Was in der allgemeinen Aufwallung fast ein wenig untergegangen ist: Auch in der Schweiz gibt es Kreise, die für eine Verlegung der Botschaft nach Jerusalem und damit für die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels plädieren. Sie finden sich vor allem in den Reihen der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) und der SVP, zu denen bekanntermassen auch viele evangelikale Christen gehören.
Zeitgleich mit der Eröffnung der amerikanischen Botschaft reichte eben diese EDU nun eine Petition mit 20’000 Unterschriften ein, die Bundesrat und Parlament zu einem „Paradigmenwechsel“ in der Israel-Frage – will heissen: zu einer Verlegung der Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem – auffordert. Damit bewegen sich die Schweizer Rechtskonservativen ganz im Dunstkreis jener amerikanischen Bewegung „Christians United for Israel“, in der sich evangelikale Christen seit Jahren für die Rückkehr der Juden nach Israel stark machen. Sie tun es in der Gewissheit, dass sich mit der Gründung des Staates Israel ankündigt, was die Propheten einst verhiessen: die Ankunft des Messias und die Errichtung eines Friedensreiches am Ende der Zeiten. Dieses Projekt voranzutreiben, ist ihr erklärtes Ziel. Das elende Los der Palästinenser in Gaza blenden sie dabei ebenso aus wie die verheerenden Folgen, die eine einseitige Anerkennung Jerusalems als „ewige und ungeteilte Hauptstadt Israels“ für die politische Lage im Nahen Osten haben kann.
In den Vereinigten Staaten machen die Evangelikalen 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung aus und stellen damit für den Präsidenten eine ernst zu nehmende Wählerschaft dar. Dass er ihre Ziele, die sich mit denjenigen nationalreligiöser Kreise in Israel decken, bereitwillig unterstützt, braucht daher nicht zu verwundern. Bundesrat und Parlament in der Schweiz indes sollten Vernunft walten lassen und der Petition aus dem evangelikalen und rechtskonservativen Lager eine entschiedene Absage erteilen.