Wenige Stunden nach den Raketen- und Bombenangriffen auf syrische Einrichtungen zur Herstellung chemischer Kampfstoffe hat Präsident Trump triumphierend getwittert: «A perfectly executed strike last night … Could not have had a better result. Mission Accomplished!». Typisch Trump, kann man dazu nur sagen: Grossmäulig – und offenbar ohne Ahnung, dass die Formulierung «Mission Accomplished» bei etwas nachdenklicheren Zeitgenossen sofort Erinnerungen an den gleichen voreiligen Spruch seines Vorgängers George W. Bush wachruft.
Bush hatte im Mai 2003, zwei Monate nach dem Einmarsch amerikanischer Truppen im Irak, eine grosse Fernsehshow auf einem amerikanischen Kriegsschiff inszeniert, in der er der Nation und der Welt ebenfalls verkündet hatte: «Mission Accomplished!». Jene Botschaft ist seither zu einem Musterbeispiel grosssprecherischer Aufgeblasenheit geworden, die mit der realen Entwicklung des unseligen, mit falschen Begründungen vom Zaun gerissenen Irak-Abenteuers so gut wie gar nichts zu tun hatte.
Gut möglich, dass dem twittersüchtigen Trump diese unvorteilhafte Analogie gar nicht bewusst war. Wie man von andern Beispielen weiss, lässt sich Trump bei seinem täglichen Twittergeschäft von keinem Berater in seine Formulierungskünste hineinreden.
Doch unabhängig von dieser sprachlichen Instinktlosigkeit, die ja bei diesem Präsidenten durchaus nicht überrascht – war die Entscheidung zu dem amerikanisch-britisch-französischen Militärschlag gegen die chemischen Anlagen des Asad-Regimes trotzdem richtig? Die Antwort lautet nach Ansicht des Schreibenden Jein. Auf den erneuten Giftgas-Einsatz von mutmasslich syrischen Regierungskräften vom 7. April in Duma unweit von Damaskus sollte von Seiten westlicher Länder eine erkennbare Vergeltungsaktion lanciert werden.
Schliesslich hatte das Asad-Regime schon ein Jahr zuvor im nordsyrischen Dorf Khan Sheikhun wiederum Giftgas gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt, was von unabhängigen Uno-Experten bestätigt worden ist. Und dies obwohl die Regierung Asad 2013 auf Druck Washingtons hoch und heilig versprochen hatte, alle seine chemischen Kampfstoffe zur Vernichtung abzuliefern. Würde der Westen auf die jüngste Giftstoff-Attacke nicht reagieren, würde er in weiten Teilen der Weltöffentlichkeit vollends zum zahnlosen Papiertiger.
Nur, weshalb konnten Washington, London und Paris nicht ein paar Tage zuwarten, bis ein offizieller Bericht der Fachleute der in Den Haag domizilierten OPCW (Organisation für die Nichtverbreitung von chemischen Waffen) vorliegen würde? Diese Experten befanden sich am vergangenen Wochenende offenbar bereits in Syrien. Eine Bestätigung seitens dieser Experten, dass in Duma am 7. April tatsächlich chemische Kampfstoffe eingesetzt wurden, und zwar von Seiten der Asad-Kräfte, hätte wohl manche Zweifler von der Richtigkeit von Trumps, Mays und Macrons Strafaktion überzeugt.
Gewiss, die Hard-core-Verharmloser von Putin und seines Schützlings Asad, die alle Schuld und alles Böse an der syrischen Tragödie mit pawlowschem Reflex immer und unfehlbar «dem Westen» zuschieben, würden sich auch von einer neuen OPCW-Analyse nicht in ihrer Feinbildfixierung beirren lassen. Doch es gibt auch Skeptiker, die nicht ideologisch verbohrt sind. Sie sind der Ansicht, dass man mit militärischen oder anderen Vergeltungsmassnahmen ruhig ein paar Tage zuwarten könnte, bis der Öffentlichkeit eindeutige Beweise durch anerkannt unabhängige Instanzen wie die OPCW-Fachleute vorliegen. Diese Meinung haben am Wochenende übrigens auch die Bundesräte Parmelin und Cassis zum Ausdruck gebracht.
Trump wird sich von solchen Bedenken natürlich nicht erschüttern lassen. Aber man kann sich gut vorstellen, dass ihm bei der nächsten Zuspitzung des syrischen Dramas seine vollmundige «Mission Accomplished»-Rhetorik ähnlich kritisch-ironisch vorgehalten wird wie seinem republikanischen Vorgänger Bush junior. Aber auch die vage Hoffnung ist nicht ganz auszuschliessen, dass durch die alliierten Luftangriffe auf Asads Chemie-Einrichtungen doch noch ernsthafte Verhandlungen zur Entschärfung der syrischen Tragödie angestossen werden. Dann könnte man Trumps Twitter-Sprüchen für einmal sogar zustimmen.