Dies melden um 20.00 Uhr die französischen Fernseh- und Radiostationen. Laut einer dritten vom Institut Ipsos-Sopra Steria um 22.00 Uhr publizierten Hochrechnung erhält Macron 23,9 Prozent der Stimmen und Le Pen 21,7 Prozent.
Ipsos führt die Berechnungen für den öffentlich-rechtlichen Fernsehsender France2, Radio France und die Zeitung „Le Monde“ durch. Der Fernsehsender TF1, der sich auf Erhebungen des Instituts Kantar Sofres-OnePoint stützt, errechnet für Macron 23,8 Prozent und für Le Pen 21,7 Prozent.
Im Gegensatz zu ihren Kollegen in Grossbritannien, den USA und im Saarland sind die französischen Meinungsforscher mehr oder weniger richtig gelegen. Seit Tagen sagten sie Macron und Le Pen den Sieg voraus. In einer ersten Reaktion sprach Marine Le Pen von einem „historischen Sieg“. Sie rief die Wählerinnen und Wähler auf, für „einen grossen Wechsel“ zu stimmen, „um das französische Volk zu befreien“.
Für François Fillon („Les Répuclicains“) errechnet Ipsos 20,0 Prozent und für den Linkssozialisten Jean-Luc Mélenchon („La France soumise“) 19,2 Prozent. Völlig abgeschlagen auf dem 5. Platz landet Benoît Hamon, der Kandidat des „Parti socialiste“. Er kommt auf 6,3 Prozent.
Der Aufstieg von Mélenchon ist eine der grossen Überraschungen dieser Wahl. Er vertritt ein radikal linkssozialistisches Programm. Unter anderem will er der EU und Deutschland die Stirn bieten, die 32-Stundenwoche einführen und die 5. Republik grundlegend umbauen und die 6. Republik schaffen. Mélenchon profitierte von der aussichtslosen Kandidatur von Benoît Hamon.
François Fillon hatte Anfang Jahr noch in allen Meinungsumfragen klar geführt. Sein zweideutiges, nicht ganz ehrliches Verhalten im sogenannten Penelope-Gate hat ihm nun den Kopf gekostet - und den Bürgerlichen eine schmachvolle Niederlage bereitet.
Noch nie war eine französische Präsidentschaftswahl so spannend. Da die vier Spitzenkandidaten sehr eng zusammengerückt waren, war der Ausgang des Urnengangs völlig offen. Vor allem deshalb, weil bis kurz vor der Wahl ein Viertel der Wahlberechtigten noch immer zögerten, wem sie die Stimme geben sollten.
Ausnahmezustand
Die Wahlbeteiligung dürfte 77 Prozent betragen. Vor fünf Jahren gingen 79,45 Prozent der Wahlberechtigen an die Urnen.
47 Millionen Französinnen und Franzosen waren wahlberechtigt. Zur Wahl standen zwei Kandidatinnen und neun Kandidaten.
50‘000 Polizisten und 7‘000 Militärangehörige waren mobilisert, um einen gewaltfreien Urnengang zu garantieren. Es war das erste Mal, dass Frankreich während eines Ausnahmezustandes („état d’urgence“) Präsidentschaftswahlen durchführte. Staatspräsident François Hollande hatte den Ausnahmezustand nach den Terroranschlägen in Paris am 13. Dezember 2015 verhängt. Er gilt bis heute. Nach dem Anschlag auf den Champs-Élysées am vergangenen Donnerstagabend war das Sicherheitsdispositiv nochmals verstärkt worden.
Zwischenfall in Besançon
In Besançon war ein Wahllokal aus Angst vor einem terroristischen Anschlag am Sonntagmorgen für eine Zeit lang geschlossen worden. Vor der Schule „Pierre et Marie Curie“ tauchte plötzlich ein schwarzer Peugeot 308 auf und hielt an. Zwei Männer rannten aus dem Auto während der Motor noch lief. Nach Angaben der Zeitung „L'Est Républicain“ wurde im Innern des Wagens ein Gewehr gefunden. Die Behörden gaben später Entwarnung. Bei den beiden Männern handelte es sich offenbar nicht um Terroristen, sondern um „gewöhnliche Kriminelle“.
Nach Meinungsumfragen, die in den letzten Wochen durchgeführt wurden, könnte Emmanuel Macron, ein früherer Wirtschaftsminister, der bis vor zwei Jahren kaum jemand kannte, am 7. Mai das Duell gegen Marine Le Pen klar gewinnen. Bereits haben bürgerliche Persönlichkeiten die Wählerschaft aufgerufen, Emmanuel Macron zu wählen. Zu ihnen gehören Jean-Pierre Raffarin, ein früherer Ministerpräsident und Alain Juppé. Auch der jetzt unterlegene François Fillon erklärte, er werde für Macron stimmen. Da auch die Linke sicher nicht für die rechtsextreme Kandidatin stimmen wird, werden Marine Le Pen nur wenig Chancen eingeräumt, Staatspräsidentin zu werden.
Ihr könnte es ähnlich ergehen wie ihrem Vater Jean-Marie Le Pen. Er hatte es 2002 in die Stichwahl gegen den wenig beliebten Jacques Chirac geschafft. Bürgerliche und Linke rückten damals plötzlich im Kampf gegen die Rechtsextremen zusammen. Chirac wurde mit 82,21 Prozent der Stimmen gewählt.
(J21/hh/TF1/France2/France Info/Le Monde/Libération, RTBF)