
Es versteht sich von selbst, dass Donald Trump in New Orleans bei der 59. Super Bowl im American Football nicht fehlen durfte. Doch dabei blieb die erstmalige Teilnahme eines US- Präsidenten an Amerikas grösstem Sportereignis nicht ohne politische Untertöne.
Von Fair Play hat Donald Trump nie viel gehalten. Es überraschte folglich nicht, dass er am Sonntagabend mehr als eine Stunde vor Ende des Finalspiels zwischen den Kansas City Chiefs und den Philadelphia Eagles den Superdome in New Orleans verliess, um früher als geplant die Präsidentenmaschine zu besteigen. Der mutmassliche Grund: Die Chiefs, sein favorisiertes Team, lagen bereits bei Halbzeit gegen die Eagles fast uneinholbar zurück und verloren am Ende mit demütigenden 22:40 Punkten.
Vor dem Spiel, das national mutmasslich über 120 Millionen Menschen vor den Fernseher zog, war für solche Anlässe das übliche patriotische Spektakel über die Bühne gegangen: mit «America the Beautiful», Uniformierte auf Parade, Stars & Stripes und die Nationalhymne, deren Schluss der lokale Sänger Jon Batiste in die Länge ziehen musste, weil der «Flyover» von Jets und Osprey Helikoptern der US-Marine in Angriffsformation zu viel Lärm verursachte. Donald Trump, der es während des Vietnamkriegs dank eines Arztzeugnisses hatte vermeiden können, Dienst leisten zu müssen, salutierte stolz. Weniger patriotisch die Reaktion eines Users auf X: «Ein Flyover über einem überdachten Stadion ist völliger Scheiss.»
«Eine grossartige Person»
Zwar hatte der Präsident im siebenminütigen Interview mit Fox News vor dem Spiel noch gesagt. er hasse es, Partei zu ergreifen, und hoffe, ein gutes Spiel zu sehen. Gleichzeitig aber sagte er voraus, das Team aus Kansas City werde gewinnen, denn es habe «diesen grossen Quarterback, der eine phänomenale Frau habe: ‹Sie ist ein MAGA-Fan … sie ist eine grossartige Person.›» Und bereits vor der Super Bowl hatte Trump den Chiefs zum Erreichen des Finalspiels gratuliert: «Was für ein GROSSARTIGES Team, Coach, Quarterback und nahezu alle anderen, einschliesslich jener fantastischen FANS, die in Rekordzahlen für mich (MAGA) gestimmt haben.»
Donald Trump hatte mutmasslich nicht vergessen und schon gar nicht verziehen, dass sich 2018 in seiner ersten Amtszeit etliche Spieler der Philadelphia Eagles weigerten, nach ihrem ersten Sieg in der Super Bowl seiner Einladung ins Weisse Haus Folge zu leisten. Sie unterstützen Colin Kaepernick, den Quarterback der San Francisco 49ers, der zwei Jahre zuvor begonnen hatte, während der Nationalhymne auf ein Knie zu gehen, um gegen Polizeibrutalität und Rassenungleichheit zu protestieren.
«Raus! Er ist gefeuert!»
Trotz seiner unbestrittenen Qualitäten erhielt Kaepernick in der Folge von keinem der 32 Profi-Teams der National Football League (NFL) eine akzeptable Vertragsofferte mehr. Bei Trump stiess die Geste des Niederkniens, die damals auch andere schwarze Athleten übernahmen, auf heftigste Kritik: «Nehmt diesen Hurensohn vom Feld. Raus! Er ist gefeuert!»
Aus Rücksicht auf das fragile Ego des Präsidenten, dem bekanntlich jeglicher Rassismus fremd ist, hatte die NFL auch angeordnet, im Stadion in New Orleans den Schriftzug «End Racism» in einer Endzone des Spielfelds zu entfernen und durch den Slogan «Choose Love» zu ersetzen. Dies in Erinnerung an diverse nationale Tragödien seit Jahresbeginn, unter ihnen der Anschlag in New Orleans, der am Neujahrstag 14 Menschen tötete und Dutzende mehr verwundete.
Vorauseilender Gehorsam
Alvin Tillery, Politologieprofessor der Northwestern University, nennt den Entscheid der NFL «schändlich». Dies nicht zuletzt angesichts des Umstands, dass die Football-Liga «Dutzende Milliarden Dollar weitgehend auf Kosten der Körper von schwarzen Athleten verdient». Tillery meint auch, die NFL habe in einem Akt vorauseilenden Gehorsams den Slogan «End Racism» entfernt, um Donald Trump nicht zu verärgern. Wohl kein Zufall, dass einige Besitzer von NFL-Teams Donald Trump im Wahlkampf 2024 unterstützt haben.
Auch wenn sein Lieblingsteam verlor, bereitete dem Präsidenten doch Freude, dass im Superdome ein Teil des Publikums, Fans der Philadelphia Eagles, Taylor Swift ausbuhten, als sie kurz auf dem Jumbotron des Stadions zu sehen war, während etliche in der Menge Trump zujubelten. Die weltweit bekannte Pop-Sängerin ist mit Travis Kelce, einem Starspieler der Kansas City Chiefs, befreundet.
«Die Welt heilt»
Swift hatte sich vor der Präsidentenwahl 2024 für die demokratische Kandidatin Kamala Harris ausgesprochen. «Trump erhält massiven Applaus, während Taylor Swift ausgebuht wird – die Welt heilt», postete der Präsident während des Spiels auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social. «ICH HASSE TAYLOR SWIFT!», hatte er bereits im vergangenen September verlauten lassen.
Neben American Football war im siebenminütigen Interview auf Fox News auch Politik ein Thema. Unter anderem sprach Moderator Brett Baier den Präsidenten auf Elon Musk an: «Fazit: Sie sagen, Sie trauen ihm.» Trump antwortete, Musk verdiene nichts in seiner Rolle als Chef des neu geschaffenen Ministeriums (DOGE), dessen Aufgabe es ist, den Behörden- und Verwaltungsapparat in Washington DC effizienter zu machen: «Ich wundere mich, dass er Zeit dafür findet. Aber es ist ihm sehr wichtig.»
Diffuse Antworten
Auf die Frage, wann die amerikanische Bevölkerung Erleichterung in Sachen Lebensmittelpreise zu spüren beginne, antwortete der Präsident ausweichend und unverständlich. Ebenso auf die Frage, wie er plane, Amerikas gespaltene Bevölkerung zu versöhnen. In beiden Fällen hakte der Fox-Moderator nicht nach.
Weniger Freude als die MAGA-Anhängerschaft dürfte Donald Trump im Kontext des Fernsehinterviews der Umstand beschert haben, dass das Wochenmagazin «Time» ein mit Photoshop produziertes Titelblatt publizierte, das Elon Musk am Präsidentenpult im Oval Office zeigt. Auf die Frage, ob ihn das Cover störe, antwortete Trump: «Erscheint ‹Time› immer noch? Ich habe das nicht einmal gewusst.» Erst Ende Jahr hatte er dem Magazin noch ein Interview gewährt, weil es ihn zum «Mann des Jahres 2024» gekürt hatte.
«Musk irritiert»
Die Journalistin Kara Swisher, die Elon Musk und die Tech-Branche kennt wie kaum eine zweite, warnt allerdings in einem Interview mit der «New York Times» davor, Gerüchte allzu ernst zu nehmen, wonach sich Trump und Musk demnächst entzweien könnten: «Musk irritiert (den Präsidenten) zweifellos. Gleichzeitig aber liebt Trump Geld. Das ist sein Ein und Alles. Ich glaube, Donald Trump findet ihn nützlich und er nützt Donald Trump auch. Er ist nützlich wie ein Hund auf dem Schrottplatz. Und er hat viel Geld. (…) Er (Trump) hat so eine Bank, der nie das Geld ausgeht.»
Kara Swisher zufolge dürfte die Romanze der beiden männlichen Alpha-Tiere noch etliche Zeit dauern: «Musk könnte sich noch mehr und immer ausgefallenere Dinge leisten. Trump hat ein unerschöpfliches Verständnis für: ‹Oh, hat er was Rassistisches gesagt? Das kümmert mich nicht.›» Musks neustes Projekt? Der Multi-Milliardär will mit einer Gruppe von Investoren für 97,4 Milliarden Dollar das nicht profitorientierte KI-Unternehmen OpenAI, Entwickler des Sprachmodells ChatGPT, kaufen.