Die Manifestationen, die am Freitag vor einer Woche begannen, hatten zunächst etwas Festliches an sich – wenn sie dann auch blutig ausgingen. Eine Woche später, am vergangenen Freitag, war alles anders.
Jetzt platzierten die Demonstranten riesige Mengen Autoreifen nahe der Grenzabsperrung und zündeten sie an. Der Rauch sollte die Sicht der israelischen Scharfschützen behindern und das Tränengas unwirksam machen. Dass diesmal mehr Kampfes- als Feststimmung herrschte, lag an der hohen Zahl der Toten, die die Manifestation vor einer Woche gekostet hatte. Damals sollen 20 Menschen ums Leben gekommen sein; jetzt starben erneut mindestens neun Palästinenser, unter ihnen ein 16-jähriges Mädchen und ein palästinensischer Journalist. Die Zahl der Verwundeten wurde mit 300 angegeben.
Weniger Demonstranten
Die israelische Armee ging gleich vor wie vor einer Woche. Ihr Auftrag war: scharf schiessen, wenn Gefahr besteht, dass die Grenzposten angegriffen und die Absperrungen durchbrochen werden. Dies soll, nach israelischen Angaben, „mehrmals“ versucht worden sein. Vor einer Woche hatten etwa 30’000 bis 40’000 Palästinenser demonstriert; diesmal waren es vermutlich etwa 20’000.
Viel hängt jetzt davon ab, ob die Demonstranten, wie angekündigt, ihre Proteste bis zum 15. Mai durchsetzen können. Gelänge ihnen das, käme es wohl an fünf weiteren Freitagen zu Zusammenstössen. Vorgesehen war, dass die Mobilisierung dazu führt, dass die Zahl der Demonstranten ständig anwächst.
Dauermobilisierung?
Ursprünglich wollten die Demonstranten nicht nur „an jedem Freitag“ demonstrieren. Sie sprachen von einer Dauermobilisierung, bei der bis Mitte Mai an der Grenze Zeltlager aufgeschlagen werden sollten. Dass jetzt die Freitage in den Vordergrund gerückt sind, liegt daran, dass dieser Wochentag in jüngster Zeit den Muslimen in der arabischen Welt immer wieder als Demonstrationstag diente.
Nach dem Freitagsgebet kam es da und dort immer wieder zu Massendemonstrationen. Geplant waren in Gaza dauerhafte Grossdemonstrationen, wie etwa damals auf dem Tahrir-Platz in Kairo. Die jetzigen Manifestationen erinnern aber eher an die Aktionen in Syrien, die vor der Militarisierung des Aufstandes gegen Asad im Frühjahr 2011 stattgefunden hatten. Auch sie fanden, trotzt rücksichtlosem Eingreifen des Regimes, an jedem Freitag statt.
Gegen Hamas
Schon am Freitag vor einer Woche hatte ein Sprecher der israelischen Armee gewarnt, die Armee gedenke nicht, mit den Demonstranten „Pingpong“ zu spielen. Er drohte, gegen die Urheber der Aktion direkt vorzugehen. Als solche haben die Israeli die Hamas ausgemacht – ob zu recht oder zu unrecht bleibe dahingestellt.
Gingen die Israeli direkt gegen Hamas vor, würde das bedeuten, dass israelische Soldaten in den Gaza-Streifen eindringen würden. Dann ginge man von einer blutigen Defensivtaktiv zu einer noch blutigeren Offensivtaktiv über. Im Moment sieht es noch nicht danach aus, dass es so weit kommt.
Die Israeli hoffen, dass ihre Defensivtaktiv die Demonstrationen allmählich abklingen lässt. Doch sollte die Zahl der Demonstranten jeden Freitag weiter wachsen, wird auch die Gefahr einer gefährlichen Eskalation steigen.