher gegenüber der VOA die Zitate auf der eigenen Website zu relativieren. Sie würden nicht die offizielle Haltung der Bewegung repräsentieren, sagte er. Doch dass die Taliban, die 19 Jahre lang für einen islamistischen Staat gekämpft haben, sich den jetzt kurz bevorstehenden Sieg entgehen lassen, ist schwer vorstellbar.
VOA beruft sich auch auf amerikanische Geheimdienstquellen, die sagen, die Taliban hätten „nicht die Absicht“, die in Doha gegebenen Versprechen einzuhalten. Auch die jüngsten Terrorangriffe der Taliban – am Wochenende wurden in der Provinz Tacher 19 afghanische Soldaten getötet – deuten darauf hin, dass die Islamisten das Doha-Abkommen vor allem als Kapitulationspapier der USA betrachten.
Es gibt westliche Beobachter, die glauben, die Taliban würden, wenn wieder an der Macht, „pragmatischer“ werden, weil sie ausländische Hilfe benötigten. Doch man hüte sich zu glauben, am Hindukusch entstehe bald ein demokratisches Staatsgebilde mit westlichen Einflüssen.
Trump hat den Taliban den Sieg leicht gemacht. Im Wahlkampf vor vier Jahren hatte er versprochen, bis Ende 2020 die amerikanischen Truppen abzuziehen. Dieses Versprechen muss er unbedingt einhalten, um den Demokraten nicht Wahlkampfmunition zu liefern. Die Taliban wussten also: Trump ist zu jeder Konzession bereit, er will ein Abkommen um jeden Preis. Und diesen Preis bestimmten die Taliban. Die Konzessionen, die sie in Doha gemacht haben, sind fast schon lächerlich. Wenn sie einmal an der Macht sind, werden sie schnell vergessen sein.
Trump ist kein Aussenpolitiker. Er wurde von Kim Jong-un vorgeführt; er versagt in Venezuela; er schürt die Spannungen im Nahen Osten und stärkt die Hardliner in Iran; er wirft Syrien den Russen vor die Füsse; er „verkauft“ die Uno den Chinesen und den Russen; und er stösst die Europäer vor den Kopf. Er verliert rund um den Globus Freunde und Alliierte und beschädigt mühsam ausgehandelte internationale Abkommen, die zumindest ein bisschen Sicherheit garantierten. Trump fehlt jedes Gespür für internationale Angelegenheiten. Aber ein solches Gespür verlangen seine Anhänger auch gar nicht. Die meisten von ihnen wissen nicht einmal, wo Afghanistan und Syrien liegt. In den Meinungsumfragen schlägt sich seine desaströse Aussenpolitik nicht nieder.