Die Mächtigen lieben es nicht immer, wenn man ihnen auf die Finger schaut. Die vierte Macht im Staat ist eben eine Macht. Doch diese Macht zeigt immer weniger ihre Zähne. Aus Panik, Werbung und Inserate zu verlieren, kasteit und zensuriert sie sich selber. Das war schon immer so, besonders bei Regionalblättern. Doch jetzt hängen immer mehr auch grosse Medien am Gängelband der Wirtschaftsmächtigen. Vor allem auch in der Wirtschaftsberichterstattung. Kritisch ist anders. Da streicht eine Grossbank ihre Inserate, weil ihr ein Artikel in einer Wirtschaftszeitung nicht passt. In Zeiten prekärer Verlagskassen kann das schmerzvoll sein. Früher, als die Werbung sprudelte, konnte man auf einen Inserenten verzichten. Heute ist der Wegfall eines Grossen oft existenzbedrohend. Aus Angst vor teuren Prozessen wagt man auch keine brisanten Analysen gegen Machthaber und Wirtschaftskolosse. Man passt sich an. Folge ist eine oft langweilige, müde Berichterstattung: alles weichgespült. Recherchen sind kostspielig. Wieso auch recherchieren, wenn einem PR-Texte gratis ins Haus flattern, die man als redaktionelle Leistung ausgeben kann? Ein bisschen Kritik ist schon gut, aber bitte nicht zu viel. Aufrufe aus Amerika, der Journalismus solle wieder frecher werden, klingen zwar gut. Doch was ist, wenn die Inserenten keinen frechen Journalismus wollen? Man könnte zynisch sein: Eigentlich sollten grosse Unternehmen Interesse an der Zeitungskrise haben. So können sie mit Inserate-Boykotte drohen und die Berichterstattung in ihrem Sinn beeinflussen.
Journalismus heute
Journalistinnen und Journalisten wurden schon immer geprügelt.