Zu den Adjektiven, die sachlich betrachtet, nicht gesteigert werden können, zählen zum Beispiel: voll, leer, schwanger, essbar, tot, lauwarm, mündlich, schriftlich. Allerdings können viele dieser grundsätzlich nicht steigerbaren Eigenschaftswörter relativiert werden, gewissermassen nach unten abgestuft: Also halbtot, halbleer, halbfertig, halb lebendig usw.
Manche sind gleicher als die andern
Werden in einem Text solche nicht steigerbaren Adjektive trotzdem in der Steigerungsform verwendet, verschafft ihnen das unfehlbar einen ironischen oder sarkastischen Beiklang. Das berühmteste Beispiel in dieser Kategorie ist wohl die Aussage in George Orwells Animal Farm: «Alle Tiere sind gleich. Aber manche sind gleicher als die andern.» Auch die in der politischen Rhetorik gelegentlich verwendete Formulierung «Dieses Projekt ist toter als tot» gehört in diese Abteilung.
Öfters aber stösst man in deutschsprachigen Medien auf Sätze wie: «Würde für Wohneigentümer kein Eigenmietwert verrechnet, so wären wir mit unserem Steuersystem mehr als zufrieden.» Oder: «Dieses Ergebnis stösst uns mehr als sauer auf.» Das sind sprachlich fragwürdige Steigerungsformen, weil in diesem Kontext unklar bleibt, was «mehr als zufrieden» und «mehr als sauer» konkret bedeuten soll.
Um solche Fragezeichen zu vermeiden, ersetzt man diese Formulierungen besser durch ein anderes, schärfer konturiertes Adjektiv. Anstelle von «mehr als zufrieden» könnte man einfach «glücklich» einsetzen. Und «mehr als sauer» käme knapper und präziser durch «wütend» zum Ausdruck.
Was ist mehr als Glück?
Vielschichtiger wird’s beim Adjektiv «glücklich». Macht ein Satz wie «Wir sind mehr als glücklich über diese Entscheidung» wirklich Sinn? Auf den ersten Blick nein. Natürlich gibt es verschiedene Abstufungen von glücklichem Befinden. Aber die Formulierung «mehr als glücklich» zielt ja über die Bandbreite des Wortfeldes «glücklich» hinaus. Das ist aber in der Regel nicht gemeint. Also sollte man zur Bekundung intensiven Glücks andere Steigerungsformen benützen wie «sehr glücklich», «überglücklich» oder «hoch beglückt».
Und doch muss die Formulierung «mehr als glücklich», sprachkritisch betrachtet, nicht sinnlos sein. Glück ist, wie man weiss und wie uns die Philosophen bestätigen, meist eine mehr oder weniger flüchtige Grösse. Zwar gibt es die Vorstellung oder Hoffnung von «dauerhaftem Glück», doch ein solcher erstrebenswerter Zustand wird in der Formulierung «mehr als glücklich» nicht zum Ausdruck gebracht.
Höher als den Begriff des Glücks bewerten manche Denker und Religionslehren den Zustand der Sinnhaftigkeit und des Seelenfriedens (englisch peace of mind). Der 1997 verstorbene Wiener Psychoanalytiker Viktor E. Frankl argumentiert in seinem Buch «Im Anfang war der Sinn»: Glück allein sei kein fundamentaler Wert, es gehe um ein Gelingen des Lebens, um Sinn – und das sei «mehr als nur glücklich sein».
Hier soll dazu nur festgehalten werden: Es gibt Ideen und Begriffe, die über die die gängige Vorstellung von Glück hinausweisen. Nur im Zusammenhang mit diesem tieferen philosophischen Verständnis kann man der Formulierung «mehr als glücklich» einen inhaltlichen Sinn zuschreiben.