Grundpfeiler einer liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung sind Initiative und Eigenverantwortung der verschiedenen Akteure. Die Väter des Obligationenrechts haben deshalb nicht zufällig das Eigenkapital und den Schutz des Eigenkapitals als tragende Pfeiler der Aktiengesellschaft konzipiert. Wirtschaften mit «eigenem Kapital» ist Ausdruck einer wahrgenommenen Eigenverantwortung und somit ein Bekenntnis zu marktwirtschaftlichen Prinzipien. Das gilt auch für Banken, ganz besonders für systemrelevante Banken.
Die Funktion des "klassischen Eigenkapitals"
Das «klassische Eigenkapital» besteht aus dem Nominalkapital, dem einbezahlten Agio, den gesetzlichen Reserven und den ausschüttbaren Gewinnreserven.
Das «klassische Eigenkapital» ist dasjenige Kapital, welches zur Umsetzung der Unternehmensstrategie zur Verfügung steht und in schwierigen Zeiten auch Verluste absorbieren kann. Es ist also der Grundpfeiler, auf den sich Aktionäre, Kreditgeber, Geschäftspartner und die zivile Gesellschaft verlassen können. Deshalb ist Eigenkapital auch teuer.
Betriebs- resp. bankwirtschaftlich wird die Eigenkapitalausstattung mit der Kennzahl «Eigenkapitalquote» gemessen. Das Verhältnis Eigenkapital zur Bilanzsumme (Gesamtkapital) wird «Eigenkapitalquote» genannt.
Diese alten und bewährten Grundprinzipien waren immer gültig und sind es noch immer. Deshalb verlangen die Banken bei der Kreditvergabe von ihren Kunden, dass sie diese Grundprinzipien einhalten.
Das Drehbuch wird umgeschrieben
In der Periode des unreflektierten neoliberalen Wirkens mutierte Eigenkapital für grosse, international tätige Banken vom Grundpfeiler des soliden Bankgeschäfts zum lästigen Bremser im Wettlauf zu immer höheren Eigenkapitalrenditen. Das wollten die Banker nicht hinnehmen. Denn hohe Eigenkapitalrenditen (Return on Equity/ROE) wurden zur entscheidenden Zielgrösse im Branchenwettbewerb deklariert und beeinflussten so auch Aktienkurse und Boni. Die gültige Formel «je tiefer das Eigenkapital, um so höher der ROE» motivierte die Banker, das Eigenkapital so tief wie nur möglich herunter zu drücken.
Das Drehbuch des Bankmanagements wurde deshalb umgeschrieben. Zum einen löste das «Solvenzdenken» sukzessive das Eigenkapital als Stütze ab. Vor allem aber wurden die Scheinwerfer neu auf das Konzept der Kernkapitalquote gerichtet. Die Solidität einer Bank wurde fortan nicht mehr mit der Eigenkapitalquote gemessen. Für das Eigenkapital blieb, wenn überhaupt, nur noch eine unbedeutende Nebenrolle.
Im Falle der Kernkapitalquote wird das Kernkapital, das kompliziert berechnet werden muss und das nicht mit dem klassischen Eigenkapital verwechselt werden darf, ins Verhältnis zu den risikogewichteten Assets gesetzt. Bei der Risikogewichtung der Aktiven geht es in erster Linie um die Bewertung von Ausfallrisiken.
Das Ausfallrisiko, also die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kunde nicht zurückzahlen kann oder dass ein Vermögenswert wertlos wird will man kennen. Denn der Ausfall einer Forderung (Gegenpartei zahlt Kredit nicht zurück) hat Auswirkungen auf die Liquidität. Das Ausfallrisiko ist somit eng mit dem Ansatz des Solvenzdenkens verknüpft. Die Wahrscheinlichkeiten werden entweder anhand von externen Ratings oder internen Modellen berechnet. In beiden Fällen sind viele Annahmen zu treffen.
Die Logik der risikogewichteten Aktiva ist, dass mit unterschiedlichen Risikogewichtungen die Qualität und die Struktur der Positionen auf der Aktivseite im Allgemeinen und des Kreditportefeuilles im Speziellen beeinflusst werden können.
Die risikogewichteten Aktiva sind immer deutlich tiefer als alle Aktiva (Bilanzsumme) zusammen. Der Grund ist mathematischer Art: Wenn ein Aktivum von 100 eine berechnete Ausfallwahrscheinlichkeit von 20% hat, dann erscheint dieses Aktivum mit 20 als risikogewichtetes Aktivum. Und wenn das Kernkapital ins Verhältnis zu den risikogewichteten Assets gesetzt wird, dann kommt, wieder rein mathematisch bedingt, eine Kernkapitalquote heraus, die höher ist als die Eigenkapitalquote. Jede Ratio von Kernkapital zu risikogewichteten Aktiven ist höher als die «klassische Eigenkapitalquote», die das Eigenkapital ins Verhältnis zur gesamten Bilanzsumme setzt.
Ein fiktives Fundament
Mit dem Konzept der risikogewichteten Aktiva berechnet sich eine Bank nur ein fiktives Fundament. Der Rollentausch von der Eigenkapitalquote zur Kernkapitalquote ist deshalb gefährlich. Beim Konzept der Kernkapitalquote setzt man auf die Wahrscheinlichkeit, dass etwas nicht eintritt. Das Konzept der Eigenkapitalquote hingegen bietet Sicherheit für den Fall, dass etwas eintritt.
Bei der Beurteilung der Funktion und des Nutzens der Kernkapitalquote wird leider nicht beachtet, dass die Einschätzung der mit den Assets verbundenen Risiken ein Management-Instrument ist (Konzept). Für das Management der Assets ist es durchaus tauglich und notwendig, die mit diesen verbundenen Risiken zu kennen und zu beurteilen.
Aber ein Managementkonzept kann nie die Funktion eines Grundpfeilers (Kapitalgrundlage), auf dem ein Unternehmen solide aufgebaut werden kann, übernehmen. Dank, und nur Dank der Ausstattung mit ausreichendem klassischem Eigenkapital ist ein Unternehmen «in der Verfassung», seine Ziele in Eigenverantwortung zu verfolgen. Dem Eigenkapital kommt demnach auf der finanzwirtschaftlichen Ebene die Bedeutung einer Verfassungsnorm zu. Aus der Verfassung (Wirtschafts- und Finanzverfassung) leiten sich dann in Form von Gesetzen und Regulierungen Konzepte ab. Genau so steht das Eigenkapital auf der obersten Hierarchiestufe und bildet die Basis, aus der sich dann die Konzepte für das Bankmanagement ableiten.
Kernkapital ist nicht klassisches Eigenkapital
Das Konzept der Kernkapitalquote ist finanzwirtschaftlich auf Stufe Gesetz/Regulierung angesiedelt, nicht aber auf der übergeordneten Ebene. Die Krux der Bankenregulierung liegt nun darin, dass dem Konzept der Kernkapitalquote eine übergeordnete Bedeutung zugesprochen wird. Die Kernkapitalquote kann aber nie und nimmer diese Verantwortung übernehmen. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass die Anforderungen an die Kernkapitalquote nach der Finanzmarktkrise nun deutlich erhöht werden sollen.
Das spiegelt sich deutlich im Regulierungsdschungel, von dem die Kernkapitalquote umzingelt ist. Würde diese die Funktionen einer übergeordneten Norm erfüllen können, bräuchte sie diese detaillierten und komplexen Regulierungen mit hohem Kontrollaufwand nicht. Was Eigenkapital, bestehend aus dem Nominalkapital, dem einbezahlten Agio, den gesetzliche Reserven und den ausschüttbaren Gewinnreserven ist, ist klar. Hier braucht es keinen Regulierungswettlauf und es sind keine Interpretationen notwendig. Zudem entsteht bei veränderten Rahmenbedingungen kein unmittelbarer Anpassungsbedarf.
Deshalb bleibt das Konzept der Kernkapitalquote auch untauglich, um die «Too Big to Fail Problematik» zu lösen.
Auch ein Pfahlbauerndorf steht auf Grundpfeilern
Was passieren kann und wird, wenn eine Gesellschaft ihre Grundpfeiler schwächt, illustriert die folgende Begebenheit aus einem Pfahlbauerndorf: Die Häuptlinge liessen, gegen die Warnung der Dorfältesten, die meisten Grundstützen ihres Dorfes entfernen. Sie taten dies, weil sie glaubten, dass ihr Dorf trotzdem halten würde. Sie glaubten dies, weil sie annahmen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass jemals alle Bewohner gleichzeitig im Dorf seien, gering sei. Die gewichtete Benutzerrate, ein fiktives Fundament also, wurde zur übergeordneten Überlegung bezüglich Stabilität und Sicherheit des Dorfes.
Und als trotzdem einmal alle Einwohner im Dorf waren und just zu dieser Zeit stürmisches Wetter hohe Wellen verursachte, krachte das Dorf zusammen. Die wenigen verbliebenen Stützpfeiler konnten dem Druck nicht standhalten. Wenig tröstlich war für die vielen schwer verletzten Pfahlbauer die Begründung der Häuptlinge, dass mit dieser einmaligen Konstellation wirklich nicht zu rechnen war.
Der gute Name des Eigenkapitals wird für andere Inhalte missbraucht
Bestehendes Eigenkapital wird vom Gesetzgeber speziell geschützt. Dazu gehören z.B. das Verbot verdeckter Gewinnausschüttungen oder das Verbot der Ausschüttung einer Dividende, wenn kein verwendbares Eigenkapital vorhanden ist oder die zwingenden Sanierungsmassnahmen, wenn die Hälfte des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven nicht mehr gedeckt sind (OR 725). Oft geht im Rahmen der Analyse der Ursachen der Finanzkrise vergessen, dass OR 725, also die Sanierungspflicht bei hälftigem Kapitalverlust, für Banken im Jahre 2003 ausser Kraft gesetzt worden ist.
Schutzlos ist aber der Begriff des Eigenkapitals. Das Eigenkapital musste nicht nur einen Rollentausch akzeptieren, es musste auch mit ansehen, wie sein Name, der für Solidität und Eigenverantwortung steht, für andere Inhalte missbraucht wird.
Neu wird oft als «Eigenkapital» verkauft, was nicht Eigenkapital ist. Kernkapital oder Eigenmittel sind z.B. nicht gleich Eigenkapital. Und selbst wenn die Sachverhalte richtig dargestellt werden entsteht oft der Wahrnehmungsirrtum, die Eigenkapitalsituation sei deutlich verbessert worden. In der Wahrnehmung nach aussen ist der Eindruck entstanden, die Eigenkapitalsituation sei jetzt geregelt, in sicheren Gewässern. Davon ist man aber weit entfernt. Es wird erstaunlich wenig unternommen, um diesen Wahrnehmungsirrtum aufzuklären.
Offenbar will man den guten Ruf des «klassischen Eigenkapitals» auch für das Konzept der Kernkapitalquote nutzen. Die Regisseure vermarkten heute die neue Hauptdarstellerin «Kernkapitalquote», in dem sie diese in der Rolle des Eigenkapitals auftreten lassen. Nur gut informierte Theaterfreunde merken den Rollentausch. Die breite Bevölkerung, auch Fachleute, vor allem aber Politiker und Politikerinnen bemerken es nicht. Eigentlich müssten sie es jedoch an der Sprache der Schauspieler merken. Diese ist so kompliziert geworden, dass sich die Schauspieler sprachlich immer wieder verhaspeln, einmal sprechen sie von Eigenkapital, einmal von Eigenmitteln, usw. Die klare Sprache des echten Eigenkapitals kennt diese Probleme nicht.
Obwohl der mit der Kernkapitalquote verbundene Begriff der Eigenmittel die Reputation des Eigenkapitals unter Verletzung der Urheberrechte immer stärker für sich beansprucht, verschwindet die Eigenkapitalquote nicht vom Erdboden. Deshalb musste für sie ein neuer Fachterminus gefunden werden. Die Eigenkapitalquote tritt nun in der Finanzbranche unter dem neuen Künstlernamen «Leverage Ratio» auf und wird im Programm wie ein neu erfundener zusätzlicher Akteur angepriesen. Dabei wird sorgsam darauf geachtet, dass der neue Akteur nicht plötzlich doch zu stark ins Zentrum des Spiels rückt.
Beunruhigende Aussage im «Too Big to Fail-Bericht»
Wenn gemäss «Too Big to Fail Bericht» die Eigenmittel bis zu 19% (bestehend aus einer Basisanforderung, einem Puffer und einer progressiven Komponente) der risikogewichteten Aktiva steigen können, ist dies eine Entwicklung in die richtige Richtung, mit der Eigenkapitalquote hat es aber wenig zu tun.
Ebenso wenig entspricht die «FINMA Leverage Ratio» der Eigenkapitalquote. Aus dem «Too Big to Fail» Bericht geht nicht klar hervor, ob mit der «Leverage Ratio» die klassische echte Eigenkapitalquote oder die «FINMA Leverage Ratio» gemeint ist. Einmal wird vom Verschuldungsgrad gesprochen, was auf die «klassische Eigenkapitalquote» hindeutet, ein anderes Mal aber von Verhältnis der Eigenmittel zur Bilanzsumme, was aufgrund des verwendeten Begriffs Eigenmittel auf die «FINMA Leverage Ratio» hinweist.
Was auch immer gemeint ist, weder Eigenkapitalquote noch die «FINMA Leverage Ratio» werden im Bericht als Kernmassnahmen eingestuft. Der Bericht anerkennt zwar, dass zur Ergänzung der risikogewichteten Eigenmittelvorschriften eine «Leverage Ratio» als Sicherheitsnetz notwenig ist, welches vor den Auswirkungen möglicher Mängel der risikogewichteten Vorschriften schützen soll. Allerdings, so der Bericht, sei es noch zu früh eine «Leverage Ratio» festzulegen. Lediglich Umsetzungsgrundsätze werden beschrieben, und diese beunruhigen sehr.
Im Klartext: Die Eigenkapitalquote soll tief bleiben
Im Bericht über die Problematik des "Too Big to Fail"" zuhanden des Bundesrates heisst es:«Beim Status quo der Grossbanken impliziert die vorgeschlagene Kalibrierung insgesamt eine Leverage Ratio von gut 5% auf Basis des Total Capital. Dies entspricht einem Niveau, welches die Schweizer Grossbanken noch bis Mitte der 1990er Jahre übertroffen haben.»
Im Klartext heisst das: Keine Änderung. Die klassische Eigenkapitalquote bleibt weiterhin tief, so tief wie zu Zeiten der Krise. Man braucht das Eigenkapital offenbar fast nur noch, um eine sehr hohe Eigenkapitalrendite ausweisen zu können und sich damit von der mit tiefen Eigenkapitalrenditen arbeitenden Industrie abzugrenzen. Aber die tieferen Eigenkapitalrenditen bei Industrie und KMU rühren daher, dass diese solide finanziert sind und mit viel Eigenkapital arbeiten. Das wird ihnen just von den Banken als Voraussetzung für jede zusätzliche Fremdfinanzierung vorgeschrieben.
Wenn kleine Banken ohne genügend Eigenkapital arbeiten wollen, dann sollen sie mit wenig Eigenkapital arbeiten. Sie bedrohen bei einem Zusammenbruch die Volkswirtschaft nicht. Die Aktionäre und Fremdkapitalgeber sind selber schuld, wenn sie ihr Geld in solche Banken investieren. Geschützt werden müssen nur die Einleger. Hier wäre folgende einfache Regel wirkungsvoll: Je tiefer das Eigenkapital, um so höher die Prämien für den Einlegerschutz.
Wenn hingegen das Management einer systemrelevanten Bank die Ansicht vertritt, dass sie international nur wettbewerbsfähig sein kann, wenn sie nicht mit zuviel Eigenkapital belastet ist, dann muss sie kleiner werden, bis auf eine Grösse, die im Krisenfall die Realwirtschaft nicht in Mitleidenschaft ziehen kann. Ein sinnvoller Ansatz wäre hier das Abtrennen des Investment Bankings.
Die Aussagen der Experten im vom Bundesrat in Auftrag gegebenen Berichtes zur Limitierung von volkswirtschaftlichen Risiken durch Grossunternehmen überzeugen nicht. Es bleibt unklar, warum just aus Wirtschaftskreisen Lösungsvorschläge favorisiert werden, die eine Regulierungsflut mit sich bringen, zu Lasten aller nicht systemrelevanten Banken. Es bleibt auch unklar, weshalb sich die nicht systemrelevanten Banken nicht gegen diese Regulierungsflut wehren, welche vor allem wegen der systemrelevanten Banken notwendig wurde. So wird die Eigenverantwortung schrittweise aus der Marktwirtschaft gedrängt, das kann kein gutes Omen für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung einer im Wettbewerb stehenden Volkswirtschaft sein.
Das «Too Big to Fail Problem» wird erst dann nachhaltig lösbar, wenn die Banker verinnerlicht haben, dass das sie vermeintlich einschränkende klassische Eigenkapital der Schlüssel für das Ausschöpfen des grossen Spielraums unternehmerischer Freiheiten ist.
Kulturunterschied zwischen Ingenieur und Banker
Niemand verlangt von den Banken, sie sollen keine Risiken eingehen. Risiken gehören zu ihrem Geschäft. Deshalb wird und soll es auch keine 100%-Sicherheit geben.
Niemand verlangt von den systemrelevanten Banken, dass sie zu 100%, also allein mit Eigenkapital arbeiten müssen. Verlangt wird aber, dass die «klassische Eigenkapitalquote» mindestens 10% beträgt.
Niemand verlangt von den Banken, dass sie mit einem identischen Risikokonzept arbeiten wie die Realwirtschaft. Aber es ist von den systemrelevanten Banken zu verlangen, dass sie vermehrt wieder Konzepte aus der Realwirtschaft für ihr Risikomanagement übernehmen.
Ein Ingenieur, der eine Brücke baut, wird sich an die Grundgesetze der Baustatik halten. Sein Ziel ist eine Brücke, welche die erwartete Last tragen wird und dass keine Dritten zu Schaden kommen können. Deshalb wird er in seine Berechnungen für die Last und für den Querschnittswiderstand Sicherheitsfaktoren einbauen und zwar positive. Bei Bauwerken bewegt sich die rechnerische Sicherheit im Durchschnitt ungefähr bei ungefähr 160%. Eine Brücke, die für 1'000 Tonnen Last zugelassen ist würde also theoretisch auch unter 1’600 Tonnen nicht zusammen brechen.
Diese Kultur hebt sich scharf ab von der Bankbilanzkultur, bei der mit der Risikogewichtung eine negative Sicherheitsmarge besteht. Banker würden beim Brückenbau berechnen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass gleichzeitig 1’000 Tonnen Last über die Brücke rollen, sehr gering ist und dass es deshalb genügt, die Brücke für nur 400 Tonnen auszulegen. Zum Schutz vor Überlast setzen sie deshalb auf die Dosierung der Last mittels eines Verkehrsleitsystems und nicht auf die Tragsicherheit der Grundpfeiler.
Echte Sicherheitsmargen bietet nur das "klassische Eigenkapital"
Überall in der Realwirtschaft wird mit positiven Sicherheitsmargen gerechnet. Flugzeuge starten z.B. mit einer Geschwindigkeit, die rund 20% über der Abreissgeschwindigkeit liegt, sie könnten also schon bei einer geringeren Geschwindigkeit und somit kürzeren Startbahn in die Luft abheben, tun dies aber aus Sicherheitsüberlegungen bewusst nicht. Oder jedes Flugzeug muss mit «one engine out» starten können. Somit ist die diesbezügliche Sicherheitsmarge bei einem 2-strahligen Jet 50% und bei einem 4-strahligen 25%. Diese Beispiele zeigen den grundlegenden Unterschied der Managementkulturen der Realwirtschaft und der Finanzbranche, so wie sie sich in den letzten zwanzig Jahren entwickelt haben. Banken rechnen bei sich das Risiko klein, während die Realwirtschaft zusätzliche Sicherheitsmargen einbaut, einbauen muss.
Eine echte Sicherheitsmarge im Finanzsektor kann nur ausreichendes «klassisches Eigenkapital» liefern.
Weitere Informationen: www.kaspar-mueller.ch