Übertrieben optimistisch waren all jene, die der Wiederaufnahme der Atomverhandlungen mit dem Iran im April attestierten, endlich den Ausweg aus der Sackgasse zu weisen. Vertreter der „5 plus 1“ (der ständigen Uno-Sicherheitsratsmitglieder plus Deutschland) waren nach anderthalbjähriger Unterbrechung in Istanbul zusammengetreten, hatten sich dann in Bagdad und Moskau getroffen und nun wieder in Istanbul.
Nur noch niedrige Beamte
Der Rang der Teilnehmer nahm von einem Mal zum nächsten ab – entsprechend der Erwartungen und – vor allem – der Ergebnisse. In der Türkei trafen jetzt nur noch niedrigere Beamte zusammen und ein Termin für ein weiteres Treffen steht nicht fest.
Ausser Spesen also nichts gewesen? Fast noch schlimmer, denn statt die Lage wenigstens etwas zu entspannen, haben die Alarmsignale in letzter Zeit an Intensität zugenommen. Grund dafür dürfte in erster Linie das Inkrafttreten der jüngsten Sanktionsrunde gegen den Iran sein. Vor allem: Washington droht auch befreundeten Staaten mit Strafmassnahmen, wenn diese mit der iranischen Staatsbank zusammenarbeiten oder wenn sie Ölgeschäfte mit dem Iran tätigen.
Teheran verlangt reduzierte Sanktionen
Die EU hatte bereits vor Monaten die Einstellung ihrer – grössenmässig freilich recht unbedeutenden – Ölimporte aus dem Iran angekündigt, Südkorea hat seine Importe angeblich auch reduziert, ebenso China – das aber unbeirrt am Irangeschäft festhält. Jüngstes „Opfer“ der amerikanischen Pressionen wurde Kenia, das sich offenbar bereiterklärte, ein eben abgeschlossenes Lieferabkommen mit Teheran zu annullieren.
Teheran hatte während der bisherigen Atomverhandlungen darauf gedrungen, die Verschärfung der Sanktionen auszusetzen und die bereits angewandten Massnahmen schrittweise zu reduzieren. Chef-Unterhändler Jalili plädierte dafür, den Druck auf Iran zu reduzieren, wenn dieser in der Atomfrage Entgegenkommen zeigen solle.
Iranisches Angebot?
Aus der iranischen Verhandlungsdelegation war zu hören, dass Teheran sich durchaus bereiterklären könnte, die Anreicherung von Uran auf 3,5 Prozent zu begrenzen und bereits auf 20 Prozent angereichertes Uran unter Aufsicht der IAEA (im Iran oder im Ausland) zu stellen. Die „5 plus 1“ Unterhändler wollten von all dem aber nichts wissen. Obwohl seit zehn Jahren bekannt ist, dass der Iran Uran anreichert, obwohl in all den Jahren kein einziger stichhaltiger Beweis dafür gefunden wurde, dass dies der Entwicklung von Atomwaffen dienen soll, und obwohl iranische Politiker bis hin zum „Obersten Führer“, Ali Khamenei, stets versichern, man lehne Atomwaffen ab, bleibt die internationale Gemeinschaft entschlossen, den Iran für etwas zu bestrafen, was er aufgrund des von ihm unterzeichneten Nichtverbreitungsabkommens (NPT) eigentlich tun darf: Uran für friedliche Zwecke anreichern.
Die iranische Seite besteht denn auch darauf, dass die Sanktionen reine Willkürmassnahmen seien, um dem dem Land zu schaden und in den letzten Tagen wird wieder einmal mit dem Säbel gerasselt: Wie schon vor Monaten einmal führt iranisches Militär unweit von der Meerenge von Hormuz ein Manöver durch, bei dem demonstrativ Raketen getestet werden und aus Teheran wird die Warnung erneuert, dass eine Unterbindung der iranischen Ölexporte das Land zur Sperrung der Meerenge von Hormuz führen könnte – durch die der größte Teil der westlichen Ölimporte aus der Arabischen Halbinsel transportiert werden.
Horrorszenario und Realismus
Eine Sperrung von Hormuz – das hatten amerikanische Kreise bereits beim letzten Mal gewarnt – könne zum „casus belli“ werden. Ob es so weit kommt, ist allerdings ungewiss: Die USA haben weiterhin kein Interesse, sich nach Afghanistan und Irak nun im Iran zu engagieren – schon gar nicht vor den Präsidentschafts-Wahlen. Und auch in Teheran dürfte man realistisch genug sein zu wissen, dass der Iran bei einem Zusammenprall wegen einer Seeblockade nur noch weiter in Mitleidenschaft gezogen würde.
Wirklich verhindern kann man solch ein Horrorszenario allerdings nur durch Fortschritte am Verhandlungstisch. Davon aber ist bisher nichts zu sehen