Das al-Qasr Hotel in Aden, das den Ministern der Hadi-Regierung in Jemen als provisorischer Wohnsitz diente, wurde am Dienstag früh morgens mit Raketen angegriffen. Die Minister, einschliesslich des Ministerpräsidenten Khaled Bahah, konnten in Sicherheit gebracht werden. Doch 15, nach anderen Quellen 18, Soldaten der VAR verloren ihr Leben.
Ungewisse Lage
Das Hotel brannte zwei Stunden lang. Eine der Raketen hatte den Hoteleingang getroffen. Eine andere sei in dem Bezirk niedergegangen, wo VAR-Soldaten untergebracht sind. Die Behörden von Aden haben die Huthis und ihre Verbündeten aus der jemenitischen Armee für die Tat verantwortlich gemacht. Sie sagten, es habe sich um Katjuscharaketen gehandelt, und die Automobile, von denen aus sie abgeschossen wurden, seien zerstört worden. Wenn dies zutrifft, bedeutet es, dass Südjemen noch immer nicht völlig von den pro-Huthi Kräften gereinigt ist, obwohl dies des öfteren gemeldet worden war.
Am 2. Oktober hatten die Pro-Hadi Kräfte erklärt, sie hätten die Meerenge von Bab al-Mandeb in Besitz genommen, und die Huthis hätten sich nach Mokha, 20 Kilometer weiter im Norden, zurückgezogen. Präsident al-Hadi selbst war nach seiner Regierung für eine kurze Zeit in Aden eingetroffen. Die südjemenitische Hauptstadt, wurde von der al-Hadi Regierung zur provisorischen Hauptstadt Jemens erhoben, solange die Huthis Sanaa beherrschen. Doch al-Hadi scheint sie schon bald wieder verlassen zu haben. Gegenwärtig, so hiess es, halte er sich in Saudi Arabien auf.
AQAP und IS unterirdisch präsent
Die Bewohner von Aden klagen darüber, dass die Sicherheit in ihrer Stadt noch nicht wieder hergestellt sei. Dies wird mit dem Umstand in Zusammenhang gebracht, dass Kämpfer von AQAP (al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel) und wahrscheinlich auch solche von IS, die mit ihnen rivalisieren, vermischt mit den lokalen südjemenitischen Milizen, welche die Houthis bekämpften, nach Aden gekommen sind und dort versteckte Zellen gebildet haben. Dort warten sie ab, bis für sie die Gelegenheit kommt, zuzuschlagen.
Keine Offensive aus dem Maghreb
Die angekündigte Offensive der Pro-Hadi Kräfte, die Anfang September in die Wüste östlich von Mareb eingeflogen wurden und von dort richtung Sanaa oder Richtung Saada hatten vorrücken wollen, ist bisher ausgeblieben. Gründe dafür werden keine genannt. Man kann vermuten, dass der Widerstand der Huthis in einem Gelände, das sie kennen und das sie durch Minen und Explosiv-Fallen für den Abwehrkampf vorbereiten konnten, als zu verlustbringend eingestuft wurde.
Die Soldaten der VAE, die als die Hauptmasse unter den ausländischen Kräften im Einsatz stehen, sind militärpflichtige Vollbürger der Emirate, von denen es nur eine kleine Zahl gibt. Ein jeder von ihnen, der fällt, ist seinen Mitbürgern persönlich bekannt, und grosse Verluste drohen die Unzufriedenheit unter ihren Bekannten und Verwandten zu steigern. Darüber, dass diese Bürger der VAE von der Regierung für eine Kriegsaktion im Ausland eingesetzt wurden, ohne nach der Zustimmung oder Ablehnung ihrer Mitbürger und Familien zu fragen, hatte es schon zu Beginn der Truppenlandungen in Aden Unzufriedenheit unter den betroffenen Familien und Stämmen der VAE gegeben. Todesopfer dürften das Murren rasch anwachsen lassen.
Luftkrieg ohne Infanterie
Während so die Bodenaktionen auf sich warten lassen, dauern die Bombardierungen immer fort und zerstören die Lebensgrundlagen der Jemeniten. Diese sind sich durchaus bewusst, dass die saudischen Luftangriffe auf von den USA gelieferten Waffen beruhen. Soweit dies den Jemeniten der Hauptstadt und der meisten der dicht bewohnten Landesteile nicht ohnehin deutlich ist, sorgt die Propaganda der Huthis dafür, dass ihnen dieser Umstand täglich eingebläut wird. Je länger die Bombardierungen andauern und je zerstörerischer sie sich auswirken, desto besser werden die Chancen der erklärten Feinde "des Westens", sowohl der Huthis unter den Zaiditen, wie auch der AQAP und des IS unter den Sunniten, Zulauf zu gewinnen.
Während die Chancen einer gesamtstaatlichen Organisation Jemens, wie sie in der Theorie die Saudis mit al-Hadi wieder einrichten möchten, weiter abnehmen. Aus diesen Gründen ist es verhängnisvoll, wenn der Luftkrieg andauert, aber der Krieg zu Lande wegen zu grossem Risiko immer weiter vertragt wird.
Die russische Front kommt dazu
Saudi Arabien und Qatar gedenken dem Vernehmen nach auf die russische Präsenz in Syrien zu reagieren, indem sie ihrerseits auch den Einsatz in Syrien erhöhen. Pläne werden geschmiedet, um den syrischen Widerstand mit moderneren Waffen auszurüsten, darunter auch solchen, die gegen angreifende Kriegsflugzeuge eingesetzt werden können, namentlich die sogenannten "Manpads", das heisst, die tragbaren Luftabwehrraketen. Bei solchen Plänen spielt das Vorbild Afghanistans eine Rolle. Im damaligen Abwehrkampf gegen die Sowjetunion, der 1989 mit dem Abzug der Sowjettruppen zu Ende ging, hatten die "Manpads", die den afghanischen Fedayin übergeben wurden, die entscheidende Wendung gebracht.
Damals handelte es sich um frühe Formen dieser Waffen, in erster Linie die amerikanischen "Stinger". Natürlich haben sich die Zeiten geändert, Russland ist nicht die Sowjetunion, und Syrien ist nicht Afghanistan. Doch für Saudi Arabien liegt nahe, sich an den damaligen "Dschihad" zu erinnern. Viele Saudis glauben daran, dass damals die von ihnen geförderten afghanischen Fedayin die Sowjetunion besiegt und ihr Ende beschleunigt hätten.
Engagement an zwei Fronten
Zu den veränderten Zeiten gehört auch, dass Saudi Arabien, falls es sich wirklich entschliesst, seinen Einsatz in Syrien angesichts der russischen Herausforderung weiter zu steigern, diesmal einen Zweifrontenkrieg zu bewältigen hat: in Jemen und in Syrien. Verändert hat sich auch die wirtschaftliche Basis des Königreiches, insofern als der Ölpreis gesunken ist und Saudi Arabien zur Zeit gezwungen ist, von seinen Reserven zu leben. Diese sind zwar gewaltig, man spricht von 700 Mia Dollars. Doch sie werden zur Zeit um rund 70 Mia pro Jahr reduziert. Die Defizite könnten leicht weiter anwachsen, wenn der Zweifrontenkrieg andauert und in Syrien verschärft werden soll.