Am Montag lud ein russischer Frachter in einem iranischen Hafen fast 13 Tonnen leicht und mittel angereichertes Uran. Das nukleare Spaltmaterial soll in Russland zwischengelagert werden.
Abbau der Zentrifugen
Dem mit den USA, Russland, China, Frankreich, Grossbritannien und Deutschland getroffenen Atomabkommen zufolge darf Iran nur 300 Kilo auf höchstens 3,67 Prozent angereichertes Uran für zivile Verwendungszwecke behalten. Das genügt für den Betrieb von Reaktoren. Für die Herstellung eines Atomsprengsatzes wäre eine Anreicherung auf rund 90 Prozent des spaltbaren Isotops U-235 nötig, das in Natururan nur zu 0,7 Prozent enthalten ist.
Laut dem Wiener Abkommen muss Iran die Zahl seiner Zentrifugen, in denen das Isotop U-235 in umständlichen Arbeitsgängen vom wertlosen U-238 getrennt wird, von ursprünglich 19´000 auf 5060 verringern. Teheran hat den Abbau der überzähligen Zentrifugen unter Aufsicht der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) begonnen.
„Snap-back“-Klausel
Es wird damit gerechnet, dass die IAEO im Januar die Umsetzung der ersten Etappe des Wiener Abkommens bestätigt. Dann ist der Weg frei für die stufenweise Aufhebung der gegen Iran verhängten Wirtschaftssanktionen. Als erstes können die Iraner wieder über die Guthaben von rund 100 Milliarden Dollar verfügen, die in den USA und anderen Staaten gemäss Beschlüssen der Uno blockiert sind. Für die am Boden liegende iranische Wirtschaft ist dies eine vitale Blutzufuhr.
Der Rest der Sanktionen soll in Etappen und parallel mit der Erfüllung der iranischen Verpflichtungen aufgehoben werden. Die verschiedenen Vertragsbestimmungen haben Laufzeiten von 10 bis 15 Jahren – einige auch darüber hinaus. Für den Fall, dass eine iranische Regierung zu irgendeinem Zeitpunkt das Abkommen bricht, ist vorgesorgt. Die USA haben bei den Verhandlungen eine „Snap-back“-Klausel durchgesetzt, die besagt, dass die Sanktionen ohne neue Diskussionen im Weltsicherheitsrat wieder „zuschnappen“.
Langwieriger Rückbau
Das seit gut 20 Jahren zuerst geheim und nach seiner Entdeckung mit wechselnden Vorwänden begründete iranische Nuklearprogramm lässt sich nicht von einem Tag auf den andern aus der Welt schaffen. Allein die Umwandlung des noch im Bau befindlichen Schwerwasserreaktors bei Arak, der waffenfähiges Plutonium produzieren könnte, wird etliche Jahre dauern. Die Iraner dürfen mit dieser Anlage Isotopen für medizinische Zwecke herstellen, falls sie jemals fertig wird.
Zur Erinnerung: Südafrika stellte 1990 sein mit Hilfe Israels betriebenes geheimes Atomwaffenprogramm ein und trat ein Jahr später dem Atomwaffensperrvertrag bei. Es dauerte aber neun Jahre, bis alle militärischen Nuklearanlagen unter internationaler Kontrolle weggeräumt waren. Der damalige südafrikanische Präsident Frederik de Klerk gab zu, dass sein Apartheid-Regime bereits sieben Atombomben gebaut hatte.
Wichtige Weichenstellung
Nach allem, was man weiss, besitzen die iranischen Mullahs bis heute keinen einzigen Atomsprengsatz. Offenbar ging es ihnen darum, die technischen Grundlagen dafür zu schaffen. Während mindestens 15 Jahren sind ihnen jetzt die Hände gebunden. Kritiker des Wiener Atomdeals meinen, das sei eine zu kurze Zeit. Danach sei das Regime in Teheran aller Beschränkungen ledig.
Niemand kann voraussagen, wie sich Iran entwickelt und wer dort 2030 an der Macht ist. Die Weichen werden heute gestellt. Aus dieser Sicht ist es erfreulich, dass der jetzige Präsident Hassan Rohani trotz der vielfältigen innenpolitischen Widerstände seinen Kurs in der Atomfrage hält und die eingegangenen Verpflichtungen ohne Winkelzüge erfüllt.
Entscheidenden Einfluss auf die künftige politische Ausrichtung Irans hat auch die Haltung der Grossmächte gegenüber Teheran. Wenn der Westen zusammen mit Russland und China dazu beiträgt, die iranische Wirtschaft anzukurbeln, werden sich die Beziehungen entwickeln. Zumindest auf diesem Gebiet sieht das kommende Jahr nicht so düster aus.