Die Bilder zeigen Offiziere aus mehreren afrikanischen Staaten an improvisierten Tischen im Freien, die ihren Männern blaue Berets aushändigen. Am 1. Juli übergab das französische Expeditionskorps einer „Multidimensionalen integrierten Mission der Vereinten Nationen für die Stabilisierung in Mali“ (Minusma) die Befehlsgewalt. Bis Ende des Jahres soll die Minusma eine Stärke von 11.200 Soldaten und 1440 Polizisten erreichen. Bislang sind erst 6.148 westafrikanische Militärs in Mali eingetroffen. 3.200 französische Soldaten bleiben weiterhin im Land, um die Blauhelme „im Fall schwerer Bedrohungen“ zu unterstützen.
Zum Oberbefehlshaber der Minusma ernannte der Weltsicherheitsrat den ruandischen Generalmajor Jean-Bosco Kazura, dem militärische Erfahrung bescheinigt wird und der bereits die unternationale Friedenstruppe in Darfur kommandierte. Neben afrikanischen Staaten haben Bangladesch, Schweden, Norwegen und China (500 Mann) Kontingente zugesagt. Die UNO-Mitglieder haben auch die Bereitstellung von neun Kampfhelikoptern und neun Truppentransportern versprochen, aber mit der Lieferung dieses unerlässlichen Materials hapert es.
Trotz allem: Wahlen am 28. Juli
Laut der französischen Tageszeitung „Le Monde“ bezeichnen Diplomaten in New York das Unternehmen als eine „verrückte Wette“. Zwar sind die militärischen Strukturen von Al Kaida und anderer Dschihadgruppen im Norden Malis zerschlagen worden, doch viele ihrer Mitglieder sind untergetaucht und sogar in der Hauptstadt Bamako aktiv. Mali ist 30-mal so gross wie die Schweiz und hat 15 Millionen Einwohner. Von einer politischen Stabilität oder gar einer funktionierenden Demokratie ist das strategisch bedeutsame Land weit entfernt.
Die frühere Kolonialmacht Frankreich und der Weltsicherheitsrat haben daher die rasche Abhaltung freier Wahlen zum Schlüssel eines Erfolgs der Friedensbemühungen gemacht. Diese Wahlen wurden auf den 28. Juli angesetzt, obgleich die Voraussetzungen alles andere als ideal sind. Nach den Zahlen den Flüchtlings-Hochkommissariats (UNHCR) sind 175.000 Malier vor den Kämpfen in die Nachbarstaaten geflohen, ohne dort registriert zu sein. Innerhalb von Mali gibt es eine grosse Zahl von Binnenflüchtlingen, über die keine Statistik geführt wird. Die Erstellung von Wählerlisten scheint daher eine schier unmögliche Aufgabe.
Dauerstreit mit den Tuareg
Dennoch bewerben sich bisher 34 Personen um das Präsidentenamt, darunter sogar ein in den USA aufgewachsener Mormone. Die Anmeldefrist läuft am Sonntag aus. Nach Umfragen hat der Führer des „Rassemblement pour le Mali“, Ibrahim Boubacar Keita, die grössten Chancen, gewählt zu werden. Der 68-jährige Absolvent der Pariser Sorbonne war schon malischer Aussen- und Premierminister, unterlag aber bei der Präsidentenwahl 2002. Als ehemaliger Vorsitzender der Sozialistischen Internationale ist er wohl der Favorit der derzeitigen französischen Regierung.
Neben der Schaffung eines Anscheins von Demokratie ist die Beilegung des Dauerstreits zwischen der Regierung und den Tuareg im Norden eine Vorbedingung für die dauerhafte Befriedung des Landes. Am 18. Juni unterzeichneten die malische Regierung und die Tuareg-Rebellen in Wagadugu einen Waffenstillstand. Das durch Vermittlung des Präsidenten von Burkina Faso erzielte Abkommen wurde von UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon als „Verpflichtung der Parteien zur nationalen Wiederversöhnung und zur Lösung von Differenzen durch Dialog“ begrüsst. Die „Nationale Bewegung für die Befreiung von Azawad“ hat ihren Anspruch auf Gründung eines eigenen Tuareg-Staates zumindest vorübergehend aufgegeben, fordert aber weitgehende Sonderrechte. Diese Grundfragen, von malischen Regierungsvertretern als „technische Einzelheiten“ verniedlicht, bleiben ungelöst.
Bemerkenswert ist die Einigkeit der Grossmächte hinsichtlich der Zukunft Malis. Alle 15 Mitglieder des Weltsicherheitsrats stimmten den Resolutionen zu, die den Konflikt beenden und die territoriale Integrität des Staates wiederherstellen sollen. Zweckoptimismus ist Pflicht, doch selbst der für die Friedensoperationen zuständige Untergeneralsekretär der UNO, der Franzose Hervé Ladsous, gibt sich vorsichtig. „Die Minusma wird in einem geopolitischen Kontext und unter asymmetrischen Bedrohungen operieren, mit denen wir keine Erfahrungen haben“, stellte er fest.