Da werden tatsächliche oder erfundene Brustvergrößerungen und ein entzündeter Busen beschrieben, ihre Ehe mit einem 25 Jahre jüngeren TV-Serienstar, die beiden Ferraris, ein F 430 Scuderia sowie ein Ferrari California, der Mercedes E-350 oder der Hummer H3 Luxus Sportgeländewagen in der Garage ihres eleganten Appartements in Südjakarta. Doch nicht eventuell vorhandener Sanges- oder Darstellerkünste wegen, auf die ihr Pseudonym schliessen liesse, machte sie zum Medienstar. Malinda Dee ist berühmt, seit sie verhaftet wurde.
Vorher war die attraktive Endvierzigerin höchstens einem eingeweihten Kreis vermögender Kunden der Citibank Indonesia bekannt. Nach der Finanzkrise 2008, die an Indonesien beinahe unbemerkt vorübergegangen war, begannen die meisten Banken des Landes, für ihre wohlhabende Klientel besondere Mitgliedschaften einzurichten, die bevorzugte Behandlung und Beratung garantierten. Die Mandiri-Bank lockte solche Kunden mit ihrem Mandiri Prioritas-Programm. OCBC bot OCBC Premier Services, und Citibank offerierte Citigold. Um in den illustren Kreis solchermassen Bevorzugter zu gelangen, musste das Konto des Bankkunden mindestens 500 Millionen Rupiah (rund 58 000 Dollar) aufweisen.
Malinda Dee war Citibanks Senior Relationship Manager in der Citibank-Filiale Landmark im edlen Südjakarta. Um Kunden für die goldene ATM-Karte zu werben, mietete sie einen Konferenzraum im Carlton-Ritz ebenfalls in Südjakarta, gleich neben der Börse, wo sie im vertrauenerweckend züchtigen Kopftuch ihre Besucher um die benötigte Unterschrift und Einlagen bat: hochrangige Regierungsbeamte, Offiziere, Polizei-Generale und Medienlieblinge aus dem Showbiz.
Zu weiteren Treffen mit ihren Kunden in einem der Cafés in der Plaza Senayan-Einkaufsmeile mit ihren importierten Designerprodukten oder in ihrem Appartement pflegte Malinda in ein hautenges Outfit zu wechseln, das ihre Figur gebührend zur Geltung brachte. Auf diese Weise warb sie bis Ende 2010 nicht weniger als 500 Citigold-Kunden an, die im Durchschnitt um die zwei Milliarden Rupiah (ca 230 000 Dollar) auf ihre Citigold-Konten einbezahlten und ihr offenbar anstandslos unterschriebene Blankoschecks und andere Bankformulare überließen, auf dass sie das Geld gewinnbringend anlege.
Einen Teil zumindest der anvertrauten Vermögen leitete Malinda regelmässig an die von ihr und ihrer Vorgesetzten gegründete Investmentfirma PT Sarwahita Global Management, die im Bau- und Versicherungswesen tätig war und mit mehreren Tochterfirmen operierte, sowie auf 30 Konten, die sie bei diversen Geldinstituten unter verschiedenen Namen unterhielt. Der stellvertretende Gouverneur der Nationalen Verteidigungsagentur, Luftwaffenmarschall Rio Mendung Thalieb, gab seinen Namen als Kommissionspräsident, was dem Unternehmen die nötige Seriosität verschaffte.
Verschwundene Einlagen
Als sich im Januar ein hoher Polizeioffizier bei einem Manager der Citibank beschwerte, weil seine Citigold-Guthaben „spurlos verschwunden“ waren, leitete die Bank eine Untersuchung ein und kontaktierte einige von Malindas Klienten. Plötzlich räumten Dutzende ein, dass Gelder aus ihren Fonds auf unerklärliche Weise verschwunden seien. Daraufhin schaltete die Bank die Polizei ein. Weil sich aber tatsächlich nur drei der Geschädigten bereit fanden, bei der Polizei auszusagen, ermittelt das Financial Transaction Reports and Analysis Center (PPATK) inzwischen gegen Malinda und Citibank wegen Geldwäsche.
„Wir müssen noch ein paar beispiellose Hürden überwinden, ehe wir wirklich grünes Licht von der Zentralbank bekommen, die Vorwürfe der Geldwäsche bei Citibank zu untersuchen“, räumte PPATK-Vorsitzender Yunus Husein ein. Die „Hürden“ sind Malindas Kunden und deren politischer Einfluss. Immerhin gehörten zu den Goldkarteninhabern Generale, Ex-Minister und hohe Verwaltungsbeamte.
Malinda hat nur in den drei Fällen, die der Polizei vorliegen, gestanden, Gelder auf eigene Konten geleitet zu haben, wobei ein Schaden von umgerechnet zwei Millionen Dollar entstanden sein soll. Sie sei „durchgeknallt“, nachdem sie „eine besondere Beziehung“ zu dem Schauspieler Andhika Gumilang (den sie schließlich heiratete) eingegangen sei, entschuldigte sich Malinda.
Gestohlenes Geld gestohlen
Ganz offenkundig hatte sie nicht damit gerechnet, dass jemals einer ihrer Kunden Alarm schlagen würde. „Es wird sich doch keiner dieser reichen Beamten melden, wenn er befürchten muss, dass am Ende gegen ihn selbst wegen Geldwäsche ermittelt wird“, wusste der Nationalökonom und ehemalige Parlamentsabgeordnete Dradjat Wibowo. Sein Einkommen zugrundegelegt braucht ein indonesischer Beamter sogar in höchster Position mindestens sieben Jahre, um 500 Millionen Rupiah angespart zu haben.
Zwar war der indonesischen Zentralbank (BI, Bank Indonesia) das „exzessive Kundenvertrauen“ schon zuvor verdächtig vorgekommen, zumal ihr auch einige sehr bankunübliche Arbeitsmethoden bei Malinda aufgefallen waren. Zwar verlangt die BI von den Privatbanken, dass ihr Führungspersonal regelmäßig rotiert, um Interessenkonflikte und potentielle geheime Absprachen (collusion) zu vermeiden. Doch Malinda, die seit 22 Jahren bei Citibank arbeitete, wurde nie versetzt. „Einige der Kunden wollten nur von Malinda betreut werden“, begründete Citibanks Vizepräsident für Kundenbetreuung, Hotman Simbolon, den Regelverstoss.
„…unerschütterliche anti-Geldwäschepolitik …“
„Citibank betreibt eine unerschütterliche Anti-Geldwäschepolitik und verfügt über präzise interne Kontrollen – darum auch haben wir den Vorfall den Behörden gemeldet“, erklärte die Sprecherin der Bank, Ditta Amahorseya. Doch so unerschütterlich und präzise sind die Kontrollen nicht. Citibank und ihre Mutterfirma Citigroup sorgen beinahe regelmäßig für negative Schlagzeilen.
Schon zwischen 1992 und 2003 „stahl (Citigroup) wissentlich von ihren Kunden, zumeist arme Menschen oder kurz zuvor Verstorbene, als sie diese … illegalen Methoden einführten“, erklärte Kaliforniens Generalstaatsanwalt, Jerry Brown (Inzwischen ist er zum zweiten Mal Gouverneur des Staates.) 2008, als sich der Bankenriese bereit erklärte, an 53 000 Kunden in den USA 14 Millionen Dollar Rückerstattung zu zahlen. In einem Umbuchungsverfahren hatte Citigroup Mittel von den Konten ihrer Kreditkartenkunden in ihren allgemeinen Fonds umgeleitet.
Millionen für die Drogenmafia gewaschen
Geldwäsche wird Citibank mit aufreizender Regelmäßigkeit vorgeworfen . 1998 hatte das amerikanische General Accounting Office der Bank vorgeworfen, 100 Millionen Dollar für die Drogenmafia gewaschen und Raúl Salinas de Gortari, den tief in den Drogenhandel verwickelten Bruder des mexikanischen Präsidenten Carlos Salinas de Gortari (1988-94) als Kunden akzeptiert zu haben.
1999 hielt sich der US-Senat zurück und rügte die Bank nur, keine Massnahmen getroffen zu haben, um sicherzustellen, dass keine illegalen Gelder in den amerikanischen Markt flössen. Drei Jahre später musste Citibank 400 Millionen Dollar Strafe bezahlen, weil sie zusammen mit neun anderen Banken Anleger mit gefärbten Berichten getäuscht hatte. 2001 räumte die Bank bei einer Anhörung im Kongress ein, dass ihr im Handel mit zwei Banken im Steuerparadies Cayman Islands, bei denen Millionen Dollar aus dem Drogenhandel sowie Schmiergelder gewaschen würden, einige gravierende Fehler unterlaufen seien. 2004 bezahlte Citigroup (Citibanks Muttergesellschaft) 2,6 Milliarden für ihre Rolle im Skandal um den Bankrott des Telekommunikationsunternehmens WorldCom (das mit gefälschten Bilanzen seinen Börsenwert nach oben getrieben hatte). 2005 musste Citigroup zwei Milliarden Dollar an Investoren bei Enron bezahlen, weil sie geholfen hatte, den Milliarden-Betrug des Energiekonzerns zu vertuschen. 2008 bezahlte Citigroup weitere 1,6 Milliarden an die Gläubiger der bankrotten Firma.
2009 hatte Japans Financial Services Agency Citibank angewiesen, ihr Retail-Banking für einen Monat auszusetzen, weil sie versäumt hatte, ihre Programme zur Verhinderung von Geldwäsche zu verbessern. Schon fünf Jahre zuvor hatte Japan die Einstellung aller Tätigkeiten bei einer Zweigstelle und drei Büros der Bank erzwungen, weil Citibank einem Kunden, der in Börsenmanipulationen verwickelt war, Kredite gewährt hatte.
Mord in der Bankfiliale
Anfang April schliesslich starb ein Kunde unter nicht so mysteriösen Umständen in den Büroräumen der Citibank-Filiale an Jakartas Gatot Subroto-Stadtautobahn. Irzen Octa, Vater von zwei schulpflichtigen Töchtern, Palmölexporteur, Generalsekretär der Volksvereinigungspartei und Besitzer einer Platinkreditkarte, war vorgeladen worden, seine ausstehenden Kreditkartenschulden zu begleichen. Dort wurde er im fünften Stock in einen drei auf zwei Meter großen Raum geführt und von drei Geldeintreibern befragt. Alle Banken Indonesiens haben diesen Teil ihrer Geschäfte ausgelagert und heuern sogenannte „collectors“ bei Privatfirmen an, die oftmals einem Vergleich mit Motorrad fahrenden Hells Angels durchaus standhalten und gerne mit Mafia-Methoden arbeiten.
Zwei Stunden nach seiner Ankunft war Irzen tot. Im Obduktionsbericht war die Rede von geplatzten Blutgefäßen im Hirn, einer Verwundung und getrocknetem Blut in der Nase. Irzen sei an Schlägen mit einem stumpfen Gegenstand gestorben. Vor einer Parlamentskommission, die die Vorgänge um Citibank untersucht, bestritt der Vorsitzende von Citibank Indonesia, Shariq Mukhtar, jedes Fehlverhalten: „Unsere interne Untersuchung fand keinen Hinweis auf Gewaltanwendung gegen Irzen.“ Citibank pflege einen „hohen Standard sowohl bei der Kontrolle der Schuldeneintreibung als auch bei der Kontrolle der Inkassofirmen.“
Das sahen die indonesischen Behörden anders. BI gab Citibank die Schuld an Irzens Tod und an den Verfehlungen Malinda Dees. Citibank wurde für zwei Jahre verboten, Schuldeneintreiber einzusetzen. Für ebenfalls zwei Jahre ist Citibank untersagt, Kreditkarten an neue Kunden zu geben. Der bevorzugte Dienst an Citigold-Kunden ist auf ein Jahr ausgesetzt, ebenso lange darf Citibank kein neues Büro in Indonesien eröffnen. Maßnahmen zur Beseitigung der Missstände müssen sofort eingeleitet und der Zentralbank mitgeteilt werden. Zudem ist dem Management bis zur endgültigen Klärung der Vorfälle nicht erlaubt, das Land zu verlassen. Dabei behielt sich BI weitere Sanktionen vor, sollten noch mehr ernsthafte Verstösse entdeckt werden.