Aussen- ist immer auch Innenpolitik und umgekehrt. So auch die Zustimmung zur sogenannten Masseneinwanderungsinitiative mit ihren direkten aussenpolitischen Folgen. Das bilaterale Verhältnis Schweiz-EU wurde durch einen Verfassungsauftrag in Frage gestellt. Der Entscheid spiegelt die Migrationsängste in wichtigen Teilen der Bevölkerung.
Ausgangspunkt Ideenwettbewerb
Foraus legte nun nicht nur einen eigenen Vorschlag zur verfassungskonformen Umsetzung der Initiative vor, sondern nahm auch das eigentliche, ebenso aussen- wie innenpolitische Problem hinter der EU-feindlichen Initiative der SVP vom 9. Februar 2014 in Angriff, nämlich Migration.
Mit über die ganze Schweiz verteilten Standaktionen und einer webgestützten Crowd-Innovation-Plattform sammelte Foraus Hunderte von Ideen von Tausenden von Bürgern, um Bewegung in die von Vorurteilen überlagerte Migrationsdebatte zu bringen. Dass dies gelungen ist, zeigte die kürzliche Endveranstaltung „Ideenmarkt Migration“ im Kaufleutensaal in Zürich.
Die drei besten Ideen – übrigens alle von Autorinnen – in den drei Bereichen Arbeitsmigration, humanitäre Migration und Partizipation wurden da auserkoren und vorgestellt. Ihre Weiterführung ist in die Wege geleitet.
Am Bewährten orientiert
Die Vorschläge gehen von der Tatsache aus, dass neben den normalen Wanderbewegungen im Rahmen des EU-Binnenmarktes, dem auch die Schweiz angehört, weitere Ausländer in die Schweiz kommen, sei es allein der Arbeit wegen (Arbeitsmigranten) oder sei es, weil sie an Leib und Leben bedroht sind (humanitäre Migranten). Allen zusammen, eingeschlossen die EU-Binneneinwanderer – denen übrigens eine grosse Anzahl von schweizerischen EU-Binnen-Auswanderern gegenübersteht –, ist eine Integration in schweizerische Bräuche und Lebensgewohnheiten aufgegeben, also Partizipation.
Als bestes aus zehn speziell interessanten Projekten im Bereich Asyl, also primär an humanitäre Migranten gerichtet, stellte Flavia Tinner eine staatlich subventionierte Flüchtlingslehre vor. Eine richtige mehrjährige Berufslehre nach bewährtem schweizerischen Vorbild mit paralleler betrieblicher und schulischer Ausbildung. Das Besondere daran ist ein speziell zugeschnittenes Curriculum, das den anderen, oft schlechteren Qualifikationen von Flüchtlingen, Rechnung trägt. Angesichts tausender unbesetzter Lehrstellen in der Schweiz wohl kaum eine Konkurrenz für normale Schulabgänger
Mit einer umfassenden und schweizweiten Matchmaking-Website zwischen Arbeitnehmern mit Migrationshintergrund einerseits und Arbeitgebern andererseits, gewann Anna Brezeh in der Kategorie Arbeitsmarkt. Davon würden also Arbeits- wie auch humanitäre Migranten profitieren. Den ersten Preis im Bereich Partizipation trug Ines Mateos davon mit Swissdiversity. Diese Webplattform stellt einerseits den geschichtlichen und wirtschaftlichen Werdegang der multiethnischen Willensnation Schweiz und ihrer Bürger dar. Andererseits ist sie ein Angebot für Schulen, einen solchen Swissdiversity-Botschafter persönlich zu erleben.
Letztlich geht es um Heimat
Auf den ersten Blick keine revolutionären Ideen, aber beim zweiten Hinsehen doch Vorschläge mit einem praktischen Ansatz, der ohne übergrossen Administrativ- und Finanzbedarf zu realisierend ist. Genau so erging es dem Schreibenden, als er zu den ersten der erwähnten Migrations-Standaktionen eingeladen wurde. Skeptisch hingegangen – und eines besseren belehrt durch Berichte und Ideen von Teilnehmenden aus ganz anderen Lebensbereichen mit entsprechend unterschiedlichen Erfahrungen.
Dank dem grosszügigen Einsatz verschiedener Stiftungen, speziell der Müller-Möhl Foundation, ist nun dafür gesorgt, dass einige der Ideen und Projekte Verbreitung finden in multimedialer Form, wie es sich im digitalen Zeitalter gehört. Daran wird auch das Stapferhaus in Lenzburg entscheidenden Anteil haben, indem es mit dem Begriff Migration sein schweizweites Projekt Heimat startet.