An die 300.000 Helfer ziehen von Haus zu Haus, um die Schluckimpfungen zu verabreichen. Ausnahmsweise waren sich die Regierungen der afrikanischen Staaten einig geworden, die Kampagne zeitlich abzustimmen: Die Massenimpfungen begannen in der Elfenbeinküste und werden kommenden im Sudan enden.
In letzter Zeit hatten sich die Polio-Viren von Nigeria aus – wo die Krankheit endemisch auftritt – auf 24 andere Staaten quer durch denSchwarzen Kontinent verbreitet. Die nigerianische Regierung liess kürzlich im Norden des Landes 30 Millionen Kinder gegen Polio impfen. In Angola lief bereits Anfang Oktober eine Kampagne mit dem Ziel an, 5,6 Millionen Kinder zu immunisieren. Angola war schon einmal poliofrei, doch das Virus wurde über die Grenzen aus der Demokratischen Republik Kongo eingeschleppt.
Breite Impfkampagnen sind weniger eine Frage des Geldes als der Organisation. „In Afrika hängt der Erfolg von der tatkräftigen Unterstützung durch die Regierungen ab“, erklärte der Regionaldirektor derWeltgesundheitsorganisation (WHO), Luis Sambo.
Stopp bis zum Jahresende
Der Kostenvorschlag für die ganze Aktion zur Ausrottung der Polio in Afrika beläuft sich 43 Millionen Dollar, was eigentlich ein Klacks ist. Die US-Agentur für internationale Entwicklung (Usaid), die Stiftung Bill und Melinda Gates, der Rotary-Club sowie die Regierungen Deutschlands und Japans haben Beiträge gespendet. Neben den lokalen Stellen sind das UNO-Kinderhilfswerk Unicef und die WHO mit der Ausführung betraut. Vertreter der WHO meinen, dass die neue Polio-Welle bis zum Jahresende gestoppt werden kann.
Nicht nur in Afrika ist die Kinderlähmung wieder im Vormarsch. In Pakistan wurden laut Unicef dieses Jahr bis Mitte Oktober 78 neue Fälle dieser registriert. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um mehr als ein Viertel, obwohl erst kürzlich in Pakistan fast neun Millionen Kinder geimpft wurden.
Endemisch tritt die Polio auch in Indien und Afghanistan auf. In Afghanistan wurden Anfang Oktober mit Unterstützung von Unicef und der WHO acht Millionen Kinder geimpft. Während drei Tagen waren 22.000 Impfteams im ganzen Land unterwegs – auch auf Märkten, in Moscheen und an Bushaltestellen -, so weit es die Sicherheitslage zuliess. Gleichzeitig mit dem Polio-Impfstoff verteilten sie Präparate gegen Würmer, die besonders Kleinkinder befallen. Die Kombination von Polio-Impfungen und der Behandlung des Wurmbefalls ist nach Ansicht des WHO-Vertreters in Afghanistan, Peter Graaf, „eine intelligente Investition in das Gesundheitssystem des Landes“.
Weltweit plant die WHO die Behandlung von 4,6 Millionen Kindern zwischen zwei und fünf Jahren, die unter Wurmbefall leiden. Jährlich sterben 150.000 Menschen an dieser Plage.