Viele Namen wurden diesem Krieg angeheftet: Heute wird er mal als Deutsch-Dänischer Krieg, als Zweiter Schleswigscher Krieg oder Zweiter Schleswig-Holsteinischer Krieg, als Dänischer Erbfolgekrieg, als Erster Deutscher Einigungskrieg oder schlicht als Dänischer Krieg bezeichnet. Die Details um die Hintergründe, die zu dem Krieg führten, sind reichlich verwirrend, mehr noch, weil nahezu jeder Beteiligte entweder Friedrich oder Christian hiess.
Zahlreiche, teilweise widersprüchliche Verträge sowie dänischer und vor allem deutscher Nationalismus sorgten für diplomatisches und politisches Chaos, als der König von Dänemark, Friedrich VII., starb. In deutschen Landen grölte ein von nationalistischem Fieber erfasstes Volk: «Wann, wann marschieren wir gen Norden?»
Wann wird auf Holsteins grüne Wiesen,
Das Grab, drin uns’re Ehre ruht,
Ein rächend Sühneopfer fliessen
Des dän’schen Büttels trotzig Blut?
Wann wird durchweht vom Freiheitshauch
Die deutsche Eiche Schleswigs rauschen,
Um ihren Stamm nach deutschem Brauch
Das Volk dem deutschen Liede lauschen?
Christians und Friedrichs
In Dänemark aber wollte Christian von Glücksburg rechtmässig unter denselben Bedingungen wie Friedrich VII. die Nachfolge des Verstorbenen antreten, womit die Herzogtümer Schleswig als dänisches Lehen sowie Holstein und Lauenburg, zwar Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes, aber dänischer Hoheit unterstellt waren.
Plötzlich erklärte sich jedoch unter dem Beifall der deutschen Nationalisten ein Prinz Friedrich von Augustenburg zum Herzog von Schleswig-Holstein. Erklärtes Ziel der deutschen Nationalisten war der Anschluss, wie solches in einer späteren Zeit genannt werden sollte, Schleswig-Holsteins an den Deutschen Bund. Die dänischen Nationalisten hingegen forderten von ihrem neuen König, Christian IX., den dänischen Anspruch auf Schleswig zu verteidigen.
Weil die holsteinischen Stände jede Zusammenarbeit mit der dänischen Krone verweigerten und Deutschnationale offen die Abspaltung Schleswigs und Holsteins forderten, sah Christian IX. die einzige Lösung in einer neuen Verfassung, die Schleswig als integralen Bestandteil des dänischen Staates beschrieb (November 1863). Er berief sich dabei auf den Vater des Prinzen Friedrich von Augustenburg, Christian von Augustenburg, der 1852 auf seinen Anspruch auf Schleswig verzichtet hatte.
Als Dritte mischten Preussen und Österreich in dem Konflikt mit. Beide warnten sowohl den Dänen Christian als auch den Augustenburger Friedrich, sich gefälligst an den Londoner Vertrag von 1852 zu halten. Darin hatten die europäischen Grossmächte Grossbritannien, Frankreich, Österreich, Preussen und Russland die Integrität Dänemarks als «europäische Notwendigkeit und ständiges Prinzip» festgehalten. Dass Dänemark damals – ohne in seinen Besitz zu kommen – die Kontrolle über Schleswig-Holstein erhielt, sollte vor allem sicherstellen, dass der Ostseehafen Kiel nicht in preussische Hände fiel.
Nach dem für seine Verhandlungsweise typischen Kuhhandel gelang es dem preussischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck, von der Bundesversammlung in Frankfurt mit einer Stimme Mehrheit die Zustimmung zu erhalten, gemeinsam mit Österreich in Schleswig zu intervenieren. Als die Dänen wie alle guten Christen damit beschäftigt waren, das Weihnachtsfest vorzubereiten, besetzten die Verbündeten Lauenburg und Holstein (23. Dezember 1863). Nach den Feiertagen, im Januar 1864, stellten Preussen und Österreich Dänemark ein Ultimatum, innerhalb der nächsten 48 Stunden die neue Verfassung aufzuheben. Dänemark liess das Ultimatum unbeantwortet verstreichen.
Der Krieg
Nach Ablauf des Ultimatums, am Morgen des 1. Februar 1864, überschritten österreichische und preussische Truppen unter dem achtzigjährigen Generalfeldmarschall Friedrich Heinrich Ernst Graf von Wrangel ohne Zustimmung des Bundestags die Eider, den Grenzfluss zwischen Holstein und Schleswig. Die Österreicher marschierten von Flensburg nordwärts, während die Preussen langsam ostwärts Richtung Alsensund vorrückten. Die dänische Armee verschanzte sich bei Düppel vor den Toren Sonderburgs.
Dort, bei den Düppeler Schanzen, kam es nach mehrwöchiger Belagerung durch die preussischen Truppen am 18. April zur entscheidenden Schlacht auf dem Weg zur deutschen Einigung, wie man als deutscher Schüler schon im Geschichtsunterricht lernt. Zum ersten Mal waren Krupp-Kanonen eingesetzt worden, deren Trommelfeuer die dänischen Festungsanlagen sturmreif schossen. Nach kurzem Nahkampf waren die Dänen geschlagen. Bis heute gedenken die Dänen an jedem 18. April mit einer Feierstunde auf der Anhöhe der Düppeler Schanzen jener Niederlage, die Dänemark an den Rand der Auflösung brachte.
Nach etlichen weiteren Gefechten, einigen intriganten diplomatischen Vorstössen Napoleons III., nach gescheiterten Waffenstillstandsverhandlungen und dem Vordringen preussischer Verbände bis nach Jütland endete der Krieg im August. 2010 wurde in der privaten Korrespondenz König Christians IX. ein Brief aus dem Jahr 1864 entdeckt, in dem der dänische Monarch dem preussischen König, der diesmal nicht Friedrich, sondern Wilhelm I. hiess, sogar anbietet, dem Deutschen Bund beizutreten. Er hatte gehofft, so die Einheit Dänemarks erhalten zu können. Dies war jedoch abgelehnt worden.
Die Sieger bedienen und bekämpfen sich
Stattdessen übernahmen die beiden Siegermächte die Verwaltung der Herzogtümer. Im Vertrag von Gastein (14. August 1865) erhielt Preussen die Herzogtümer Sachsen-Lauenburg und Schleswig, Holstein fiel an Österreich. Dadurch verkleinerte sich das dänische Herrschaftsgebiet zum zweiten Mal in diesem Jahrhundert. Bereits 1814 hatte das mit Napoleon verbündete Dänemark im Frieden von Kiel Norwegen an Schweden abtreten müssen. Während sich die Österreicher nicht allzu enthusiastisch im fernen Holstein engagierten, erinnerten sich die Hohenzollern in Berlin wieder ihrer alten Abneigung gegenüber den Habsburgern in Wien und steuerten zielbewusst auf einen weiteren Waffengang mit dem ungeliebten Nachbarn zu.
Im Januar 1866 war es endlich soweit. Als Vorwand diente ein Treffen nationalistischer Anhänger des Hauses Augustenburg in Holstein. Wien habe den Vertrag gebrochen. Und schon einen Monat später beschloss der Kronrat in Berlin, Krieg sei unvermeidlich. Schliesslich war es Preussens Mission, Deutschland zu führen, begründete Bismarck das Säbelrasseln. Dieses «natürliche und berechtigte Ziel» habe Österreich blockiert. Im Sommer 1866 brachen die Feindseligkeiten aus, die ebenfalls zahlreiche Namen erhielten: Preussisch-Österreichischer Krieg, Zweiter Deutscher Einigungskrieg, Siebenwöchiger Krieg, Deutscher Bundeskrieg, Deutsch-Deutscher Krieg, Deutsch-Österreichischer Krieg.