Das Dumme ist: Zoé heisst mit Nachnamen Renault, ein gängiger Name in Frankreich. Und Renault, der zweitgrösste französische Autobauer, ist es, der jetzt den Zoé, ein Elektroauto, auf den Markt bringt.
“Ich will nicht, dass die Leute lachen, wenn sie meinen Lebenslauf lesen”, argumentierte Zoé Renault und zog vor Gericht. Das war vor zwei Jahren. Ihr Anwalt erklärte, für seine Klientin sei die Namensgebung ein “Albtraum”. Also: Zoé Renault gegen Renault Zoé.
Maître David Koubbi, ein aufstrebender Pariser Anwalt, legte sich ins Zeug. Sofort schrieb er dem CEO von Renault einen Brief. Er sagte, die Namensgebung sei "eine Vergewaltigung der Persönlichkeitsrechte" (les droits de la personnalité). "Stellen Sie sich die Witze vor, die man über mich machen wird", sagte Zoé Renault. "Zoé hat einen Platten, Zoé ist im Service". Oder vulgärer: "Kann ich deine Airbags sehen?"
Die Eltern von Zoé, sagte Koubbi, hätten seiner Klientin nicht diesen schönen Namen gegeben, damit er nachher von einer Autofirma vermarktet würde. Zoé Renault verlangte, dass man „einen Unterschied macht zwischen dem Lebenden und dem Entseelten“. In Frankreich gebe es 35‘000 Frauen und Mädchen mit dem Namen Zoé, erklärte der Anwalt. Sie alle würden unter der Namensgebung leiden.
"Vandalismus"
Doch nicht nur Zoé Renault hatte geklagt. Ein Sébastien Mortreux hat eine Petition gegen Renault lanciert: gegen „diese multinationale Firma, die diesen schönen Vornamen unserer Kinder in den Schmutz zieht“. 5'000 Personen hatten die Petition unterschrieben. Mortreux schreibt: „Meine Frau und ich haben unsere Tocher Zoé genannt. Dass dies jetzt der Name eines Autos wird, stellt für mich ein Problem dar“.
Nicht genug. Da meldete sich eine „Vereinigung für die Verteidigung unserer Vornamen“, die ADNP (Association de Défense de Nos prénoms ). Auch sie hat Maître Koubbi mit der Affäre beauftragt.
Und sogar im Vereinigten Königreich enervierte sich jemand. Zoe Williams, eine 37-jährige britische Polit-Journalistin beim ‚Guardian‘ bezeichnet die Namensgebung als „Vandalismus“.
Alfa Giulietta etc.
Renault verteidigte sich und sagt, viele Autos und Produkte würden nach Vornamen benannt – ohne dass da ein Entrüstungssturm aufkommt.
„Mercedes“ ist im spanischen Sprachraum ein häufiger weiblicher Vorname. Keiner Mercedes in Spanien oder Argentinien käme es in den Sinn, gegen Daimler zu klagen. Pierre Déprez, der Anwalt von Renault, argumentierte, dass es weltweit 122 Produkte mit dem Namen Zoé gebe.
„Zoé“ ist altgriechisch und heisst „das Leben“. Renault weist darauf hin, dass weltweit viele Produkte weibliche oder männliche Vornamen trügen. Da gab es den Alfa Giulietta. Keine italienische Giulia oder Giulietta ist gegen Alfa Romeo vorgegangen. Selbst beim Renault Mégane blieb es ruhig; auch „Mégane“ ist ein altgriechischer weiblicher Vorname und heisst „Perle“. Und der Renault Clio? „Clio“ ist griechisch (lateinisch: Kleo) und heisst „die Rühmerin“. Lotus vertreibt einen Wagen mit dem Namen „Elise“. Es gibt einen Skoda Octavia, einen Skoda Fabia und einen Seat Stella und seit langem einen Toyota Carina. Auch männliche Vornamen werden verwendet: Seat Leon, Dacia Logan, Hyundai Atos, Citroen Nemo, Nissan Cedric.
"Ich will keine Torte sein"
Seit jeher tragen nicht nur Autos Vornamen. Vor vielen Jahren hiess eine Olympia-Schreibmaschine „Monica“. Keine Monika klagte und sagte, ich will nicht wie eine Schreibmaschine heissen. Das erste Computersystem der SRG hiess „Karin“. „Chloé“ ist ein Parfum und bedeutet auf Griechisch „junges grün“. „Alice“ heisst ein Internet-Provider in Italien, „Madeleine“ ist ein Biskuit und „Charlotte“ eine Torte. Nie hörte ich meine Genfer Kollegin Charlotte sagen: „Ich will keine Torte sein“. Und nie stieg ein Felix auf die Barrikaden, weil es im Supermarkt "Felix Hundefutter" gibt.
Das Gericht hatte schliesslich entschieden, dass Zoé Renault beweisen müsse, dass ihr durch die Namensgebung eines Autos „fortgesetzter, direkter Schaden“ zugefügt wurde. Das konnte sie nicht. So heisst denn jetzt das jetzt präsentierte Elektrofahrzeug eben Zoé. Es soll laut Renault-Eigenwerbung „den Beginn einer neuen Ära" markieren.
Übrigens: Patrick Pélata war früher Generaldirektor bei Renault. Er und der frühere Vorstandsvorsitzende Louis Schweitzer waren die Namensgeber des „Zoé“. Beide haben eine Tochter, und beide Töchter heissen … Zoé.