Der rührige Kollege Lukas Hässig nimmt im «Tages-Anzeiger» einen etwas speziellen Fall auf. Laut seinem Artikel weigert sich die Zürcher Staatsbank, einem Kunden sein Guthaben auszuhändigen.
Zwei gute Sinnsprüche
Es fallen einem zunächst einmal zwei gute Sätze ein. Der erste lautet: "Der Standortvorteil Schweizer Banken ist zunächst, dass der Kunde eine gewisse Chance hat, sein Geld auch wieder zurückzubekommen." Und der zweite: "Ich erinnere mich noch an die Zeiten, als die Gangster vor den Bankschaltern standen." - Beide Sätze haben natürlich überhaupt nichts mit der ZKB und diesem aktuellen Fall zu tun, sie fallen einem halt spontan ein.
Es geht im aktuellen Fall offenbar darum, dass der Kontoinhaber sowohl die israelische wie auch eine kanadische Staatsbürgerschaft besitzt, dazu bis 2009 auch eine Niederlassungsbewilligung in den USA hatte, die sogenannte «Green Card». Er wurde, laut im Artikel zitierter Anklageschrift, 2009 von den USA beschuldigt, unter anderem über eine Tarngesellschaft in Panama, diverse Konten bei der UBS unterhalten zu haben. Im gleichen Jahr verliess er die USA und eröffnete mehrere Konten bei der ZKB, auf denen sich im Herbst 2013 insgesamt 650'000 Franken befanden.
Geld her – oder nicht
Als der offenbar auch auf Betreiben der USA mit einem Haftbefehl von Interpol gesuchte ZKB-Kunde letztes Jahr die Saldierung seiner Konten verlangte, weigerte sich die ZKB, das Geld zu überweisen. Laut der vom Kunden eingereichten Strafanzeige stellte sich die Bank auf den Standpunkt, dass der Kontenbesitzer zuerst nachweisen müsse, dass diese Gelder nicht aus seiner Zeit in den USA stammten und dort allenfalls eine Steuerpflicht auslösen würden.
Laut seiner Strafanzeige führte er diesen Beweis und liess von seinem US-Steuerberater bezeugen, dass er seit 2009 nicht mehr in den USA steuerpflichtig sei und diese Gelder nachher verdient wurden. Die ZKB soll dagegen unter andrem auf einer auf Kosten des Kunden beizubringenden Bestätigung durch einen US-Steueranwalt bestehen. Die ZKB äussert sich unter Verweis auf das Bankkundengeheimnis nicht zur Angelegenheit.
Plausible Mutmassungen
Es ist für Aussenstehende nicht ersichtlich, ob dieses blockierte Geld in irgendeiner Form steuerliche Folgen in den USA auslösen könnte oder nicht. Es ist aber für jeden Beobachter sonnenklar, dass nach aktuell gültigen Gesetzen in der Schweiz nur der Verdacht auf Geldwäsche oder auf eine kriminelle, allenfalls terroristische Herkunft des Geldes eine Schweizer Bank unter Autorisierung der zuständigen Schweizer Behörden dazu berechtigen könnte, Kundengeld zu blockieren.
Es ist zudem bekannt, dass die ZKB zu den rund 15 Schweizer Banken gehört, die bereits in Rechtshändel in Sachen Beihilfe zur Steuerhinterziehung mit den USA verwickelt sind und ihr eine schmerzliche Busse in Multimillionenhöhe droht. Hinter den Kulissen ist die ZKB, wie unter anderem die Credit Suisse auch, mit Hochdruck daran, mit der US-Wildwestjustiz einen dort üblichen Deal abzuschliessen. Dadurch entgeht man einer Anklage gegen die Bank selbst, die ihr Todesurteil wäre, vermeidet einen Prozess, zahlt eine Riesenbusse und liefert Informationen über US-Steuerpflichtige aus, die auf das Schweizer Bankgeheimnis vertrauten.
Es ist nun eine plausible Vermutung, dass die ZKB in diesem garstigen Umfeld schön Wetter bei den US-Behörden machen möchte, was man hierzulande Landschaftspflege nennt. Trifft das zu, wäre es ein weiterer Skandal. Denn wo kommen wir hin, wenn eine Bank einen glasklaren Saldierungsauftrag nicht ausführt? Wenn nicht erkennbar ist, mit welchem Recht und in wessen Namen sie dieses Geld zurückhält? Warum sie die Grundlage jeder Bankbeziehung infrage stellt: Der Kunde vertraut darauf, dass er über sein Geld nach seinem Gutdünken verfügen kann.
Die Staatsbank
Die ZKB ist nicht irgendeine Bank, sondern die Zürcher Staatsbank. Ihre Aufsichtsbehörde ist letztlich der Zürcher Kantonsrat, und für ihr Tun und Lassen haftet via Staatsgarantie der Zürcher Steuerzahler. Vom bereits eingetretenen Imageschaden ganz zu schweigen, dass eine Staatsbank, deren Zweckbestimmung die Förderung der Zürcher Wirtschaft ist, sich überhaupt in Geschäfte mit US-Steuerpflichtigen eingelassen hat.
Ihre direkte Aufsicht, der Bankrat, ist ein mit Parteienproporz zusammengesetzter Frühstücksverein, der in erster Linie zur Ablagerung verdienter Parteimitglieder dient, denen ein nettes Nebeneinkommen zugehalten wird. Sie sahen schon keinen Handlungsbedarf, als die Staatsbank im Frühjahr 2013 beschloss, Knall auf Fall jeden Zahlungsverkehr mit Kuba einzustellen. Obwohl der bis heute in jeder beliebigen Währung der Welt, mit Ausnahme US-Dollar, völlig legal ist und von anderen Schweizer Banken weiterhin ausgeführt wird. Landschaftspflege eben.
Haftung des Steuerzahlers
Über diese Verwicklung mit einem Kunden hinaus, der inzwischen eine Strafanzeige wegen Nötigung gegen seine Bank eingereicht hat, stellt sich immer drängender die Frage, ob die Interessensvertretung des Zürcher Steuerzahlers endlich aktiv wird, um weiteren Schaden von seiner Bank abzuwenden.
Die einzig gute Nachricht für ihn ist: Nachdem die ZKB für «systemrelevant» erklärt wurde, haftet für ihr Handeln in letzter Instanz der Schweizer Steuerzahler. Der muss sich zunehmend fragen, ob er wirklich weiterhin darauf vertrauen kann, dass er sein einer Schweizer Bank zur Aufbewahrung übergebenes Geld tatsächlich auf Verlangen auch wieder zurückkriegt. Aber wie werden auch die ZKB-Staatsbanker nicht müde zu wiederholen: Vertrauen ist die wichtigste Grundlage für jede Bank.