«Wenn 1800 CS-Angestellte an der Betreuung von US-Konten beteiligt waren, ist es da glaubhaft, dass die Führung der Bank nichts davon wusste? Und selbst wenn, wäre sie dann nicht zumindest verantwortlich?» An der gestrigen Pressekonferenz in Washington machte US-Senator Levin nochmals deutlich, worum es ihm geht. «Give them hell», sagt man dazu auf Englisch. Gemeint sind die Credit Suisse, ihr leitendes Kader, aber auch die Schweizer Regierung und sogar das US-Justizministerium.
Die Vorwürfe gegen die Credit Suisse
Die Bank habe in Spitzenzeiten über 22'000 US-Kunden betreut, die rund 12 Milliarden Dollar dort angelegt hatten, zum überwiegenden Teil Schwarzgeld. Die Bank habe noch «einzugestehen, dass ihr grenzüberscheitendes Geschäft mit den USA ein weitgehend unredliches Unternehmen war». CS habe bis heute nicht gezeigt, dass sie die Lektion gelernt habe. Und schliesslich habe die CS «die Rolle der Führung bei der Ausübung dieses Geschäfts nicht untersucht und keine Rechenschaft abgelegt, wer dafür in leitenden Funktionen verantwortlich war», wirft ihr Senator Levin vor.
Wir wissen alles
Mit ausführlichen Zitaten aus Internen E-Mails, Reports, streng vertraulichen Präsentationen und detailgetreuen Abbildungen der internen Verwaltung von US-Kunden stellt der US-Untersuchungsausschuss klar, dass er eigentlich alles weiss.
Auf Seite 48 des Reports zeigt er das vollständige Organigramm der Abteilung SALN, die offiziell innerhalb der CS für die Betreuung von US-Kunden zuständig war. Vom heutigen CEO Brady Dougan über die heutigen Private Banking Chefs Hans-Ulrich Meister und Robert Shafir abwärts.
Letzterer hat gegenüber dem Ausschuss bereits ausgesagt, dass er von der Existenz von SALN nichts gewusst habe.
Damit könnte er sogar recht haben, denn nach Recherchen des Senatsausschusses wurden von SALN nur rund 10 Prozent aller US-Kunden betreut. Die Hauptanlaufstelle sei eine Abteilung namens SIOA5 gewesen, die ihre Büros am Zürcher Flughafen hatte, servicefreundlich für durchreisende US-Kunden. Dumme Bubentricks zur Verschleierung.
Als Zeichen besonderer Uneinsichtigkeit der CS wird aus einer Mail zitiert, die ein Mitarbeiter von SIOA5 einem Kollegen geschickt haben soll. Nur zwei Monate, nachdem die UBS 2008 ihr Fehlverhalten eingestanden und sich dafür entschuldigt hatte, schrieb der CS-Mitarbeiter, dass ein potenzieller US-Neukunde «überhaupt niemandem irgend etwas offenlegen muss. Er hat die Wahl, ob er sich den US-Behörden offenbaren will oder nicht. Was immer er tut, geht uns nichts an.»
Scharfe Kritik am US-Justizministerium ...
Das Department of Justice (DoJ) habe in den vergangenen fünf Jahren dabei versagt, die 14 in Strafuntersuchungen verwickelten Schweizer Banken energisch zu verfolgen. Im Fall der Credit Suisse seien bislang lediglich 238 Kundennamen herausgefunden worden, und das DoJ habe dabei versagt, die möglichen juristischen Mittel auszuschöpfen, um die Namen von Zehntausenden von weiteren US-Steuerzahlern zu erlangen, die Geheimkonten bei Schweizer Banken besassen oder besitzen, wirft Levin der US-Justizbehörde vor.Zudem sei zwischen 2001 und 2008 die grösste Menge an US-Schwarzgeld in der Schweiz gelagert worden, dessen nachträgliche Besteuerung unbedingt erreicht werden müsse.
... und an den Schweizer Behörden
Diese hätten seit 2008 daran gearbeitet, das Schweizer Bankgeheimnis zu bewahren, indem sie bei US-Strafuntersuchungen interveniert hätten, um die Herausgabe von Dokumenten und vor allem Kundennamen einzuschränken. Statt alle seine Möglichkeiten auszuschöpfen, sei das DoJ in Verhandlungen mit der Schweizer Regierung festgefahren, die als Resultat eine Regierungsvereinbarung bewirkten, die Schweizer Banken die Möglichkeit gebe, sich von weiterer Strafverfolgung freizustellen, Bussen zu zahlen, aber Kundennamen nicht herauszugeben.
Starker Tobak in alle Richtungen, die CS-Bosse können sich heute auf ein schweisstreibendes Grillen durch den Ausschuss gefasst machen, wobei sie nicht vergessen sollten, dass sie unter Eid stehen. Aber das ist nur der momentane Showdown, in dem sich Carl Levin als Darth Vader gegen den Schweizer Finanzplatz aufführen wird. Seine weitreichenderen Absichten sind allerdings auch finster.
Das sind die Ziele
Die Herausgabe von möglichst vielen Namen von US-Steuerpflichtigen mit Schwarzgeldkonten bei Schweizer Banken, am liebsten bis 2001 zurück. Ein energisches Durchgreifen der US-Justiz, inklusive Auslieferungsbegehren für angeklagte Schweizer Banker und wenn nötig die potenziell tödliche Klageerhebung gegen weitere Schweizer Banken direkt. Die Behaftung der Bankleitung für mögliche Gesetzesverstösse. Und dazu die Verhängung drakonischer Bussen.
Das sind die Ziele, die Senator Carl Levin, assistiert von seinem Kollegen und ehemaligen republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain, anvisiert.
Die 196 Millionen Dollar Busse, die die CS gerade an die US-Börsenaufsicht zahlen musste, seien eigentlich «viel zu milde», angesichts der Grössenordnung der Gesetzesverstösse, meinte Levin an der gestrigen Pressekonferenz abschliessend. Wenn er sich durchsetzt, wird das ein Blutbad. Und Deutschland, Frankreich, Italien und beliebig viele der übrigen rund 200 Länder der Welt schauen aufmerksam zu, was die USA aus dem Finanzplatz Schweiz herausholen.