Basel war in diesen Tagen ein riesiger Marktplatz der Kunst. Die 45. Ausgabe der Art Basel verwandelte den modernen Messekomplex in ein immenses Kunstmuseum. Und das für nur wenige Tage. Offiziell für vier Tage. Dazu kamen zwei inoffizielle, Kunsthändlern und Sammlern der Weltelite vorbehalten.
Besucher aus aller Welt
Die grosse Kunstschau war einmal mehr spektakulär und vermittelte ein praktisch nahtloses Bild der Kunst und des Kunstmarktes. Etwa 300 international renommierte Galerien aus 34 Länder und fünf Kontinenten stellten Werke von hunderten von Künstlern aus aller Welt aus. Das Angebot reicht von der klassischen Moderne des frühen 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwartskunst. Neben den führenden Galerien Europas fiel die starke Präsenz der Galerien aus den Vereinigten Staaten und aus dem asiatisch-pazifischen Raum auf. Das Programm enthält Malerei, Skulpturen, Zeichnungen, Installationen, Fotografie, Video und Editionen. Art Basel ist ein Marktplatz der besonderen Art, der nach wie vor eine grosse Anziehungskraft ausübt. Für Kunstfreunde auf der ganzen Welt ein Muss, worüber eine kurze Betrachtung der Besucherströme unmittelbar Aufschluss gibt.
Die Galerien bilden das Herzstück der Messe. Sie belegen zwei Stockwerke des Rundhofgebäudes und sind in verschiedene Sektoren gegliedert, was dem Publikum eine bessere Übersicht bietet. Der Sektor „Statements“ ist beispielweise Solopräsentationen reserviert. Für Sammler und Besucher eine erstklassige Plattform um neue Künstler und Galerien zu entdecken. Neun der hier anwesenden 14 Galerien waren zum ersten Mal in Basel vertreten.
Breites Angebot
Zu den Highlights zählen neue, noch nie gezeigte Kreationen. Beim Gang durch das Labyrinth der Stände entdecken die Besucherinnen und Besucher auf Schritt und Tritt die Vielseitigkeit und Buntheit der Kunst, den unvergleichlichen Ideereichtum der Künstler, die in ihren Arbeiten stets Unsichtbares sichtbar zu machen versuchen. Bewundernd entdeckt man Werke der ganz grossen Künstler wie Picasso, Soulage, Giacometti, Sigmar Polke, um nur ein paar Namen zu nennen. Das Schöne, Bleibende und Aussagestarke steht im Vordergrund. Die Wahrnehmung fällt dem Betrachter aber nicht immer leicht in diesem Supermarkt der Kunst. Oft bereitet auch die Sinnsuche Kopfzerbrechen, nämlich wenn die plastische Sprache unlesbar wird und das Abstrakte allzu sehr jede Aussagestärke eingebüsst hat. Nicht alles ist Qualität. Kitsch fehlt nicht. Manche Künstler suchen Erfolg über das Geschmacklose, ja im Vulgären. Eine selektivere Auswahl könnte sich als vorteilhaft erweisen.
Unlimited
Dieses Wort ist seit langem zum Begriff geworden. Der kurze Titel steht in erster Linie für die besonders attraktive Spezialschau in der grossen Halle des neuen Ausstellungskomplexes von Herzog und de Meuron. Er verweist aber auch auf die Bedeutung der insgesamt unbegrenzten Art Basel. Unlimited ist eine einzigartige Ausstellungsplattform. Hier werden Kunstwerke und gigantische Installationen präsentiert, die den Rahmen des traditionellen Messestandes sprengen würden. Den Galerien bietet sich hier jeweils Gelegenheit, grossformatige Skulpturen, übergrosse Wandgemälde, Fotoserien, Performance-Kunst usw zu zeigen. Oft sind es Ausstellungen in der Ausstellung. Film und Video haben in diesem Sektor einen grossen Stellenwert.
Auf einer Fläche von 5000 Quadratmetern zeigen 78 international anerkannte und etablierte Künstler ihre Arbeiten. Die Präsentation wird von dem in New York lebenden Schweizer Kurator Gianni Jetzer (1969) gestaltet. Er war früher u.a. Kurator am Migros Museum für Gegenwartskunst in Zürich und Direktor des Kunstmuseums St Gallen. Auch die diesjährige Schau, eine Attraktion erster Klasse, hat er mit seinem persönlichen Stil und einer verblüffenden Fachkenntnis massgebend geprägt. Unlimited fasziniert wie eh und je und beeindruckt durch ihre eigene Originalität.
Zahlreiche Höhepunkte
14 Rooms
Die Art Basel wurde um eine originelle und spektakuläre Neuerung reicher. Erstmals wurde dem Genre Perfomance ein eigener Pavillon zugewiesen. Die Fondation Beyeler, Art Basel und das Theater Basel präsentieren gemeinsam eine Live-Kunst-Ausstellung. Als Kuratoren zeichnen Klaus Biesenbach und Hans Ulrich Obrist. 14 international renommierte Künstler haben je einen Raum zur Verfügung. Sie befassen sich, jeder auf seine Art mit dem Thema Beziehung zwischen Raum, Zeit und Körperlichkeit, wobei Frauen und Männer einzeln oder in Gruppen für lebendige Ausdrucksformen sorgen. Unter den 14 Künstlern befinden sich berühmte Namen wie Bruce Nauman, Yoko Ono,, Damien Hirst, Xu Zhen um nur diese zu nennen. Die einzelnen Szenen wurden speziell für Basel kreiert. Im sehr modern konzipierten Pavillon sind die 14 Räume auf beiden Seiten eines Mittelgangs angeordnet. Jeder Raum mit einer Spiegeltüre versehen. Das Mysteriöse, das der Arbeit anhaftet, bleibt verborgen und sorgt für Spannung. Pf.
Die meisten Künstler beschäftigen sich mit dem Menschen, der Menschenwürde, der Umwelt, der Natur usw. Gleich beim Eingang besticht das überwältigende und riesige Wandbild von Kara Walker. In Scherenschnittform erzählt die Künstlerin kein Märchen oder zeigt eine folkloristische Geschichte. Vielmehr geht es hier um tragische Geschehnisse. In schlichten Bildern wird die Unterdrückung der schwarzen Amerikaner vor dem Sezessionskrieg deutlich veranschaulicht. Der Weg durch die Halle ist eine regelrechte, 300 Meter lange Kunststrasse. Diese Bodenarbeit „Steel Peneplain“, wurde 1982 von Carl Andres kreiert und von der Konrad Fischer Galerie (Düsseldorf) vorgestellt. Das aus 300 bunten Stahlplatten bestehende, begehbare Werk wurde eigens für die Documenta 7 in Kassel geschaffen. Wie eine Hängematte, überspannt eine riesige Stoffbahn von Sam Fall (Galerie Eva Presenhuber) im Eingangsbereich den Weg.
Zu den Höhepunkten in dieser Halle gehört sicher die Installation von Hanne Darboven „Kinder dieser Welt“ (1990 -1996). Eine bunte Puppen- und Spielzeugschau. Es ist aber noch viel mehr, nämlich ein historisch bedeutsames Werk, nach dem Fall der Mauer entwickelt und erst einmal, 1997 in Stuttgart, gezeigt. Es vermittelt ein Bild des gesellschaftlichen Wandels, wie es sich bereits im Kinderzimmer oder im Schulzimmer abzeichnet. Spektakulär auch der riesige Baumstamm der Länge nach in zwei Teile auseinander geschnitten, auf Lederhäuten ausgebreitet. Ein Teil aus der imposanten Baumserie des Italieners Giuseppe Penone.
Unlimited auchdie Preise
Art Basel ist nicht nur eine Ausstellung, sondern vorerst ein Markt. Die Kunst wird nicht nur gezeigt, sie wird verkauft. Zum Teil zu hohen Preisen. Der Kunstmarkt boomt. Ein Rekord jagt den anderen. Kaum hatte die Art Basel ihre Tore geöffnet herrschte in den Gängen und an den Ständen hektisches Treiben. Schon nach wenigen Minuten konnten erste Rekorde verzeichnet werden. Schon zu Beginn soll zweimal die 100 Mio. Fr. Marke durchbrochen worden sein, wussten Eingeweihte zu berichten. Die Skarstedt Gallery (London/New York) jedenfalls meldete den Verkauf eines Werkes von Andy Warhol aus dem Jahre 1986 zu einem Höchstpreis „Ein Preis im mittleren 30er Bereich“, sagte der Galerist Per Skarstedt lediglich. Für Kenner heisst das über 30 Mio. Dollar. Ein Werk von Georg Baselitz wurde für 3 Mio. Dollar erworben. Am gleichen Stand fanden mehrere weitere Werke in Millionenhöhe Abnehmer. Skarstedt konnte zufrieden feststellen: „Eigentlich könnte ich schon heute wieder verreisen“
Weltrekord für Bacon
Gemäss Angaben der Art Basel wurde auch am ersten VIP-Tag bei White Cube Gallery ein Werk von Damien Hirst, „Nothing is a problem for me“ (1992), 6 Mio. Fr. bezahlt. Bei David Zwirner Gallery hat ein Werk von Jeff Koons für 5 Mio. Dollar einen neuen Besitzer gefunden. Für Arbeiten von Bruce Nauman, Gerhard Richter, Robert Longo, um nur diese zu nennen, wurden ebenfalls Millionen bezahlt. Es soll aber auch nicht unerwähnt bleiben, zahlreiche Aussteller verlassen Basel wieder mit ihrer „Ware“ und wenig Geld. Bei den Käufern handelte es sich vorwiegend um Sammler und Stiftungen.
Das stürmisch Marktgeschehen, das Art Basel auch in Miami und Hongkong feststellen konnte hat den Kunsthandel schon seit längerer Zeit geprägt. Im letzten Jahr haben beispielweise allein bei Auktionen die Erlöse um über 13 Prozent auf 12 Mrd. Dollar zugenommen. Und zu Beginn dieses Jahres wurden sowohl bei Christies als auch bei Sothebys in London und in New York Rekordergebnisse verbucht. Für ein Werk des Briten Francis Bacon wurde in New York für umgerechnet 127 Mio. Fr. versteigert. Ein Weltrekord für Bacon. Und laut Christies hat sich die Dynamik des Marktes in den Monaten des Jahres bestätigt.
Art Basel weltweit präsent
Die Art Basel ist heute nicht mehr eine reine Basler Fachmesse. Nach über 40 Jahren ist diese „Fachmesse“ zu einem regelrechten Multi geworden. Ein weltweit vernetztes Unternehmen, das auf dem internationalen Kunstmarkt, neben den grossen Händlern und Auktionshäusern, zu einer Gruppe herangewachsen, die den Kunsthandel rund um die Welt massgebend prägt und beeinflusst. So gibt es neben Basel zwei ebenfalls bedeutende Niederlassungen. Im Dezember findet jeweils die Art Basel Miami statt und neuerdings im Frühjahr die Art Basel Hongkong. Konkurrenzlos ist Art Basel trotz ihrer führenden starken Stellung nicht. Ein ehemaliges Direktionsmitglied der Art Basel hat beispielweise in Singapur eine eigene Kunstmesse gegründet. Weltweit gibt es dutzende von Kunstmessen. In der Schweiz hat die junge ArtGenève zu Beginn dieses Jahres ihre Première erlebt und sogleich Erfolge verbucht.