In Bahrain sei ein wichtiger Anfang gemacht worden. So und ähnlich wollen amerikanische Kreise den zweitägigen „Workshop“ schönreden, mit dem Jared Kushner, Multimillionär und Schwiegersohn Donald Trumps, den ersten Schritt zur Umsetzung seines „Jahrhundertplans“ für den Nahen Osten machen wollte. „Peace to Prosperity“ – in etwa „Mit Frieden zum Wohlstand“ – lautete der Slogan des Treffens und dies war nur ein Beispiel dafür, dass man mit dem falschen Konzept anzustreben vorgab, was das eigentliche Ziel des seit zwei Jahren mit Vorschuss-Lorbeeren bedachten Plans sein sollte: Nicht Wohlstand nämlich, sondern Frieden.
Arabische Milliarden für Palästina?
Konkret wurde vor allem eins: Mit Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Dollar soll den Palästinensern unter die Arme gegriffen und ihnen ein besseres Leben ermöglicht werden.
Was gut klingen mag, ist in Wirklichkeit aber wohl eher eine nahöstliche Fata Morgana: Geldgeber sollen nämlich in erster Linie reiche arabische Geschäftsleute aus den Staaten der Arabischen Halbinsel sein. Die aber denken gar nicht daran, ihr Geld in Palästina zu investieren. Schon eher allerdings im jüdischen Staat: Bereits vor Jahren löste die Frage nach der Möglichkeit eines Friedens mit Israel bei saudischen Geschäftsleuten ein breites Grinsen aus: „Wir wissen jetzt schon genau, mit wem wir in Tel-Aviv Geschäfte machen werden.“
Einen kleinen Vorgeschmack darauf brachten die zwei Tage in Bahrain: Offizielle Vertreter Israels waren nicht eingeladen, die palästinensische Verwaltung boykottierte das Treffen und aus teilnehmenden arabischen Staaten waren überwiegend kleine Beamte gekommen. Das aber war ganz nach dem Geschmack von Jared Kushner: So sassen Wirtschaftsvertreter arabischer Ölstaaten mit israelischen Geschäftsleuten zusammen und diskutierten mögliche Kooperationen.
Trump streicht Hilfsorganisation das Geld
Wie auf diese Weise 50 Milliarden Dollar zusammenkommen sollen, dürfte keiner der Beteiligten wissen. Erst recht nicht, wie solche Geschäfte letztlich den Palästinensern helfen sollen. Doch nicht etwa, indem künftig noch mehr Palästinenser als bisher in Israel arbeiten können? Dies würde zwar die Arbeitslosigkeit der Palästinenser (heute etwa 30 Prozent) reduzieren, wirklicher Wohlstand entstünde dadurch aber nicht, von Frieden ganz zu schweigen.
Es ist bezeichnend, dass zur selben Zeit, in der in Bahrain über Geschäfte diskutiert wurde, die Uno-Hilfsorganisation für die Palästinenser, UNRWA (United Nations Relief and Works Agency), in New York in einer Wohltätigkeitsveranstaltung 110 Millionen Dollar zusammenbrachte. UNRWA braucht dieses Geld dringend, denn es droht ein Defizit für 2019 in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar. Unter anderem deswegen, weil Donald Trump die jährliche Unterstützung der USA für UNRWA in Höhe von 360 Millionen gestrichen hat. (Die EU ist seitdem mit 121 Millionen pro Jahr Jahr der grösste Geldgeber für die Hilfsorganisation.)
Bläst Netanjahu die Wahlen in Israel ab?
Die Palästinenser sind ohnehin nicht davon zu überzeugen, dass ein gewisser Wohlstand – woher auch immer er kommen mag – sie der Verwirklichung ihrer politischen Ziele näher bringen kann. Kushner scheint dies auch bewusst anzustreben und er zeigte sich unbeeindruckt von der Erklärung des bahrainischen Aussenministers, Ziel jeder Regelung müsse die „Zweistaatenlösung“ sein.
Kushner lässt sich gar nicht erst in Diskussionen darüber verwickeln: Die politischen Fragen seines Friedensplans werde man nach den Wahlen in Israel in Angriff nehmen. Am zweiten Tag des Bahrain-Workshops schienen diese Wahlen (am 17. September) aber plötzlich in Frage gestellt: Ministerpräsident Netanjahu jedenfalls machte öffentliche Andeutungen, dass der (von ihm im Alleingang erzwungene) Urnengang vielleicht abgesagt werde.
Er hatte offenbar die Prognosen überprüft und festgestellt, dass er beim nächsten Mal auch nicht auf eine regierungsfähige Koalition kommen würde. Kaum hatte er dies aber gesagt, da verkündete der ehemalige (Arbeiterpartei-) Ministerpräsident Ehud Barak, er werde mit einer neuen Partei antreten. Diese hat zwar noch keinen Namen, ihr Ziel sei es aber „Netanjahu loszuwerden“.
Bahrain, Kushner und der „Jahrhundertplan“ schienen vergessen. Im Vordergrund standen wieder einmal die Winkelzüge Netanjahus, dem es letztlich darum geht, mit einer klaren Mehrheit regieren zu können und einer gerichtlichen Verfolgung wegen mehrerer Korruptionsklagen zu entgehen. Ein Szenario, das den politischen Alltag Israels auf Monate hinaus bestimmen dürfte. Monate, in denen gar nicht daran zu denken sein dürfte, die politischen Fragen einer Friedensregelung ernsthaft zu diskutieren. Abgesehen davon, dass die international empfohlene Zweistaatenlösung in Israel bisher nicht mehrheitsfähig ist.